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Prix Ars Electronica
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Prix-Jury

 
 
Veranstalter
Ars Electronica Linz & ORF Oberösterreich

Software, Hardware, Nowhere

Ed Burton, Karel Dudesek, Golan Levin, Tomoe Moriyama, Cornelia Sollfrank

In diesem Jahr feiert die Kategorie für netzwerkbasierte Kunst im Rahmen des Prix Ars Electronica ihr zehnjähriges Bestehen. Bei unserer Durchsicht der Jury-Statements aus diesen zehn Jahren bemerkten wir mit Erstaunen, wie hartnäckig sich gewisse Debatten über den fundamentalen Charakter netzwerkbasierter Kunst gehalten haben, die auch dieses Jahr wieder auftauchten, allerdings – dank des Reifeprozesses des Internet – in etwas aktualisierter Form. Als signifikantestes Beispiel dafür ließe sich die ewige Debatte über den Wert der „Webness“ nennen, die Derrick de Kerckhove 1995 auf diesen Seiten einführte und die John Markoff fünf Jahre später als „Kombination jener Elemente“ definierte, „die ein Projekt inhärent vernetzt machen“. Der Kern der Debatte über die Webness ist einfach, denn wenngleich noch jede Jury in dieser Kategorie Projekten den Vorzug gab, die das Netzwerk selbst (auf innovative Weise) als primäres künstlerisches Material verwendeten, so war doch auch jede Jury – und das nicht nur gelegentlich – gezwungen, den Wert oder die Bedeutung von Projekten anzuerkennen, die „lediglich“ aus interessantem Material bestanden, das elektronisch im Netz publiziert wurde. Diese Frage der Webness würde sich heute sicherlich nicht mehr stellen, handelte es sich bei „Netzpublikationen“ immer noch ausschließlich um die Art von in sich geschlossenen, prädigitalen Kunstformen (Dichtung, Fotografie und die Dokumentation von Gemälden), die Mitte der 1990er Jahre in „Online-Kunstgalerien“ auswanderten. Indessen sind aber völlig neue Formen unbestreitbar legitimer Kunstpraktiken speziell für das – und im – Habitat des Internet-Browsers entstanden, die dazu gedacht sind, an einem Netzwerk-Outlet betrachtet zu werden, und durch die Mittel internetspezifischer Technologien wie Flash, Shockwave, Java und JavaScript ermöglicht werden. Obwohl also unsere Jury der unzähligen Einreichungen „interaktiver Rechtecke in einem Browser“ bald (ziemlich) müde wurde, konnte sie doch nicht leugnen, dass diese webtypischen Kunstformen einen wesentlichen Teil des Bestandes und Gefüges netzwerkbasierter Kunst im Jahr 2005 bilden. Die Jury fühlte sich ständig hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, wirklich außerordentlichen Arbeiten dieser Art ihre Anerkennung auszusprechen, und der deprimierenden Erkenntnis, dass solche Einreichungen meist (vermutlich) ebenso gut auf CD-ROMs existieren und in Kiosken vertrieben werden könnten. (In Zukunft wird es vielleicht angebracht sein, für die Zulassung zu dieser Kategorie zu verlangen, dass die Einreichungen abgesehen vom eigenen Download zumindest ein Paket an TCP/IP- oder UDP-Daten versenden oder empfangen.) Im Endeffekt vergaben wir an derartige Arbeiten nicht sonderlich viele Anerkennungen. Dort, wo wir es taten, sind wir der Meinung, dass die Werke nicht nur von überragender intrinsischer Qualität sind, sondern auch mehrere unserer sonstigen Kriterien erfüllen.

Damit kommen wir zur Konstellation von Kriterien, die wir für unseren Auswahlprozess aufstellten. Wobei „aufstellen“ vielleicht das falsche Wort ist, denn im Verlauf der Sichtung der vielen hundert extrem divergierenden Einreichungen, sprachen uns die guten einfach an und suggerierten neue Qualitätskriterien. Wir hörten genau hin und beschlossen, Folgendes zu würdigen:

