ANERKENNUNG
Nowhere.com
Nick Philip
Die mysteriöse Internet-Domain nowhere.com („nirgendwo.com“) erscheint häufig als Absender oder Rücksendeadresse auf hunderttausenden elektronischen Poststücken – „Junk Mail“ oder „Spam“ genannt –, die täglich unsere Posteingangskörbe anfüllen. Und weil sie auch als Standardeinstellung bei zahlreichen Internetanwendungen auftritt, ist der Postverkehr an nowhere.com auf Tausende von Poststücken täglich angewachsen – oftmals langen 2000 Nachrichten pro Minute ein. Im Laufe der Jahre hat fehlende Überwachung zu einem derart weitverbreiteten Mißbrauch dieser Adresse geführt, daß sogar das FBI Untersuchungen über die größten Anwender dieser Adresse eingeleitet hat. Aber die Domain selbst bleibt ein Rätsel:Wo ist nowhere.Com?
Der Künstler Nick Philip führt Sie zu einer Reihe von Papierkörben, die zwischen zwölf sirrenden Faxgeräten im Tokioter Intercommunications Centre stehen. Die Domain nowhere.com, so erklärt er, wird häufig von dubiosen E-Mail-Versendern als Tarnung für ihre eigentliche Internetadresse verwendet. Irritierte Empfänger von Junk-Mail senden ihre Antworten häufig an diese Adresse, aber wegen der falschen Absenderangabe werden sie an nowhere.-com anstatt zu den wahren Absendern umgeleitet. Zumindest so lange, bis Philip alle an nowhere.com adressierten E-Mails auf eine Reihe von Faxgeräten im ICC geschaltet hat. Jetzt werden die Stapel der verlorenen Sendungen in eine physische Repräsentation ihrer letztlichen Destination umgewandelt – den Papierkorb.
„Mit 12 Kilometern Thermopapier-Abfall konfrontiert, können Sie bei Nowhere sofort einen kleinen Teil dieser unglaublich großen weiten Medienlandschaft erfahren, spüren, hören, angreifen, riechen und gleichzeitig mit einem Augenzwinkern feststellen, daß die Dinge ganz gleich bleiben, selbst wenn sie sich radikal ändern“, sagt Philip.
„Auch wenn wir uns einen ewig blauen Himmel über den Datenautobahnen der modernen Kommunikation ersehnen, sind das Internet und die Technologie allgemein nichts anderes als bescheidene Ausdrucksweisen unser selbst, mit all dem Guten, dem Schlechten und dem Häßlichen“, sagt Philip. „Am interessantesten an Nowhere ist, daß es nicht so sehr eine Art ,vernetzter Anomalie‘ darstellt, sondern einen kleinen, aber tiefen Einblick in die dunkleren Nischen unserer Online-Psychologie erlaubt.“ Die E-Mails werden kopiert, wenn sie durch nowhere.Com zu ihrer endgültigen Destination laufen und über zwölf Faxmodems auf zwölf Faxgeräte umgeleitet. Das Thermopapier der Faxgeräte wird in Papierkörben gesammelt und läuft letztlich irgendwann über auf den Boden der Galerie.
Das Werk wurde erstmals vom 15. bis zum 27. September 1998 im NTT Inter Communications Center, Tokio, gezeigt. Besonderer Dank gebührt Husanori Gogota und Lisa Seaman.
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