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Veranstalter
Ars Electronica Linz & ORF Oberösterreich
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Yutopia
Wilhelm Burger, Horst Hörtner, Gustav Pomberger, Daniela Pühringer, Christa Sommerer
[the next idea] richtet sich an junge Gestalter, die sich mit innovativen und zukunftsträchtigen Medienkonzepten auseinandersetzen. Im Jahr 2006 werden zum dritten Mal herausragende Ideen junger Kreativer prämiert und eine davon zur Realisation gebracht.
Dass sich das jüngste Format innerhalb des Prix Ars Electronica bewährt, zeigt allein schon die Vielfalt der Einreichungen, in denen sich widerspiegelt, welche Potenziale in der Generation der 19- bis 27-Jährigen schlummern. Bei der Mehrheit der eingereichten Konzepte handelt es sich um Ideen zu neuen Interfaces. Doch daraus einen Trend abzuleiten, wäre verfrüht, denn die Arbeiten decken ein sehr breites Spektrum innovativer Medientechnologie ab.
Der Jury wurde die schwierige Aufgabe zuteil, nur einem der Projekte das Stipendium für die Realisierung zusprechen zu können. Das ausgewählte Projekt erhält neben der finanziellen Unterstützung die Möglichkeit, die Infrastruktur des Ars Electronica Futurelab zu nutzen und gemeinsam mit den Spezialisten des Labors an der Umsetzung zu arbeiten.
Das Kriterium für die Auswahl der Projekte waren, neben einem ausgeprägten künstlerischen Anteil am technischen und/oder gesellschaftlichen Innovationsgrad, in erster Linie die Originalität der Idee – alles jedoch vor dem Hintergrund der Realisierbarkeit im gegebenen Zeitraum (bis zum Festival Ars Electronica im September 2006). Darüber hinaus wurde berücksichtigt, ob ein Projekt von der Realisierung mit dem Ars Electronica Futurelab und von einer Präsentation im Rahmen der Ars Electronica auch Nutzen ziehen kann.
Fünf Projekte wurden in der Kategorie [the next idea] ausgezeichnet. Jene fünf Kandidaten überzeugten die Jury davon, dass ihre Vorstellungen der Zielsetzung der Kategorie entsprechen, und machen neugierig auf die zu erwartenden Ergebnisse. So macht es auch keinen Sinn unter den ausgezeichneten Projekten eine Wertung vorzunehmen.
[the next idea] Art and Technology Grant
Die Wahl der Jury für die Vergabe des mit 7.500,00 Euro dotierten Stipendiums fiel auf den 23-jährigen Inder Himanshu Khatri. Mit AQUAplay hat der Künstler einen ehrgeizigen neuen Ansatz für Displays eingereicht. Khatri versucht, mit Hilfe von kontrolliert aufsteigenden Luftblasen 3D-Pixelgrafiken in einer speziellen Flüssigkeit darzustellen. Sollte dies gelingen, so hätte er damit medientechnologisches Neuland betreten.
Das Konzept sieht einen großen, mit Flüssigkeit gefüllten Behälter vor, auf dessen Boden eine Matrix aus Luftventilen angebracht ist. Der User übermittelt dem eingebauten Computer mittels Touchpad, welche Formen er darstellen möchte. Der Rechner generiert daraus Befehle für die Ventile, aus denen exakt gesteuerte Luftblasen entweichen, die das eingegebene Muster oder die Schriftzüge in 2D oder 3D nachformen. Diffuse Beleuchtung hebt die Blasen in der Flüssigkeit hervor und verstärkt die geheimnisvolle Ausstrahlung, die die Installation nach den Vorstellungen des Künstlers umgeben soll.
Khatri ruft mit seinem Konzept zu Besinnung und Entschleunigung auf und positioniert AQUAplay als Gegenpol zur fortschreitenden Reizüberflutung der Gesellschaft. Damit können auch Verbindungen zum diesjährige Thema des Ars Electronica Festival „Simplicity – The Art of Complexity“ geknüpft werden, was allerdings kein Kriterium für die Auswahl des Projektes darstellte. Ein funktionstüchtiger Prototyp könnte die Grundlage für eine innovative und eindruckvolle Klasse neuer Displays bilden, für die vielfältige Anwendungen denkbar wären. Khatri geht es primär jedoch nicht um ein möglichst ausgefallenes Ausgabegerät, sondern um die Anwendung der Technologie in einer Art Ambient-Installation für Menschen, die sich nach der Rückkehr zur Langsamkeit sehnen.