Projekte, in denen eine einzigartige künstlerische Stimme zum Ausdruck kommt. Fast alle von uns gewählten Projekte sind Arbeiten von Einzelpersonen oder, in einigen Fällen, von sehr kleinen Kollektiven. Obwohl wir uns nicht streng an dieses Kriterium gebunden fühlten, war es uns doch ein ganz bewusstes Anliegen, persönliche Zugänge zu netzbasierten Formen zu betonen. Im Kontext der zunehmend körperschaftlich organisierten Informationslandschaft des World Wide Web und anderer Kommunikationsnetzwerke interessierte uns schlichtweg, was eine Einzelperson mit Entschlossenheit und klarer Vision erreichen kann. Zudem waren wir der Meinung, dass unsere Position eine wichtige Ergänzung zur Kategorie Digital Communities darstellt, bei der vor allem die größer angelegten Bemühungen von Koalitionen, Körperschaften, Graswurzel-Communities und NGOs Anerkennung fanden.

Experimentelle Projekte, die vollkommen neue Visionen für das Netz entstehen lassen – selbst (oder besonders) wenn es sich dabei um Gedankenexperimente oder symbolische Gesten handelt. Auch bei diesem Kriterium ging es wieder um eine Reihe von Prioritäten, die dazu dienen sollten, Net Vision von der Kategorie Digital Communities abzuheben, die unseres Erachtens besser geeignet war, Projekte zu würdigen, die maßgeblichen Einfluss auf das Alltagsleben einer großen Anzahl von Menschen gewonnen haben (oder gewinnen könnten). Kunst sollte demgegenüber das Privileg haben, von derartigen Nützlichkeitserwartungen enthoben zu sein. Unsere Jury berücksichtigte nicht, ob ein gutes Projekt einen breiten „Paradigmenwechsel“ im Netzverhalten nach sich zog; was sie tangierte, waren vielmehr die von manchen Werken in die Welt gesetzten „Value Fictions“ (analog zu „Science Fictions“), so wenig umsetzbar sie aufgrund des von ihnen angeregten philosophischen oder moralischen Dialogs oder der Verschiebung der globalen Perspektive auch sein mochten. Wir entdeckten diese Vorzüge vor allem im Projekt [V]ote-auction von UBERMORGEN.COM und im Projekt iSee des Institute for Applied Autonomy. Obwohl beide Teams netzspezifische Tools entwickelt haben, die rein technisch gesehen tatsächlich „funktionieren“, ist die direkte Auswirkung dieser Tools auf die vorgeblichen Anliegen der Künstler weitgehend vernachlässigbar. Entscheidend ist vielmehr, wie diese Projekte die öffentliche Diskussion über Themen von globaler Bedeutung verschoben haben.

Projekte, die in einem beträchtlichen Ausmaß zur Teilnahme inspirieren. Gleichzeitig mit der Anerkennung symbolischer Gesten würdigten wir auch einige Projekte, die ernsthaft bemüht waren, Communities zu bilden und auf wirkliche menschliche Bedürfnisse einzugehen, und die danach beurteilt werden konnten, wie erfolgreich ihre Bemühungen waren. Dieses Kriterium, das in gewisser Weise im Widerspruch zum vorhergehenden steht, erwies sich gleichwohl als hilfreich bei der Beurteilung von Kunstwerken oder Projekten, die behaupteten, Teilnehmer-Communities mit offenem Ende begründet zu haben. Unsere Frage: „Würde irgendjemand an sowas teilnehmen wollen?“ ließ sich oft ganz leicht durch simple Beobachtung beantworten. Am stärksten zeigte sich dieser Vorzug an Ben Frys und Casey Reas’ Processing, aber auch an Alex Jarretts Degree Confluence Project, am iSee-Projekt des IAA, an Rainer Prohaskas Operation CNTRCPY, Layla Curtis’ Message in a Bottle und Hidenori Watanaves NEtROBOtProject.

Projekte, die einen wichtigen innovativen Beitrag zur kritischen, sozialen Anwendung vernetzter Medien leisten. Eng verbunden mit den obigen Kriterien war unsere Empfänglichkeit für Projekte mit ausgeprägtem sozialem Bewusstsein, die neue Formen des kritischen gesellschaftlichen Einsatzes von Netzwerkmedien entwickelten. Dies wurde zu einem Sammelkriterium, das mehrere (aber nicht alle) unserer anderen Interessen mit einschloss.

