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Prix2004
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
Ars Electronica Linz & ORF Oberösterreich
 


AUSZEICHNUNG
Ah_Q - A Mirror of Death
Mengbo Feng


TANZ-PAD, EIN POPULÄRER SCH****, FAST
SCHON EINE ANTIQUITÄT …
JETZT KOMMT DEINE LETZTE CHANCE: WIRF DIE
MAUS WEG, SCHLIESS DAS PAD AN! JEDER HAT
IN MEINEM TRAUM DASSELBE GESICHT, DEIN
HÄSSLICHES GESICHT IST IM SPIEGEL DES
TODES! AUF, TANZE, DEIN LEBEN LIEGT IN
DEINEN FÜSSEN!!

// generated by ah_Q, do not modify unbindall
bind UPARROW “+forward”
bind DOWNARROW “+back”
bind LEFTARROW “+left”
bind RIGHTARROW “+right”
bind MOUSE1 “+attack”
bind MOUSE2 “+jump”
bind MWHEELDOWN “weapnext”
bind MWHEELUP “weapprev”
seta timelimit “0”
seta fraglimit “0”
exec ah_Q

Leute aus der Kunstszene werden von den obigen Worten vielleicht verwirrt sein, aber Game-Player — besonders die in China „Quaker“ genannten Quake-Fans — sind mit dieser Art von Sprache zur Programm-Konfiguration recht vertraut. Als ich noch ein Bub war — so erzählte mir meine Mutter später — war ich sehr ruhig, und es war schwer, mich ins Freie zu bekommen, um mit den anderen zu spielen. Ich habe mich in meiner geschlossenen persönlichen Welt eingesponnen, gezeichnet, geschrieben, Spielzeug gebastelt und mit Maschinenteilen gespielt, deren Namen ich nie erfahren habe. Es war nur folgerichtig, dass ich, als ich Ende der 80er Jahre meine erste TV-Gaming-Maschine bekam (eine 8-bit Nintendo), so viel Freude damit hatte, dass ich Tag und Nacht spielte. Es war nicht nur das erste Mal, dass ich die große Erfahrung der Interaktion machen konnte, es war vor allem auch ein Spiel, das ich allein spielen konnte.

Nach vier Jahren einer traditionellen Ausbildung im Druckbereich an der Zentralen Akademie für Bildende Kunst (CAFA) in Peking verlor ich das Interesse an der Kunst. Die Avantgarde-Kunst in China kam und ging, aber auch dort fand ich nicht, was ich suchte. Eines Tages im Jahr 1992 – ich spielte gerade ein Spiel, wie jeden Tag – kam mir plötzlich eine Idee: Wenn ich immer glaubte, die Kunst käme vom Spiel, warum sollte ich dann nicht das Spiel zurück in die Kunst bringen? Ich begann, Screenshots von TV-Spielen zu malen — jetzt gab es für alle meine Erinnerungen an die revolutionäre Erziehung, an Helden und Action keine Grenzen mehr zwischen Spiel und Kunst.

Als ich 1993 meinen ersten Macintosh bekam (einen LC II), war ich bereits ein erfolgreicher Maler, hatte bei der Biennale in Venedig ausgestellt. In der ersten Nacht, als ich mit der Maus am Bildschirm malte, wusste ich noch nicht, dass diese Zauberkiste mein Leben verändern sollte. Ich malte jahrelang weiter, auch wenn mich dieses Medium manchmal ermüdete, aber 1996 hatte ich das Glück, mir meine Traummaschinen zu sichern: den ersten PowerMac, Scanner, Laserdrucker, das größte Wacom-Tablett und Director als Software.

Die Grundidee meines ersten interaktiven Stücks My Private Album bestand darin, meinen Eltern ein Geschenk zu machen, die Familienfotos zu sammeln und zur leichteren Betrachtung und als Schutz für die Originale zu speichern. Bald aber verwandelte sich diese Idee ins Künstlerische – eine Familiendokumentation konnte ja auch als Beispiel für eine Untersuchung des menschlichen Seins angesehen werden. So entstand meine erste interaktive Installation, die weltweit gezeigt wurde, sogar bei der documenta X 1997.

Als 1999 die erste öffentliche Demo von Quake III herauskam, war ich bereits ein erfahrener Spieler, vor allem mit Ballerspielen wie Doom, Quake, Quake II und Duke. Quake III schockierte mich sehr, nicht nur wegen seiner unglaublichen 3D-Bilder, sondern auch weil es das erste Spiel war, das ich übers Internet gespielt habe. Ich habe Hunderte Stunden verrückten Kampfes aufgezeichnet, die dann ein Teil meines digitalen Films Q3 wurden, der das erste meiner auf diesem Spiel beruhenden Werke war, eine spannende Geschichte als Kombination aus einem virtuellen Interview mit mir selbst und einem der Roboter des Spiels, aus CNN-Nachrichten in RealVideo und natürlich atemberaubenden Kämpfen.

Q4U sollte bei der documenta 11 gezeigt werden, aber als die Kuratoren im mein Studio kamen, hatte ich noch nichts außer dem Titel. Auch wenn ich erkannte, dass Quake III modifizierbar ist, war es doch ein schweres Stück Arbeit, mich ins Spiel zu bringen. Anders als bei den Modifikationen aus Spielersicht musste ich ein Gleichgewicht zwischen einem kommerziellen Spiel und der Welt der Kunst finden, da all dies ja als klassische Installation in einem Museum gezeigt werden sollte. Es folgte ein zweijähriger Albtraum, aber dann war das Werk seltsamerweise tatsächlich in Kassel zu sehen, allerdings für Jugendliche unter 18 nicht zugänglich. Ich war glücklich, weil ich wahrscheinlich der erste Künstler war, dessen Arbeit man übers Internet herunterladen konnte. Ah_Q war die natürliche Weiterentwicklung von Q4U. Das Dance-Pad ist ein in ganz Asien populäres Spielzeug, alle rund um mich spielen damit. Wenn das Geheimnis von Quake im Bewegen und Schießen liegt, warum sollte ich dann nicht die Bewegung zurück zu den Füßen bringen statt zu den Händen? Und so wurde ein völlig neues Environment (in Quake „Map“ genannt) für dieses Werk gestaltet: ein flacher Hof mit einem großen Spiegel an der Wand unter einem blutigroten Himmel, sodass sich die Spieler selbst dann sehen können, wenn sie in Stücke gebombt werden.

Der Einsatz von Spieltechnologie in der Kunst ist derzeit recht populär. Die Modifikation von Spielumgebungen ist einer der einfachsten Einstiegspunkte für Künstler, die sich für interaktive Echtzeit-Kunst interessieren. Damals, 1992, als ich begann, Spiele als Kunstform einzusetzen, fragten die Leute, ob das denn Kunst sein könne — heute steht das außer Frage. Meine Studenten im Media Lab der CAFA haben mich einmal gefragt, was denn „interaktiv“ eigentlich bedeute. Ich habe nachgedacht und geantwortet: Das hat etwas mit der Technologie der Kommunikation zu tun, aber eigentlich, würde ich sagen, ist das sowas wie ein Spiel.