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Veranstalter
Ars Electronica Linz & ORF Oberösterreich
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Dramatisch, rätselhaft, visuell elegant …
Mark A. Z. Dippé, Sabine Hirtes, Ken Perlin, Ivan Tsupka, Boo Wong
Mitglied der Jury des Prix Ars Electronica zu sein ist immer eine bemerkenswerte Erfahrung. Wir haben – ziemlich lange – Tage damit verbracht, hunderte von Einreichungen zu begutachten und sie auf die letztlichen Preisträger einzugrenzen, was gerade noch gelungen ist, bevor die uns zugemessene Zeit vorbei war. Wir haben betrachtet, diskutiert, debattiert, die Vorzüge (oder ihre Mängel) bei den einzelnen Werken argumentiert. Aber wie immer wurden wir von dieser Sammlung von neuen, aufregenden und innovativen Werken der Computeranimation und Visual Effects aus der ganzen Welt überwältigt und inspiriert.
Der Prix Ars Electronica lädt immer einige der talentiertesten, erfahrensten und kreativsten Praktiker als Jurymitglieder ein, und auch dieses Jahr war keine Ausnahme. Mitglieder der diesjährigen Jury waren Sabine Hirtes (DE), Künstlerin und Lehrende an der Filmakademie Baden-Württemberg, Ken Perlin (US), Professor an der New York University, Ivan Tsupka (UA), Bildkünstler, Boo Wong (US), Produzentin bei Psyop, und Mark Dippé (US), Regisseur und Produzent. Die Jury dieses Jahr war eine besonders lebhafte Gruppe, in der jeder klar und sehr offen seine Meinung vertrat und in der die breit gefächerten Möglichkeiten dieser Kunstform auch anerkannt wurden. Die Ergebnisse legen Zeugnis ab von ihrem Eifer, ihrem Engagement und ihrer Liebe zur Kunst. Zur Jury stieß auch Christine Schöpf dazu, deren Spritzigkeit und Erfahrung in der Bewertung dieser Kategorie eine große Hilfe waren. Wir müssen weiters für die Unterstützung durch Andrea Strasser danken, deren unermüdliche Tätigkeit die Sitzung auf Kurs hielt.
Als festgestellt wurde, dass in der Kategorie Computeranimation, Film und Visual Effects insgesamt 489 Werke eingereicht worden waren, beschloss eine weise, vorausschauende Christine Schöpf, dass es wohl am günstigsten wäre, eine Art „Vorselektion“ vor der eigentlichen Jurysitzung zu treffen. Glücklicherweise stellte sich Ivan Tsupka dafür zur Verfügung, sodass Christine und Ivan alle 489 Einreichungen ansahen und die Menge auf 230 einschränkte. Diese Vorauswahl wurde von der Gesamtjury überprüft, die – wann immer Fragen auftauchten – alle 489 Werke in Betracht zog. Letztlich waren alle darüber einig, dass sich das Vorauswahlverfahren perfekt bewährt hat.
Eigentlich ist so etwas ja fast selbstverständlich, aber sobald wir begannen, Details der einzelnen Werke und die Unterschiede zwischen ihnen zu diskutieren, tauchte auch die Frage auf, was denn eigentlich ein Stück für diese Kategorie qualifiziere. Wir einigten uns darauf, dass die digitale Technologie ein grundlegendes und essenzielles Element bei der Schaffung der visuellen Aspekte des Stücks sein musste. Das mag noch immer ein recht grober und subjektiver Maßstab sein, aber wir fanden ihn ausreichend. Schließlich sind wir die Jury.
Wie in den vergangenen Jahren wurde auch heuer eine enorme Bandbreite von Stücken eingereicht: Es gab kurze erzählerische Streifen, abstrakte und experimentelle Stücke, Stücke von erstaunlichen fotorealistischen Visual Effects aus Spielfilmen, Demo-Bänder für technische Innovationen im Filmemachen, Fernsehspots, digitale 2D-Animationen und Auszüge aus Videospielen. Und die Arbeiten entstammten einer ebenso großen Vielzahl von Quellen – große Studios, kleine Unternehmen, Universitäten und Einzelkämpfer reichten ein. Die preisgekrönten Arbeiten spiegeln die große Diversität der Werke ebenso wider wie die unterschiedlichen Typen von schöpferischen Künstlern.