Projekte mit markanten physischen Komponenten, die neue Brücken zwischen physischer Realität und virtueller Information schlagen. Nach unserer Beobachtung stellt diese Strategie eine der fruchtbarsten und interessantesten neuen Richtungen netzwerkbasierter Kunst dar: Mehr als die Hälfte der ausgezeichneten Projekte erkundete auf die eine oder andere Art solche Verbindungen. Einige wie z. B. Rainer Mandls umweltsensitiven Decoy-Installationen, Fang-Yu Lins scheinbar autonome Schreibmaschine From The Great Beyond, Marius Watz’ Universal Digest Machine, Layla Curtis’ Ozeane überquerende Message in a Bottle und Hidenori Watanaves NEtROBOtProject konzentrierten sich auf die Möglichkeit netzwerkgestützter Objekte. Andere, wie Rainer Prohaskas Operation CNTRCPY, das iSee-Projekt des IAA und Alex Jarretts Degree Confluence Project suchten nach neuen Wegen der Verstärkung sozialer Prozesse durch Feedback von vernetzten Informationsquellen.

Projekte, die einen wichtigen innovativen Beitrag zur formalen Entwicklung der visuellen Sprache im Internet leisten. Diesen Vorzug entdeckten wir auf ganz unterschiedliche Weise in Processing, auf Yugo Nakamuras überaus einflussreicher Yugop.com-Site und in James Patersons einzigartiger Sammlung von Online-Arbeiten, Presstube.

Projekte mit einem frischen Zugang zur Wiederverwertung von Sprache und Inhalten des Internet. Es war erfreulich Projekte zu entdecken, die sich auf spielerische Weise um die bestmögliche Wiederverwertung der ausufernden Mengen an Online-Informationen bemühen. Als interessante Versuche erschienen uns Jonathan Harris’ überblickhafte 10 x 10-Visualisierung, Amy Alexanders zufallsbestimmte CyberSpaceLand-Performances, die surrealistischen Antworten von Fang-Yu Lins From The Great Beyond und die trockene, Borges-artige Haltung von Marius Watz’ Universal Digest Machine.

Projekte, die das Netz als eigenständiges künstlerisches Material verwenden. Wie schon festgestellt, übrigens auch von vielen früheren Jurys, versuchten wir Werke auszuzeichnen, die aus den Mitteln des Netzes einen deutlichen formalen und/oder soziopolitischen Vorteil ziehen und ohne vernetzte Kommunikation gar nicht denkbar wären. Diesen Vorzug entdeckten wir besonders bei Amy Alexanders CyberSpaceLand und den beiden Projekten [V]ote-auction und GWEI von UBERMORGEN.COM.

Projekte mit innovativen Verwendungsweisen von Netzwerken und Projekte, die mit der Vielfalt anderer Netzwerke außerhalb des Internet arbeiten. Wir freuten uns besonders, unter den Einreichungen Projekte zu finden, die Netzwerke wie das Global Positioning System, Bluetooth, 802.11 wireless LANs, Mobiltelefonie, Festnetztelefonie, Fernsehen und Radio künstlerisch nutzen. Es war zu sehen, dass diese alternativen Netzwerke („alternativ“ im Verhältnis zu normativen Auffassungen der „Netzkunst“ als rein internetbasiert) ein enorm erweitertes soziales Operationsfeld für die Kunstwerke erschließen. Innovationen dieser Art waren im Bluetooth-gestützten Projekt Decoy und in der Mischung aus GPS- und Internetkommunikation zu erkennen, die beim Degree Confluence Project und bei Message in a Bottle zur Anwendung kam.