Anerkennungen
Eine Anerkennung in der Kategorie [the next idea] erhielt das Projekt Total Surveillance des Österreichers Thomas Winkler. Sein Konzept beschreibt die Nutzung von Video-Überwachungssystemen für eine Art Geländespiel. Der einzige visuelle Zugang, der den Spielern dabei zur Verfügung stünde, würde über die Videoquellen verlaufen. Ein Teil der Spieler soll sich dabei, mit HMDs ausgerüstet, ausschließlich über den externen Blickwinkel der Kameras orientieren – eine zweite Gruppe beobachtet das Geschehen über Monitore. Avatare werden als virtuelle Mitspieler in das Realbild eingeblendet.
Auf spielerische Art soll hier Bewusstsein für die immer lückenloser eingesetzte Videoüberwachung geschaffen werden. Interessant wird der Ansatz vor allem dadurch, dass innerhalb des Systems unterschiedliche Beobachterstandpunkte eingenommen werden können. In anderem Zusammenhang hatte Hachiya Kazuhiko 1993 mit Inter Dis-Communication Machine gezeigt was passiert, wenn man Teilnehmer mit HMDs ausstattet und die jeweiligen Blickwinkel untereinander austauscht. Der weitaus komplexere Aufbau von Thomas Winkler verspricht hier weiterführende Eindrücke und Erfahrungen. Zur Person ist hier noch zu erwähnen, dass Thomas Winkler bereits Preisträger beim Prix Ars Electronica war: Thomas Winkler hatte schon mit früheren Arbeiten die u19-Jury überzeugt (SMS-Notifier, Anerkennung 2001; GPS::Tron, Goldene Nica 2004).
Dan Phiffer versucht mit seinem Projekt ShiftSpace, das Internet um eine weitere Informationsebene zu erweitern. ShiftSpace steht in diesem Fall für einen Shortcut, der einen editierbaren Layer über einer konventionellen Webseite aktiviert. Die Open-Source-Plattform soll in der Folge zusätzlichen Kommunikationsraum im Netz erschließen. Zur Illustration seiner Idee verwendet Phiffer Metaphern urbaner Architektur: Er beschreibt das Internet als U-Bahnnetz im Untergrund. Die Knotenpunkte stehen in diesem Modell für Web-Pages und die einzelnen Bahnlinien für Hyperlinks. Da das System immer komplexer wird und gewissen Beschränkungen unterliegt, schlägt Phiffer nun den Ausbau an der Oberfläche vor. Als konkretes Beispiel führt er digitale Post-its an, die von den Usern angelegt und quasi auf der Oberfläche der Website deponiert werden können. Die Vision reicht so weit, dass sich auf der Basis des bestehenden WorldWideWeb eine neue nutzerbestimmte Informationsarchitektur herausbildet. Auch diese Idee lässt auf eine Realisierung hoffen, da sie das Potenzial für eine effektive Weiterentwicklung mit sich bringt und wurde daher mit einer Anerkennung bedacht.
Das Konzept Gaze von Sandra Kroiss geht von feministischen Theorien aus, die sich ursprünglich mit dem männlichen Blick auseinandersetzten. Die von ihr eingereichte Installation soll den Blick des Betrachters auf die Darstellung unbekleideter Körper entlarven, indem sich die fixierten Körperteile durch das Betrachten vergrößern. Dieser Ansatz erhielt ebenfalls eine Anerkennung. Die Realisierung basiert auf einem eher anspruchsvollen Eye Tracking durch Videoerfassung, das im Ausstellungszusammenhang sicher nicht einfach zu verwirklichen ist. Eine weitere Komponente bilden fotorealistische, dynamische 3D-Modelle menschlicher Körper, die allein schon nur mit großem Aufwand überzeugend darzustellen sind und die Betonung der künstlerischen Umsetzung gegenüber dem konzeptionellen Grundgedanken in den Vordergrund stellen.
Eine weitere Favoritenposition bekleidete das Projekt Parasite, u. a. deswegen, weil es sich inhaltlich deutlich von den übrigen Bewerbern abhebt. Das von Frédéric Eyl eingereichte Projekt beschreibt ein unabhängiges, mobiles Projektionssystem, das mittels Saugnäpfen an U-Bahn-Zügen angebracht werden kann – wohlgemerkt ohne dass die Bahnbetreiber damit einverstanden sein müssten. Das Video von einem Prototypen hat im Internet weite Kreise gezogen und zu heftigen Kontroversen geführt. Die eingereichte Idee bestand in der Weiterentwicklung des Prototypen von einem koffergroßen Projektor zu einer Miniaturausgabe, die ein Mobiltelefon mit LED-Technik verbindet. Die ohne Zweifel brillante Idee wird durch die Miniaturisierung jedoch lediglich modifiziert. Das vorgestellte Konzept bleibt allerdings herausragend und wird mit großem Interesse verfolgt. Mit einem Auge auf A-Line (ein Konzept von Christian Möller, 1991) schielend, würde die Jury es doch begrüßen, dass auch dieses Projekt realisiert werden könnte.
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