AUSZEICHNUNG
Minitasking
schoenerwissen / OfCD
Gnutella ist das berühmte peer-to-peer Protokoll für gegenseitige Dateizugriffe. "Minitasking" versucht, die Computerbeziehungen in diesem Netzwerk visuell darzustellen - und zwar mit großem Erfolg. Die Darstellung ist schön anzusehen und wird durchaus die voyeuristischen Neigungen der BeobachterInnen ansprechen, während sie die verschiedenen, am Bildschirm auftauchenden Suchketten betrachten. Eine seltsam ansprechende Verwendung herkömmlicher Internettechnologie.
"Minitasking" ist eine visuelle Software, basierend auf dem Peer-to-Peer-Standard Gnutella. "Minitasking" visualisiert die Eigenschaften dynamischer und temporär eingerichteter Netzwerke, macht deren Instabilität und den Verkehr der Daten transparent. Es geht dabei im Wesentlichen um die Funktionsweise des Computers, um Datenverarbeitung und ihre Visualisierung zur Anwendung in kollektiven und dynamischen Umgebungen. Der Entwurf einer Software gibt die Möglichkeit, die unterschiedlichen Modalitäten, die den Zugriff auf Informationen bestimmen, auszumachen bzw. zu gestalten. Auf diese Weise erhoffen wir Aufschlüsse darüber zu bekommen, welche Eigenschaften diese (Rechen)Prozesse ausmachen und wie diese sich auf verteilte Systeme, Handlungen und Ziele auswirken.
Bei einem Peer-to-Peer-Protokoll wird nicht länger zwischen den Funktionen eines Clients oder Servers unterschieden. Dieses dynamisch organisierte Gefüge, dass temporär eingerichtet wird, verändert sich permanent. Diese dezentralisierten Strukturen heben die Trennung zwischen Konsument und Produzent ein weiteres Stück auf. Beides sorgt für eine vermehrte "Produktion von Information". Doch es soll hier weniger um Menge und Art von Information gehen als vielmehr um die technologischen Bedingungen des Gebrauchs von File-Sharing-Software. Es scheint klar, dass die Protokolle Information konstruieren: Nur was den Standards entspricht, wird weitergeleitet und erkannt - wird Teil des Netzes.
"Minitasking" visualisiert diese Vorgänge, zeichnet neue Knoten und gibt die Menge der freigegebenen Dateien an. Damit wird der Dateientausch von anderen Kriterien geleitet, als es bei herkömmlichen Clients der Fall ist. Das Netz kann als dynamische Kartografie gelesen werden, wobei die visuellen Eigenheiten auch intuitive Eingriffe in das Netz provozieren. Ein Ziel der Entwicklung ist, die numerischen Anteile eines P2P-Netzes - z. B. die IP-Adresse, die Verbindungsraten, die Menge der Dateien etc. - in den Gebrauch einfließen zu lassen. Die technologischen Elemente bedingen damit ein einzelnes, eigenes Modell dieser Netze.
"Minitasking" verwendet die Daten als Material zur Visualisierung, um einerseits die Vorgänge des Rechnens und die Dynamik der Protokolle transparent zu machen, andererseits um die Momente der Vagheit, die in den Rechen- und Handlungsprozessen liegen, zu verstärken. Die visuelle Oberfläche zeigt nur eine von vielen möglichen "Versuchsanordnungen", sie soll den Nutzer leiten, aber auch verleiten, innerhalb des temporären Gefüges die Prozesse zu beobachten, Daten auszuwählen, auszutauschen, um dabei Kriterien zu entdecken oder zu entwickeln, mit denen der Zugang zu den Information, aber auch ihre Produktion und ihre Verbreitung geprägt werden.
Im Unterschied zu herkömmlichen Gnutella-Clients generieren bei "Minitasking" die Datenströme das Interface. Dadurch werden die Dynamik und die Temporalität solcher Netze für den User transparent, was sich auch auf den Gebrauch der Software auswirken sollte.
"Minitasking" wurde unterstützt durch die Schriften von Craig Kroeger (miniml.com): die Sounds stammen von Christian Kleine (City Centre Offices), die Sockets von Thomas Chille.
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