ANERKENNUNG
Reconnoitre
Gavin Bailey, Tom Corby
Reconnoitre ist Teil einer Serie von Arbeiten, die sich mit der Erfahrung des Netzes als “Bizarr-Raum”auseinandersetzt – ein eng verzahntes Anhängsel zur urbanen Umwelt, mit einem hohen Grad an Metabolismus, dessen Grenzen ständig neu geformt werden und das sich unter dem Einfluss starker sozialer und kommerzieller Kräfte ausdehnt und wächst.
Wenn auch Reconnoitre als Browser angesehen werden kann, weil es den Anwendern erlaubt, Websites aufzusuchen und die dort enthaltenen Materialien anzuzeigen, so ist doch die kohärente Darstellung des Materials weniger wichtig als die Darstellung des Browsens an sich als soziale Aktivität.
Dadurch, dass es im Vergleich mit den ubiquitären „In den Warenkorb legen“-Schaltflächen wie eine Art dysfunktionaler Browser wirkt, versucht Reconnoitre, unseren Zugang zu Information als eine Art „Fahrt ins Blaue“ zu gestalten und die Freude am Browsen als ein technologisch orientiertes Dahintreiben eigener Art darzustellen – ein fragmentarisches, fesselndes Abgrasen einer Umgebung aus Texten.
Zur Funktionsweise
Das Werk besteht aus einem herunterladbaren Search-Engine-Client und einer 3D-Browser-Umgebung (bzw. einem Programm). Das Werk kann sowohl als projizierte Installation als auch über das klassische Setup mit Standard-Monitor und Tastatur gezeigt werden.
Der User kann Suchbegriffe direkt in das Browser-Environment eingeben, indem der Begriff einfach beim blinkenden Cursor eingetippt wird. Dadurch wird ein Web-Spider-Agent aktiviert, der sich sofort im Internet auf Jagd nach materiellen Übereinstimmungen mit der Suchanfrage macht.
Sobald Treffer erzielt werden, wird das gefundene Material in einer 3D-Umgebung dargestellt. Der User kann selbst bestimmen, ob dies in der Form von URLs, als Webseitentext oder als Darstellung der mit den Treffern verbundenen Meta-Tags erfolgen soll. Das gefundene Material wird mit physikalischen Verhaltenscharakteristika ausgestattet, darunter Entropie (die Suchergebnisse haben eine Lebensdauer und verfallen irgendwann) sowie Anziehung und Abstoßung, was in weiterer Folge zum Entstehen einer Interaktion zwischen den verschiedenen dargestellten Suchergebnissen führt. Die sich ergebenden Konstellationen sind entwicklungsfähig, fließend und unvorhersehbar.
In der virtuelle Umgebung können gleichzeitig mehrere Suchvorgänge koexistieren, indem eine räumlich-zeitliche Überlagerung von Suchanfragen innerhalb desselben Raums aufgebaut wird. Neue Suchanfragen könne vom User jederzeit gestartet werden.
Sobald die Suchergebnisse im Environment neu aufgebaut sind, kann der User mit dem Material interagieren, indem er durch die 3D-Umgebung navigiert, und individuelle Suchtermini pausieren lassen, einfrieren oder löschen.
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