ANERKENNUNG
Sentinelles
Guy Lampron
Dämmerung in einer an New York erinnernden, traumähnlichen surrealistischen Stadt. Ihr Design ist inspiriert vom Art-Déco-Stil der 20er-Jahre. Die Stadt liegt ständig unter einer dichten Wolkendecke – ein Sonnenstrahl ist in dieser Welt eine seltene Erscheinung. Unsere Aufmerksamkeit wird auf einen großartigen Wolkenkratzer gelenkt, eine Nachbildung des Chrysler Building. Aus einem umlaufenden Gesims blicken zwei metallene Adlerköpfe unablässig in die Ferne, feierlich wie lebendige Wachtposten ... Die Statuen erwachen plötzlich zum Leben und tauschen zärtliche Gesten aus: Sie sind ein Paar.
Vom Horizont ein Lichtstrahl, genau über ihnen. Und als der eine Partner unter dem ungewohnten „Gewicht“ des Sonnenlichts immer schwächer und schwächer wird, zieht der andere Adler plötzlich eine Schwinge aus der Wand des Gebäudes und verursacht damit eine Explosion aus Mörtel und Ziegeln. Der Adler hält seinen neu entdeckten Körperteil schützend über seinen Partner, um ihm Schatten zu spenden. Und er versucht sogar, seinen ganzen Körper aus der Fesselung durch das Mauerwerk zu befreien, aber umsonst – das würde einfach gegen seine Natur verstoßen. Immer schwerer fällt es dem Adler, seinen Flügel über dem leidenden Partner zu halten: Der neue Körperteil wiegt einfach zu viel. Erschöpft muss er den Flügel hängen lassen und wieder brennt das Licht auf seinen jetzt bewusstlosen Partner. Das Ende ist nah und hilflos muss der Adler dem Tod des anderen zusehen. Da beginnen sich einige lebhaften Schatten zwischen den Stahlträgern, die durch das Herausziehen des Flügels freigelegt worden sind, zu bewegen. Und plötzlich kommt ein kleiner metallener Adler heraus und beginnt, sich in den Himmel zu erheben. Bald folgt ein Zweiter, dann ein Dritter und zuletzt steigt ein ganzes Dutzend in den Himmel über dem Chrysler Building – unbeeindruckt und ungestört vom Sonnenlicht. Erstaunt über diese seine Nachkommenschaft blickt der überlebende Adler den Kleinen nach, wie sie nach oben entschweben.
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