ANERKENNUNG
The Universal Digest Machine
Marius Watz
Ein voll auf Autopilot geschalteter Trip durch das Hyperuniversum des World Wide Web: Die Universal Digest Machine ist eine Installation, in deren Zentrum ein durch das Netz krabbelnder Web-Spider steht, der Webseiten durchforstet und eine Kurzfassung ihres Inhalts ausgibt. Ausgabegerät ist ein auf einem Sockel stehender Industriethermodrucker. Für jede vom Spider besuchte Seite wird eine Quittung ausgedruckt, die, wenn nicht von Besuchern mitgenommen, zu Boden fällt. Die Quittungen bilden einen verstreuten Haufen faszinierender, aber letztlich unverständlicher Artefakte, die zwar offensichtlich Informationen darstellen, aber nicht mehr in von Menschen lesbarer Form.
Der Raum des Internet ist ähnlich wie der physische Raum des Universums so groß, dass ihn kein Einzelner zu erfassen oder gar persönlich zu durchdringen vermag. Da der Spider gegenüber den Links, denen er folgt, indifferent ist, landet er an Orten, an die die meisten menschlichen Benutzer nie gelangen würden. So eröffnet er eine Terra Incognita obskurer Websites, in der Microsoft-Whitepapers, Disney-Sammelstücke und Koprophilie den gleichen Raum einnehmen. Auf antiken Landkarten waren Gegenden, vor denen das Wissen des Kartografen endete, oft mit Drachen und fantastischen Ungeheuern gekennzeichnet. Ähnlich mögen auch im Web – nur knapp unserem Zugriff entzogen – schreckliche und wundervolle Dinge lauern.
Während der Entwicklungsphase traten gewisse Seltsamkeiten der Web-Topologie zutage. Netzwerke miteinander verlinkter Fake-Websites, die Werbung für Pornografie und Online-Glücksspiele machen, locken Spider mit zirkulären Referenzen in die Falle. Und Blogs weisen oft über 500 Links und 500 Kb Text auf einer einzigen Seite auf. Beim Test kam der Spider häufig auf republikanischen Pro-Bush-Blogs zum Erliegen, einfach wegen ihrer Größe. Für Spider sind Blogs selbstreferenzielle schwarze Löcher, weshalb ihnen Suchmaschinen nur mehr geringe Relevanz zugestehen oder sie überhaupt vermeiden. Einige Beobachter sagen bereits den Tod des berühmten Seitenratingmechanismus voraus und beklagen gleichzeitig ihr fallendes Google-Ranking. Denn wie wir mittlerweile alle wissen: Im Web ist man nur so viel wert, wie das Google-Ranking, das man hat.
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