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Prix1993
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
ORF Oberösterreich
 


GOLDENE NICA
Founders Series
Michael Tolson


Michael Tolson versucht in den Bildern seiner "Founders Series", unterschiedliche Arten von Oberflächenbeschaffenheit darzustellen. Zum kreativen Prozeß gehört daher auch das Erstellen der benötigten Computerprogramme.

Diese Bilder sind ein Resultat meiner früheren, jahrelangen Beschäftigung mit der Frage der Oberflächengestaltung synthetischer Bilder.

Für mich ist diese Frage immer mit der Ästhetik des Malerischen verbunden. Traditionellerweise ist dieser Ausdruck seit jeher mit einer Sensibilität gegenüber den Materialeigenschaften des Malmediums und seinem assoziativen Potential verquickt gewesen - mit "Malerei als Malerei".

Auf den ersten Blick mag es ein wenig unpassend scheinen, solche Ausdrücke für computergenerierte Bilder anwenden zu wollen, da sie ja sowohl im absoluten wie im wörtlichen Sinn oberflächlich sind.

In einer wunderbar weitblickenden Passage in Henri Focillons The Life of Forms in Art heißt es: "Wenn die Oberflächengestaltung schließlich als das aktuelle Leben der Oberfläche interpretiert wird, dann sind die verschiedenen Teilflächen, aus denen sie sich zusammensetzt, weniger ein Schleier, der über das Nichts gebreitet ist, sondern eher der Schnittpunkt,an dem die innewohnende Kraft den umgebenden Raum trifft." Dieses Zitat ist für mich nicht nur eine nachhaltige Kritik an traditioneller 3D-Graphik, sondern auch ein Aufruf. Wenn die Oberflächenhaftigkeit nicht nur virtuell oder projektiv sein soll (wie etwa bei den verschiedenen Mapping-Verfahren), stellt sich die Frage, wie man die inhärente Materialität mit der Immaterialität desComputers versöhnen soll. Oder wie die sprichwörtliche nette alte Damein der Hamburgerwerbung sagt: "Wo bitte ist denn hier das Fleisch?" Ich glaube, daß die Antwort auf solche Fragen darin zu suchen ist, wie wir definieren, was eigentlich Materie ist.

Ich glaube, daß Materie weit davon entfernt ist, etwas Totes zu sein, das geschnitzt, geknetet oder in eine Form gepreßt wird, sondern daß es die Immanenz selbst ist. Und daher wird die Oberfläche, wie jeder Maler weiß, sowohl Prozeß als auch Arena. Wie es Focillon ausdrückt: "Form ist nicht nur sozusagen wiedergeboren ... sondern die Wiedergeburt an sich." Wenn wir aber dem kartesianischen Grundsatz widersprechen, demgemäß sich Materie in ihrer räumlichen Ausdehnung manifestiert (wie man ja auchvon 3D-Bildern als "reine analytische Ausdehnung" sprechen könnte) und eher einen deleuzianischen Standpunkt einnehmen, dann finden wir einen Ausweg aus unserem Dilemma, denn was ist schon unmittelbarer als ein Computer?

Ich glaube, daß der Computer, wie es Deleuze ausdrückt, das "eine Innere" ist und der Bildschirm weniger ein Fenster zu seinem Inneren als eher eine Petrischale. Von diesem Standpunkt aus betrachtet wird die Oberfläche zu einem ziemlich spannenden Ort. Keineswegs nämlich nur zu einer oberflächlichen Verzierung, sondern vielmehr zu einer substantiellen Angelegenheit, die aus dem Untergrund heraus schäumt und wallt.

Ich glaube, daß wir nicht nur inmitten einer technologischen Revolution stehen, sondern auch in einer konzeptuellen Revolution, die angetrieben wird durch die Forschung in neuartigen Systemen auf dem Feld nicht-linearer Dynamik, genetischer Algorithmen usw.,die alle erst durch den Computer ermöglicht worden sind. Und so sind nicht nur neue Medien, sondern genauso neue Formen undneue Materie entstanden.

Technischer Hintergrund

Technisch gesehen sind die Bilder Transformationen ein und desselben digitalisierten Gesichts eines Schauspielers. Sie wurden mit Hilfe einerSoftware generiert, die ich in jahrelanger Arbeit entwickelt habe. Diese Software besteht aus einer Programmiersprache, die mit einer großen Anzahl von Algorithmen für Rendering, Processing und Brushing gekoppelt ist. In jüngster Zeit habe ich einen genetischen Algorithmus angewendet, um Stämme mit "intelligenten Brushes" zu züchten, von denen jeder sein eigenes genetisch determiniertes Nervensystem in Form eines neuralen Netzwerks besitzt. Weitere Stämme dieser Softwarekomponenten interagieren und bilden gewissermaßen ein Ökosystem mit eigenen komplexen, dynamischen Strukturen. Sie generieren und transformieren damit Bilder.

HW: Silicon Graphics
SW: Proprietary