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Prix2004
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
Ars Electronica Linz & ORF Oberösterreich
 


AUSZEICHNUNG
Augmented Fish Reality
Ken Rinaldo


Augmented Fish Reality ist eine interaktive Installation aus fünf rollenden Aquarium-Skulpturen, die die Kommunikation innerhalb und zwischen unterschiedlichen Spezies erforschen will. Diese Skulpturen erlauben es Siamesischen Kampffischen (Bettas), intelligente Hard- und Software zur Steuerung ihrer robotergestützten Aquarien einzusetzen — durch sie selbst kontrolliert.

Siamesische Kampffische haben ausgezeichnete Augen, mit denen sie auch außerhalb des Wassers über große Entfernungen hinweg sehen können. Sie können Farben unterscheiden und scheinen besonders Gelb zu mögen. Neueste Untersuchungen über die Intelligenz von Fischen, die in einer von Culum Brown an der Universität Edinburgh herausgegebenen Publikation beschrieben werden, stellten die Frage, ob die bisherigen Ansichten zu revidieren seien, da die Intelligenz von Fischen offenbar größer ist als bisher angenommen. Fischen wird inzwischen hohe soziale Intelligenz zugesprochen, und der Bericht sagt, sie „verfolgen Macchiavellische Strategien von „Manipulation, Bestrafung und Versöhnung“, während sie auch „kulturellen Traditionen“ folgen und bei der Ausschau nach Raubfischen und Beute zusammenarbeiten.

Weiters wird behauptet, Fische überwachten das soziale Prestige anderer Fische und verfolgten die Beziehungen zwischen anderen Fischen in ihrer Umgebung. Inzwischen ist weithin anerkannt, dass Fische Werkzeuge benutzen und Nester bauen und über ein „beeindruckendes Langzeitgedächtnis“ verfügen. Fische haben die Fähigkeit, ihre Umgebung geistig abzubilden, wenn sie auf der Suche nach Futter sind, Beziehungen zueinander aufbauen oder Räubern aus dem Weg gehen.

Die Installation verwendet vier aktive Infrarot-Sensoren rund um jedes Fischglas, die es dem Fisch erlauben, sich vor- und rückwärts zu bewegen und das Aquarium zu drehen. Wenn der Fisch zum Rand des Aquariums schwimmt, aktiviert er motorisierte Räder, die den Roboter in die Schwimmrichtung bewegen. Menschen interagieren mit der Installation allein schon dadurch, dass sie den Raum betreten. In früheren Arbeiten habe ich herausgefunden, dass sich die Siamesischen Kampffische auf Menschen zu bewegen, vermutlich, weil sie Menschen mit Futter assoziieren. Dennoch — hier handelt es sich um Roboter unter der Kontrolle der Fische, und die Fische können entscheiden, sich zu oder von den menschlichen Mitwirkenden und aufeinander zu oder voneinander weg zu bewegen. Die Aquarien bieten eine lebende Umgebung aus Einblattpflanzen (Spathiphyllum), die die Abfallprodukte der Fische absorbieren helfen.

Aquarien und Roboter sind so gestaltet, dass die Fische (Männchen und Weibchen) sich bis auf weniger als einen Zentimeter annähern können, sodass zwischen ihnen eine visuelle Kommunikation möglich wird. In einem Winkel von 45 Grad montierte lippenstiftgroße Kameras unter zwei der Aquarien bilden das Innere der Fischbehälter ebenso ab wie Menschen in diesem Environment; die Bilder werden mit Transceivern abgefangen und auf die Wände des Installationraums projiziert, was den menschlichen Mitwirkenden das Gefühl vermittelt, sowohl ins Innere der Aquarien zu sehen als auch selbst in einem Aquarium untergetaucht zu sein.

Siamesische Kampffische findet man in Thailand und auf der malaiischen Halbinsel; von den Thai werden sie „pla kat“ genannt, was soviel heißt wie „reißender“ oder „beißender Fisch“. Sie sind besonders in Anwesenheit anderer männlicher Bettas aggressiv. Wenn sie eines anderen Bettas ansichtig werden, spreizen sie ihre Kiemendeckel und schwimmen angriffslustig auf diesen zu, und es ist nicht ungewöhnlich, dass männliche Bettas im selben Aquarium bis zum Tod eines der beiden kämpfen.

Bettas sind Labyrinthfische und müssen zum Atmen auftauchen, ihre Sauerstoffversorgung erfolgt durch direkte Luftaufnahme. Paarungsbereite männliche Bettas bauen zunächst ausgedehnte Schaumnester aus Blasen, mit denen sie die Weibchen anlocken. Ist ein Weibchen bereit, sich mit dem Männchen zu paaren, lässt es sich von diesem in die Seite beißen. Bei der eigentlichen Paarung schwimmt das Weibchen wie in Trance mit dem Bauch nach oben, während sich das Männchen U-förmig um es herum windet. Durch Druck werden die Eier ausgepresst und besamt, danach sinken sie zu Boden. Vorsichtig sammeln die Männchen die Eier mit dem Maul auf und transportieren sie ins oberflächennahe Schaumnest. Dies kann bis zu zwei Stunden dauern, mit 60 bis 70 „Umarmungen“ und der Produktion von über 600 Eiern.