Die Toywar Plattform als Monument der Weltkultur

Mit Toywar hat die Netzkunst globale Handlungsmächtigkeit erreicht und die Netzkultur eine entscheidende Bewährungsprobe bestanden. Aus diesem Grund geht die Ehrung des Prix Ars Electronica anonym an alle, die sich in irgendeiner Form an der etoy-Kampagne beteiligten, formal an die 1800 Agenten der Toywar-Plattform, bestand die Einreichung für den Preis ja aus nichts anderem als einem 40-seitigen, aus Datenschutzgründen typografisch durchschossenen Ausdruck von deren E-Mail-Adressen.

Toywar war eine großartige Verdichtung des Lebensgefühls am Ende des 20. Jahrhunderts. Eine Vielzahl von Szenen, die das Internet während der Neunzigerjahre zu einem Weltkulturmedium ausgebaut hatten, ließen mit überbordender Fantasie dem feindlichen Übernahmeversuch des Netzes durch den e-Commerce keine Chance und nahmen dem Online-Spielevertreiber eToys in 81 Tagen $ 5 Mrd. an Börsenwert ab, um in der teuersten Performance der Kulturgeschichte die Hochzeit ihrer eigenen Vernetzung zu feiern.

„etoy“, eine der faszinierendsten Formationen surrealer Netzerforschung, als etoy.CREW für den Digital Hijack 1996 mit der Goldenen Nica ausgezeichnet und als etoy.CORPORATION ein Weltkulturkapitalproduzent erster Güte, exponierte den Trademark- und Domainnamenkonflikt mit eToys als Richtungsentscheidung über die Netzzukunft, spielte mit dem direkten Gegner auf den unterschiedlichsten Ebenen Katz und Maus und entwickelte in kürzester Zeit eine der komplexesten Community-Plattformen des Netzes.„RTMark“, das Weltspitzenbrokerhaus für antikommerzielle Sabotageakte, legte mit dem „etoy Fund“ eines seiner gefürchtetsten und erfolgreichsten Finanzierungsinstrumente auf und sorgte mit unnachahmlicher Souveränität für den völligen Zusammenbruch von eToys’ Strategie.„Electronic Civil Disobedience“, seit dem Chiapas-Aufstand Speerspitze in der Erprobung und Durchsetzung virtueller Protestformen, erstellte in weltweiter Zusammenarbeit eine Skriptfamilie, mittels derer die gesamte etoy-Kampagne virtuelle Sit-ins auf der Webseite von eToys abhielt und so dem Gegner seine infrastrukturelle Verletzlichkeit vorführte.

„Thing.net“, Weltkulturmutter sämtlicher Netz- und Medienkünste, vollbrachte im Hintergrund eine logistische Meisterleistung und versorgte einen Tausendsassa an Kampagnenelementen mit nie versiegender Bandbreite. Last not least, waren es die zweitausend Subskribenten der führenden Mailingliste für Medien- und Netzkunst, Rhizome, die als so unnachgiebiges wie geschmeidiges Basisnetzwerk die Kampagne über das ganze Netz hinweg ausbreiteten, organisierten und zum Sieg führten.

Die Toywar-Plattform bleibt für alle Zeiten ein Monument der Weltkultur.

Web Addresses
Electronic Civil Disobedience
http://www.thing.net/~rdom/ecd/ecd.html
etoy http://www.etoy.com/
Rhizome http://www.rhizome.org/fresh/
RTMark http://www.rtmark.com/
Thing.net http://bbs.thing.net/login.thing
Toywar http://www.Toywar.com/