www.aec.at  
 
 
 

Back to:
vorherige Seite

Prix1999
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
ORF Oberösterreich
 


AUSZEICHNUNG
Systems Maintenance
Perry Hoberman


Im Zentrum der Rauminstallation "Systems Maintenance" von Perry Hoberman sind auf einer runden Drehscheibe lebensgroße Möbeln in variabler Anordnung plaziert. Eine virtuelle Variante des Raumes wird auf einem Computermonitor präsentiert. Zusammen mit einem 1:8-Modell der Szenerie werden die beiden anderen Anordnungen auf einer Projektionsfläche im Ausstellungsraum wiedergegeben und in einer sich überlappenden Projektion kombiniert. Die Position der Möbeln sowie die Position der Kameras kann von den Besuchern verändert werden, und so entsteht die Option, in das Verhältnis von Chaos und Harmonie in der Großprojektion einzugreifen.

"Systems Maintenance" besteht aus drei Versionen eines möblierten Raumes. Ein Ensemble aus lebensgroßen Möbeln nimmt eine große runde Plattform auf dem Fußboden ein; ein virtueller Raum wird auf einem Computermonitor dargestellt, und ein Modell des Raumes im Maßstab 1:8 wird auf einem kleinen Podest gezeigt. Jede Version wird von einer Kamera (real oder virtuell) überwacht, und die drei daraus resultierenden Bilder werden auf einer großen Projektionsfläche zu einem einzigen großen Videobild kombiniert. Die Positionen der drei Kameras (Ausrichtung, Höhe, Blickwinkel und Gesichtsfeld) werden elektronisch abgeglichen. Durch die Bewegung der Möbel bzw. der Kameras in jedem der drei Räume können die Besucher Komponenten des jeweiligen Raumes in der entsprechenden Projektion auf dem Großschirm in Übereinstimmung oder aber durcheinander bringen. Die drei Videosignale werden in ein Paar Videomischpulte eingespeist, die dann einen additiven Signalmix durchführen. Dieses kombinierte Videosignal wird schließlich auf den Projektor geleitet.

Die Bilder der drei Räume sind in ihrer Intensität aneinander angeglichen, so daß das endgültige Bild drei unterschiedliche Zustände desselben Raumes wiederzugeben scheint. Es ist beinahe unmöglich, die drei Versionen auf dem Bildschirm rein visuell voneinander zu unterschieden; die einzige Möglichkeit, den Raum zu verstehen, ist, mit ihm zu inter agieren. Dies hat auch ein implizites Ziel: Die drei Versionen eines jeden Möbelstücks so auszurichten, daß sie miteinander harmonieren. Aber es existiert keine "korrekte" Position für die Elemente, und keiner der Räume bildet eine Referenz für die anderen. Deshalb gibt es auch eine unendliche Zahl möglicher Lösungen, und in jedem Fall wird das Ziel da durch unerreichbarer, daß es für jeden Besucher ganz einfach ist, wieder Unordnung in das System zu bringen.

Das lebensgroße Mobiliar steht in der Mitte des Raumes auf einem glatten runden, schwarzen Boden mit acht Metern Durchmesser. Jedes Möbel stück läuft auf kugelgelagerten Rollen, so daß es trotz seiner Masse leicht bewegt werden kann.

Zu bestimmten Zeiten ist auch ein "Ausrichtungs-Team" aus zwei oder drei Arbeitern im Einsatz, das alles daransetzt, die drei Räume genau zu synchronisieren, was sich normalerweise wegen der ständigen Interventionen des Publikums als unmöglich erweist. Das "Ausrichtungs-Team" hat eine schwere und anstrengende Arbeit, aber es verrichtet sie mit unendlicher Geduld und Professionalität. Die Zu seher über nehmen ebenfalls eine Art Crew-Funktion: Sie sind Regisseur, Schauspieler und Publikum in diesem kontinuierlichen kollaborativen Schauspiel.

Auf dem Bildschirm ist es schwer, die Bilder der einzelnen Versionen des Mobiliars voneinander zu unterschieden. Solange nicht irgend etwas aufgehoben, geschoben oder angeklickt wird, scheint es fast unmöglich festzustellen, ob man auch tatsächlich die "Welt" sieht, in der man sich befindet. Die Mitwirkenden befinden sich gleichzeitig innerhalb des Raumes, blicken auf ihn wie auf ein Schachbrett und stehen dem Raum am Monitor gegenüber. Die Videoprojektion wird ihrerseits zu einem vierten Raum, in dem sich Hände, Körper und Dinge im selben hybriden Areal vermengen - ein konfuser Raum, der uns den Eintritt in eine virtuelle Welt erlaubt und - was noch viel signifikanter ist - der virtuellen Welt erlaubt, in unsere einzudringen.

"Systems Maintenance" ist ein Versuch, die eigentliche Natur von Interaktivität zu erkennen und damit zu spielen. Anstatt Bedeutungsstrukturen in narrativen Ideen zu finden, sind sie in Verhaltenskonzepten festgeschrieben - im Verhalten der Mitwirken den und des Systems. Ziel ist es, Möbel auszurichten, aber das Erreichen des Ziels ist nicht der Inhalt dieses Werkes, das in jedem Fall gut funktioniert, egal ob es sich nur zu einem Zustand der Ordnung oder des Chaos hinbewegt. Der letztgültige Zweck von "Systems Maintenance" ist es, die Begriffe Immer sion, Virtualität und Interaktivität zu analysieren, zu kommentieren und erfahrbar zu machen.