GOLDENE NICA
Come to Daddy
Chris Cunningham, Richard D. James
In dem Musikvideo zu Aphex Twins (Richard D. James) Song "Come to Daddy" verstärkt Chris Cunningham durch seine unbeschreiblich expressionistische Bildsprache die ohnehin schon aufwühlende, von Techno und Noise beeinflußte Musik. Das Ergebnis ist ein atemberaubende Einheit von Musik und Bild, ein Musikvideo, das nicht von ungefähr wochenlang auf MTV in den Charts lag und auf Anhieb mehrere Preise gewann.
Chris Cunningham erhielt von Warp Records den Auftrag, für Aphex Twins hochgelobtes "Come To Daddy" - jene monströse und dennoch fröhliche Persiflage der Musik vom "Prodigy"-Typ - ein Video zu schreiben und zu produzieren. Come To Daddy ist nach dem Streifen für Autechres Second bad Vilbel Cunninghams zweites Video für Warp. Neben Cunninghams offensichtlichem Talent machte ihn vor allem die Tatsache, selbst Aphex-Twin-Fan zu sein, zum idealen Mann für diesen Auftrag. Die Szenerie ist ein Gemeindebau im östlichen London, wo kleine alte Damen und ihre Hündchen sich kaum herumzustreifen getrauen und wo böse Techno-Geister aus weggeworfenen Fernsehapparaten ausbrechen. Dort treibt sich eine Bande scheinbar unschuldiger Kinder herum (die sich bald als Inkarnation der bösen Geister des Twins erweisen und auch sein Aussehen haben), sie rasen wie wildgeworden durch die Anlagen, kämpfen und bewerfen sich gegenseitig mit allem, was ihnen unterkommt. "Es ist eines von jenen Videos, bei denen man - so fern man sie überhaupt zu sehen bekommt - verstehen kann, warum sie nicht öfter in der Glotze zu sehen sind."
"Es ist absolut rasant, dieses Video", sagt James, der in Cunninghams Büro in Soho herumhängt. "Es bringt mich richtig auf Touren. Ich glaube nicht, daß es pervers ist. Es ist normal. Pervers ist es nur, wenn du selbst ein Leichtgewicht bist."
"Normalerweise schickt man mir immer Bänder, die ich nicht leiden kann", wirft Cunningham ein, "aber das Buch für dieses hier habe ich in fünf Minuten geschrieben."
Select Magazine Dezember 1997
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