www.aec.at  
 
 
 

Back to:
vorherige Seite

Prix2006
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
Ars Electronica Linz & ORF Oberösterreich
 


ANERKENNUNG
Als ich hier angekommen bin
Filmakademie Baden-Württemberg, Perrine Marais


Als ich mich heute morgen auf den Weg zur Schule gemacht habe, konnte ich mir gar nicht vorstellen, was ich erleben sollte. Eigentlich habe ich nur noch – ja, schon wieder – eine von meinen wenigen so genannten Gewissheiten verloren.

Ich war ziemlich gut gelaunt, habe mein liebes Fahrrad aufgeschlossen – das mit den tollen Eddy-Merckx-Aufklebern –, hatte dieses dumme Lied im Kopf, das meine Mitbewohnerin gerade in der Küche gesummt hatte – und das ich hier nicht weiter erläutern möchte – und bin ganz frisch und fröhlich zur Schule gefahren.

Das mache ich jeden Tag. Seit zehn Monaten. Ich kenne den Weg auswendig, jede Ecke, jedes Haus, jeden Riss auf dem Radweg. Das war ein sehr schöner Frühlingstag. Doch an diesem schönen Frühlingstag hat sich nach der Kurve mein Fahrrad plötzlich entschlossen – natürlich ohne mich vorzuwarnen –, den Boden mit dem Lenker zu küssen und mich dabei zu zwingen, eine Art unfreiwilliger Flugshow zu machen, was ganz brutal mit blutigen Knien auf der Straße endete.

Es war doch an sich kein Unsinn, mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren. Eigentlich hatte ich mit Fahrrädern genug Erfahrung gesammelt, um daraus zu folgern, dass ich das kann und dass ich auf jeden Fall in einem Stück ankommen würde. Ich hatte sogar aus der Erfahrung fast eine Regel gemacht – und aus der Regel eine Art Gewissheit. Doch irgendwie wusste ich schon, dass ich genau das nicht tun hätte tun sollen.

Gewissheiten sind manchmal sehr relativ und das zu erfahren kann extrem schmerzhaft sein.

Als ich hier angekommen war, wusste ich auch genau: Manche Dinge verstehen sich ganz von selbst …

(Doch dazu will ich noch sagen: Ich bin vor Wut und Scham noch nicht wieder auf mein Fahrrad gestiegen, aber ich bin immer noch da und bleibe sehr gerne noch ein bisschen hier. )

Idea, direction and animation: Perrine Marais; production: Franziska Specht; music and sound design: Rosely Maia