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Prix1999
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
ORF Oberösterreich
 


GOLDENE NICA
Bunny
Chris Wedge


"Bunny" von Chris Wedge stellt einen Meilenstein in der Computergraphik dar: Erstmals wurde für eine Computeranimation Radiosity, eine hochentwickelte Rendering-Software, die auf einzigartige Weise natürliches Licht simuliert, eingesetzt, was der Animation einen noch nie erreichten filmischen "Look" verleiht.

Es ist eine spannende Geschichte. Ein Fall von Irrum in der Identität, mit einer Wendung, die meiner Ansicht nach doch zu Herzen geht", meint Chris Wedge. Auf die Frage, warum ausgerechnet ein Hase, antwortet Wedge: "Ich habe schon immer Hasen gekritzelt, wahrscheinlich weil ich von der Figur des Uncle Wiggly und den Illustrationen der 30er Jahre fasziniert war. Das hat mich sicher beein flußt. Und ich wollte irgend etwas in diesem reichen Märchenbuch-Stil produzieren - realistisch und doch voll Phantasie." Tatsächlich hat dieser Kurzfilm - der eigentlich als Versuch begonnen hatte, die Fähigkeiten der Blue Sky Studios im Bereich der Lichteffekte zu erweitern - einen so warmen, filmischen fotorealistischen Stil, daß er die Computertechnik verleugnet, die ihn eigentlich erst möglich gemacht hat. Durch die Verwendung einer Softwaretechnik, die man als "Radiosity" bezeichnet und die eine umfassende Simulation des Verhaltens von natürlichem Licht ermöglicht, waren Christ Wedge und sein Team in der Lage, eine bisher unerreichte Tiefe und einen organischen Realismus zu erzielen, wie sie noch nie in einem computeranimierten Film erzielt wurden.



"In einer realen Umgebung gibt es normalerweise mehr als nur eine Lichtfarbe, die eine Szene be leuchtet", erklärt Wedge. "Es existieren da die vielen mitschwingenden Farbtöne, gelbes Licht, das von einer gelben Wand abstrahlt, Grüntöne, die von Bäumen draußen reflektiert werden, Blautöne aus dem Himmel - Farben also, die wir möglicherweise erst dann wahrnehmen, wenn sie fehlen. Wenn wir dieses Umfeldlicht im Computer nachstellen, gibt uns das den Farbreichtum der realen Fotografie und die Flexibilität, wirklich alles geschehen zu lassen."

Allerdings war es nicht leicht, als Pionier dieser neuen Technik aufzutreten. Das Technikerteam be gann damit, einen Hauptlichtplan zu erstellen, der durch den ganzen Film hindurch ziemlich konsistent bleiben sollte. "Das waren schon einmal 90 Prozent des Weges", erklärt Dave Walvoord, der als Digital Effects Supervisor am Film mitgearbeitet hat. "Aber die eigentliche Arbeit beginnt dann, wenn man sich eine Szene ansieht und feststellen muß: O je, der Herd sticht viel zu sehr heraus, und wir wollten doch die gesamte Aufmerksamkeit auf Bunny konzentrieren ... In diesen Situationen hörte Radiosity auf, unser Freund zu sein, und begann, gegen uns zu arbeiten."

Walvoord erklärt, daß das Team nicht einfach das Licht ein wenig verändern konnte, um den Herd aus der Helligkeit zu bekommen, weil im Radiosity-Verfahren jede noch so kleine Veränderung sofort die globale Lichtstruktur betrifft. Ironischerweise ist dies eines jener Probleme, die auch bei Live-Filmaufnahmen aufzutreten pflegen. "Auch in den Studios kämpfen sie ständig mit Reflexlicht", sagt Walvoord mit einem Lächeln, "aber die können einfach die Hand ausstrecken und schnell herausfinden, woher der Schatten kommt. Im Computer ist das ein wenig komplizierter." Schließlich wurden sogar Computeräquivalente zu den traditionellen Lichtablenkschirmen und Reflexionsflächen aufgestellt, um indirektes Licht wegzunehmen oder um zuleiten. "Und manchmal haben wir einfach die ganze Physik über Bord geworfen und das getan, was richtig ausgesehen hat."

Nina Bafaro - gemeinsam mit Doug Dooley Hauptanimatorin - berichtet, daß trotz der Verwendung von ausführlichem Referenzmaterial echter Hasen und echter Motten beide Charaktere stark stilisiert wurden, um die von Chris Wedge angestrebte märchenhafte Anmutung zu erzielen. Diese Vision Wedges hat auch Bafaros Einstellung zur Compu ter animation verändert: "Ich komme vom traditionellen Trickfilm und mochte Computer nicht", sagt sie. "Aber als ich Bunny dann gesehen habe, und das noch in einer frühen Phase, nämlich bevor sie ihr Fell bekam, da wußte ich, daß Blue Sky das einzige ComputerAnimationstudio ist, für das ich arbeiten könnte. Dieses Unternehmen hat wirklich Respekt vor der Tradition und den Wurzeln der Ani mation."

Jim Bresnahan, der auch Animationen zum Film bei getragen hat, meint, daß es viel mit Timing und Physik zu tun habe, wenn eine animierte Figur auf dem Bildschirm gut rüberkommt. "Ein guter Ani mator muß ein wenig Wissenschaftler und ein wenig Schauspieler sein", erklärt er und fügt hinzu: "Was an Bunny so einmalig ist - und an Blue-Sky-Animationen allgemein -, ist das Augenmerk, das auf die Entwicklung einer Figur gelegt wird. Wir bewegen nicht einfach Glieder hin und her wie ein Puppenspieler seine Marionette. Wir versuchen, die Geschichte und die Motivation unserer Gestalten zu verstehen. Und dieser Aspekt einer realen Dar stellung gibt unseren Arbeiten so viel Herz und Glaubwürdigkeit."

Die Originalmusik des Films wurde von Tom Waits und Kathleen Brennan komponiert, die bei etlichen Filmen zusammengearbeitet hatten, darunter Dead Man Walking, One From the Heart (was eine Oscar-Nominierung nach sich zog), Night on Earth und American Heart, um nur einige zu nennen. Die Musik zu Bunny hat eine emotionale Spannweite, die von einem ungewöhnlichen hymnenartigen Akkordeon-Solo bis zu einem Instrumentalchaos reicht, das an ein sich einstimmendes Orchester erinnert. Waits leiht einem von ihm selbst geschriebenen Text zum Abspann seine berüchtigte knirschende Stimme.

"Der Schlüssel zu Bunny", stellt Wedge schließlich fest, "liegt darin, daß es zuallererst eine Filmerfah rung und eine Geschichte ist. Wir sind einfach technikverrückt geworden, aber der Film wurde so angelegt, daß er diese Tatsache verschleiert. Es gibt keine Plastikoberflächen, nichts, was den typischen Computer-Eindruck hervorruft, und auch keine besonderen grafischen Effekte. Wir wollen nicht, daß die Leute allzusehr darüber nachdenken, was dahinter steckt. Wir wollen einfach, daß sie sich zurücklehnen und den Film genießen."