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Prix2004
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
Ars Electronica Linz & ORF Oberösterreich
 


GOLDENE NICA
Listening Post
Mark H. Hansen, Ben Rubin


Listening Post besteht aus einem computergesteuerten audiovisuellen Environment. Im Whitney Museum war es in einem eigens konstruierten Raum von etwa 6 x 13 Metern aufgestellt. Ein gebogenes hängendes Gitter mit 231 elektronischen Text-Displays (kleine Vakuumfluoreszente Display Panels, die auf eigens entwickelten Platinen montiert sind) formt das glühende visuelle Zentrum des Raums.

Wer immer in einem Chat Room eine Nachricht schreibt und auf „senden“ drückt, erwartet eine Reaktion. Nun, Listening Post ist unsere Reaktion — eine Serie von Soundtracks und visuellen Text-Arrangements, die den Maßstab, die Unmittelbarkeit und die Bedeutung einer dynamischen globalen Konversation widerspiegeln. Die Entwicklung der Online-Kommunikation hat eine weite Landschaft voller neuer Räume für öffentlichen Diskurs geschaffen: Chat Rooms, Bulletin Boards und jede Menge andere öffentliche Online-Foren. Wenn auch diese Räume im Grunde alle öffentlich und sozial sind, so ist doch die individuelle Erfahrung bei einem „Aufenthalt“ in solch einem Raum eine Erfahrung von Stille und Einsamkeit. Als Teilnehmer an einem Chat Room hat man nur beschränkten Sinneszugang zum kollektiven Gesumme und Gebrumme dieses Raums und der ihm benachbarten Orte — in der Online-Erfahrung fehlt das Stimmengemurmel des menschlichen Kontakts, das wir in jedem Park, auf jedem Platz, in jedem Kaffeehaus erleben.

Ziel von Listening Post ist es, dieses „Stimmengewirr“ einzusammeln und in einem menschlichen Maßstab wiederzugeben. Listening Post stützt sich auf den Echtzeit-Austausch in Zehntausenden von Online-Foren. Wir verwenden Klang, Text, Bewegung und Raum, um eine Begegnung der Sinne mit diesen Daten zu ermöglichen, während wir die Kommunikationsräume von ihrer üblichen Bildschirmpräsenz weg abstrahieren. Alles in allem stellt die öffentliche Online-Kommunikation einen enormen Erguss an Daten in Echtzeit dar, und diese Daten sind gefüllt mit komplexen Strukturen.

Je nach gerade stattfindenden Ereignisse und Tagesaktivitäten tauchen Themen in Zyklen auf, die sich von Stunde zu Stunde, Tag zu Tag, Jahreszeit zu Jahreszeit ändern. Neu auftauchende Themen gehen über die Grenzen der Online-Landschaft hinaus: Ein Strickzirkel in Australien und eine politische Diskussionsgruppe auf Yahoo können beide auf die letzten Neuigkeiten über einen politischen Skandal, einen Krieg oder einen Weltcupsieg reagieren. Unser Ziel ist es, Inhalt und Struktur dieser kollektiven Kommunikation zu destillieren und auf fassliche und fesselnde Weise zu präsentieren. Jedes Wort, das in unser System Eingang findet, ist nur wenige Sekunden zuvor irgendwo von irgendwem eingetippt worden.

Das unregelmäßige Staccato dieser eintreffenden Nachrichten formt die visuellen und auditiven Rhythmen des Werks. Die Klangerzeugungssysteme sind beinahe wie ein Windklangspiel strukturiert, nur dass der Wind in unserem Fall nicht meteorologisch, sondern menschlich ist, und die bewegten Partikel sind nicht Luftmoleküle, sondern Gedanken und Worte. Listening Post macht sich die menschliche Energie zunutze, die von all diesen Worten getragen wird, und kanalisiert sie durch die Mechanismen des Stücks.