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Prix1994
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
ORF Oberösterreich
 


GOLDENE NICA
The Gates of H.
Ludger Brümmer


Für die Komposition "The Gates of H." verwendete Ludger Brümmer ein bereits existierendes Musikstück und veränderte es dann mit verschiedenen Algorithmen dynamisch.

"The Gates of H." verwendet als Ausgangsmaterial Samples eines Volksliedes, das von einem bulgarischen Frauenchor interpretiert wird. Die Überlegung, ein bereits existierendes Musikstück für eine neue Komposition heranzuziehen, geht davon aus, eine neue Struktur über das Ausgangsmaterial zu legen und damit eine Spannung zwischen der Originalstruktur des Stücks und der vom Algorithmus ausgehenden Struktur herzustellen. Es ist eine Mischung aus unterschiedlichen Zeitkonzepten, wobei der Zuhörer manchmal die Ebene des Algorithmischen, manchmal die Ebene des Ausgangsstücks und manchmal beide gleichzeitig versteht. Der Ausgangsklang hat die Funktion eines bekannten Bezugspunktes, der dann über verschiedene Parameterkonstellationen des Algorithmus neu definiert wird.

Die dynamischen Veränderungen (crescendo / decrescendo), vorwärts oder rückwärts, die neue Positionierung des Klanges im Zeitraster und die Klangdauer, zusammen mit der Umwandlung der Tonhöhen, erzeugen einen Effekt der Maskierung des Ausgangsklanges, wodurch das Profil einer Stimme manchmal klar und erkennbar wird, manchmal auch nicht. Derselbe Maskierungseffekt beeinflußt die harmonische Struktur des Stücks insofern,als der Charakter der Klangfarbe des bulgarischen Volksliedes mit der Tonhöhenstruktur des Algorithmus in Konflikt gerät. Diese Methode steuert die Wahrnehmbarkeit entweder des Klangprofils des Ausgangsklanges oder der algorithmischen Komponente.

Der Verwendung des Algorithmus liegt eine zentrale Idee zugrunde: Ein oder mehrere Werte nehmen in unterschiedlicher Geschwindigkeit zwischen zwei beweglichen Grenzbereichen zu oder ab. Diese Werte werden dann auf unterschiedliche Parameter angewendet. Der erste Klang zum Beispiel wurde so erzeugt, daß der Tonhöhenwert zwischen Anfangund Ende des Klangs auf und ab pendelte, der Zeitwert dagegen vorwärts und rückwärts. In diesem Fall schwanken jeweils nacheinander bis zu fünf verschiedene Werte.

Die formale Struktur des Stücks ist sowohl durch klangliche Akzente als auch durch durchgehende dynamische und ansteigende dynamische Niveaus festgelegt. Die eigentliche Komposition beginnt mit zwei dynamischen Extremwerten. Während die ersten 340 Sekunden nur durch Akzente, weiche und laute Niveaus (subito ff oder subito pp) strukturiert werden, entwickelt der anschließende Teil Abschnitte mit ansteigender Dynamik, mit langen Crescendi und Decrescendi. Diese dynamischen Strukturen sind Verstärkungen der folgenden Wechsel in der Dynamik, wobei ein schnelles Crescendo wie ein Akzent oder ein subito ff wahrgenommen wird. Im Verlauf des Stücks gruppieren sich die Akzente zu immer komplexeren Akzentgruppen, die zwischen der 818. und der 850. Sekunde zu hörbaren Strukturen zusammenwachsen, also an jener Stelle, an der zwei Transpositionen der entstandenen Akzentgruppen zum Klingen kommen.