War die Sichtung der mehreren hundert Einreichungen für die Jury eine klare Sache, so erwies sich die Entscheidung zwischen den top gelisteten Arbeiten als wesentlich größeres Problem. Da sich das Netz inzwischen als die Arena herauskristallisiert hat, in der wir de facto unsere kollektiven politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Dramen austragen, überrascht es nicht, dass die Kategorie Net Vision des Prix Ars Electronica in diesem Jahr zu einer Art Sammelbecken für eine äußerst heterogene Palette konkurrierender Auffassungen davon geworden ist, was derzeit als gute Praxis netzwerkbasierter Kunst gilt. Das größte Problem war unser schizophrenes Bedürfnis, sowohl die besten Leistungen netzwerkbasierter Ästhetik zu würdigen als auch die markantesten Manifestationen sozialen Bewusstseins. Das führte zu dem starken (aber letztlich untersagten) Wunsch, zwei Goldene Nicas zu vergeben: an Processing und [V]ote-auction. Am Ende überwanden wir das schwer zu lösende Dilemma, ein Projekt über das andere stellen zu müssen, indem wir drei Sieger in drei verschiedenen Sparten wählten. Damit kommen wir zur Diskussion der Projekte unserer drei Preisträger: Yugop.com und [V]ote-auction, die Auszeichnungen erhalten, und Processing, das die Goldene Nica 2005 in der Kategorie Net Vision erhält.

Yugop.com
Yugo Nakamuras interaktive browsergestützte, online auf seiner Website Yugop.com versammelten Kunstwerke repräsentieren den höchsten Stand formvollendet designter und elegant ausgeführter grafischer Konzepte, der heute im Internet zu finden ist. Wir schätzten zahlreiche Dimensionen an Nakamuras Projekten: ihre erstaunliche Originalität, ihren Charme und ihre Kapriolen; ihren ökonomischen Einsatz der Ausdrucksmittel; ihre Veranschaulichung der produktiven und langfristigen Beschäftigung des Künstlers mit dieser Form. Nakamuras auf Yugop.com präsentierte Arbeiten haben weltweit eine ganze Generation von Künstlern und Designern beeinflusst. Obwohl auch einige andere hoch versierte Künstler – namentlich James Paterson, der in unserer Kategorie eine Anerkennung erhielt – ähnlich signifikante Kompilationen browsergestützter Arbeiten eingereicht haben, sprachen wir diesen Preis letztlich wegen des Umfangs und der Vielfalt seiner Ausdrucksformen Nakamura zu. Insbesondere stellten wir fest, dass viele der Arbeiten auf Yugop.com nicht nur in ihrer Oberflächen- und Interaktionsästhetik geglückt sind, sondern in vielen Fällen auch auf gelungene Weise mit dem gesamten Netzwerk interagieren.

[V]ote-auction
Die [V]ote-auction-Website von UBERMORGEN.COM sollte Amerikanern die Möglichkeit bieten, bei den Präsidentschaftswahlen 2000 und 2004 „ihre Stimmen zu versteigern“. Das Projekt verband das serverseitige Technologie- und Designformat eines Online-Auktionshauses mit einer neuen, ätzend-scharfsinnigen Mischung aus politischen und künstlerischen Anliegen. Die komplette Fiktion der Codes und der Form eines kommerziellen Großunternehmens war so gut getarnt (war es überhaupt eine Fiktion?), dass Nutzer tatsächlich mehrere hundert Versteigerungen durchführten. Wie nicht anders zu erwarten, führte die fragwürdige Gültigkeit dieser Manöver dazu, dass Medien und Regierung massiv zurückschlugen, was den Projektinitiatoren beträchtliche persönliche und finanzielle Unannehmlichkeiten bescherte. Jahre danach haben die Projektinitiatoren immer noch unter einschränkenden Gerichtserlässen und einer Fülle äußerst kostspieliger finanzieller Schikanen zu leiden.

Bei [V]ote-auction arbeitete UBERMORGEN.COM mit dem Netz als reinem Material, und zwar in einem sehr engen und direkten Sinn: jenseits politischen Dekors und sozialer Ornamentik. Damit beschritt die Gruppe UBERMORGEN.COM einen Weg, bei dem künstlerische Strategien und Arbeitsprozesse in vielfältige Bereiche tatsächlicher Regierungs- und Wirtschaftsmonopole eingreifen. Eine derart intensive und komplexe Auseinandersetzung musste zwangsläufig unvollkommen und schmerzhaft ausfallen. Das ist unvermeidlich, wenn man Regierungen und Platzhalter der Wirtschaft zur Selbstreflexion bewegen will: Ihre Reaktionen sind gnadenlos, panisch und überaus aggressiv.

Mit seinem lakonischen Slogan „Kapitalismus und Demokratie enger verbinden“ und seiner Verwendung eines einzigen Netzwerks (des Internet) zur Aufwiegelung zahlreicher anderer Netzwerke (des Netzwerks der Massenmedien und des internationalen Rechts- bzw. Sicherheitsnetzwerks) erschien uns dieses Projekt die gelungenste und direkteste Verwendung eines Netzwerks zu Zwecken soziopolitischer Kritik darzustellen. In einer Zeit, in der sich die Kunst großteils weigert, politisch Position zu beziehen, sondern lediglich mit der Ästhetik der Kritik als modischem Versatzstück spielt, und in der die Korruption durch den Konsum und die Angst vor sozialer Unverträglichkeit unsere Gesellschaft einer Gehirnwäsche unterzieht, steht das Projekt [V]oteauction für “das Andere”.

Processing.org
Processing ist eine freie, speziell für die Medienkunst-Community geschaffene Open-Source-Umgebung zur Software-Entwicklung. Sie wurde dazu entwickelt, im Kontext der Medienkunst Grundlagen der Computerprogrammierung zu vermitteln, und sollte auch als Software-Skizzenbuch einsetzbar sein. Von weltweit mehr als 20.000 Studenten, Künstlern, Designern, Architekten und Forschern für Ausbildungs-, Prototyping- und Produktionszwecke benutzt, hat Processing bereits beträchtlichen Einfluss ausgeübt, hat es doch einer ganzen Generation ein Verständnis für Computerprogrammierung als kreatives Medium vermittelt. Das von Künstlern für Künstler geschaffene Programm entspringt allein der Vision zweier Individuen – Ben Fry und Casey Reas –, die sich der Verbesserung der Computerkenntnisse und Programmierfähigkeiten der globalen Medienkunst-Community verschrieben haben. Man kann natürlich fragen, warum Processing als ein „Net Vision“-Projekt betrachtet werden sollte. Selbst ein Mitglied unserer Jury warf (auf einige damit realisierte Projekte verweisend) die Frage auf, ob Processing nicht eher einen Preis in einer anderen Kategorie wie z. B. Computeranimation erhalten sollte. Dazu haben wir zweierlei zu sagen: Zum einen hat Processing das Netz dazu benutzt, eine weltweit verstreute Community von Entwicklern und Lehrern entstehen zu lassen, die sich der Schaffung eines freien Open-Source-Tools verschrieben hat. Zum anderen hat Processing eine sogar noch größere Community von Netzkreateuren – Studenten, Künstlern und Forschern – entstehen lassen, die mithilfe dieses Tools weitere interaktive, netzbasierte Arbeiten schaffen.

Der Zeitpunkt der Verleihung der Goldenen Nica an die Processing-Initiative könnte nicht bezeichnender und passender sein. Drei Tage, bevor die Jury im April 2005 zusammentrat, und während Ben Fry und Casey Reas gerade dabei waren, dem ersten öffentlichen Release von Processing den letzten Schliff zu verleihen, verkündete der Softwareriese Adobe den Erwerb von Macromedia, dem führenden Entwickler von Autorenwerkzeugen für interaktive Medien im Internet. Die Einverleibung der Macromedia-Autorenwerkzeuge Flash und Shockwave in das Desktop-Publishing-Geschäft von Macromedia führt de facto zu einer globalen Software-Monokultur, zu der Processing vermutlich die einzig verbleibende freie Open-Source-Alternative darstellt. Für Tausende von Medienkunststudenten auf der ganzen Welt, die gerade erst lernen, Computer zu programmieren, sind die Folgen nicht zu unterschätzen: Ohne Processing wäre die Computerkunstausbildung praktisch einer einzigen Firma (Macrodobe) und ihrer gewinnorientierten Closed-Source-Politik ausgeliefert. Angesichts der von diesen Tools abgedeckten Marktsegmente und bereitgestellten technologischen Mittel würde sich eine solche Situation letztlich auf nahezu alle pädagogischen Untergebiete visuell orientierter Medienkunst – Animationsdesign, Interaktionsdesign, Generatives Design, Spieledesign und Informationsvisualisierung – auswirken und die Produktion von Kunst und Design innerhalb wie außerhalb des vernetzen Informationsraums beeinflussen. Da die Medienkunststudenten von Heute die Künstler und Techniker von Morgen sind, glauben wir, dass das enorme Implikationen für die gesamte elektronische Kunstcommunity hätte.


 
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