Die diesjährigen Einreichungen hatten ein paar interessante und bemerkenswerte Eigenheiten. Erzählerische Kurzfilme waren bei weitem die verbreitetste Art von Werk, und tatsächlich gingen alle drei Hauptpreise an Stücke dieser Art. Es gab heuer weniger abstrakte oder experimentelle Einreichungen, und noch seltener waren eher technisch orientierte Werke. Dies ist erstaunlich, sind doch gerade diese Formen häufig das „natürlichen“ kreative Umfeld für digitale Techniken. Dennoch finden sich sehr schöne Beispiele beider Arten von Stücken unter den Preisträgern. Weiters hatten wir auch das Gefühl, es gäbe einen Zuwachs an grafisch erzeugter Gewalt in den Einreichungen. Wie viele andere Innovationen in der digitalen Filmproduktion könnte auch der Einsatz von computergeneriertem Blut und Eingeweiden den Künstler aus den Einschränkungen bei der Darstellung echter Gewalt befreit haben. Jedenfalls ist auch ein sehr schönes Beispiel dieser Art von Werk unter den Preisträgern.
Allein angesichts der großen Zahl von fantastischen Einreichungen ist es jedes Jahr schwer, sich auf die Preisträger zu einigen. Wie erwähnt, sind alle drei Hauptpreisträger vom erzählerischen Typus. Jede der Arbeiten hat ihren eigenen erzählerischen Stil und ihre eigene visuelle Ästhetik. Dennoch fühlten wir, dass der Gewinner der Goldenen Nica ein herausragendes Beispiel für jene Art von Stück ist, das in der Welt der Computeranimation immer wichtiger wird. Während die computeranimierte Filmproduktion von auf Familien ausgerichteten Komödien dominiert wird, glauben wir, dass diese Art von Film – dramatisch, rätselhaft, visuell elegant – zeigt, wohin sich die nächste Generation von computeranimierten Filmen bewegen wird. Die beiden Auszeichnungen hingegen gingen an eher „traditionelle“ Typen von computeranimierten Stücken, aber mit klar unterschiedlichen Stilen. Der eine reflektiert die großartige amerikanische Komödientradition, der andere bezieht seine Stichworte aus der existentiell dunkleren osteuropäischen Tradition.
Goldene Nica
Codehunters
Ben Hibon / Blinkink Productions (CH/UK)
Codehunters erzählt die komplexe, aber fesselnde Geschichte einer schrecklichen Zukunft: einer heruntergekommenen Großstadt, überwacht von gesichtslosen, behelmten Soldaten und terrorisiert von bösartigen Raubtieren. Aber in dieser bedrückenden und unterdrückenden Umgebung gibt es furchtlose Individuen, Rebellen mit einem Anliegen, die bereit sind, alles zu riskieren, um die abscheuliche Unterdrückung zu beenden – so zumindest ein Versuch, dieses rätselhafte Stück kurz zusammenzufassen. Man muss es wirklich selbst sehen, der visuelle Stilwille und die Regie sind überwältigend. (Mark Dippé)
Auszeichnungen
A Gentlemen’s Duel Tim Miller / Blur Studio, Inc. (US)
Ein episches Duell zweier Aristokraten um die Aufmerksamkeit einer hübschen Dame. Eine brandheiße dampfgetriebene Animation, die an einen klaren traditionellen Stil erinnert, garniert mit einem Hauch von Anime. Dieses Art von Stück lässt einen das Medium vergessen, man lehnt sich zurück und lacht sich durch die wunderbar gespielte und geschriebene Geschichte. (Boo Wong)
Ark Grzegorz Jonkajtys, Marcin Kobylecki (PL)
Ark ist die Reise eines einzelnen Mannes in eine sehr dunkle Welt, mit einem unerwarteten und emotional stark ansprechenden Ausgang, der dem Stück eine beachtliche Tiefe und psychologische Resonanz verleiht. Der Look dieser gestylten Welt ist ebenso überzeugend wie seltsam und erlaubt dem Stück, mehrere Bedeutungsebenen anzubieten, die das Werk auch bei wiederholter Betrachtung lohnend machen. (Ken Perlin)
Anerkennungen
Und zu guter Letzt haben wir noch die Anerkennungen. Auch hier gilt: Es war nicht leicht, aus der Vielzahl würdiger Einreichungen die letzten zwölf herauszuschälen. Genauer gesagt – es war so schwer, dass wir mit der Zahl der Anerkennungen nicht unter 14 kamen. Nachdem sich auch all unsere Trickserei zur Reduktion der Zahl als erfolglos erwies, erhielten wir spezielle Dispens (ich glaube ja, dass Christine Schöpf und Hannes Leopoldseder unsere Diskussionen leid waren und ihnen bewusst wurde, das nur ein Kompromiss die Einhaltung des Schlusstermins retten konnte). Wir hoffen bloß, damit keinen unangenehmen Präzedenzfall geschaffen zu haben! Hier jedenfalls unsere 14 Anerkennungen, von denen jede einzelne aus der unglaublichen Gruppe von 489 Einreichungen hervorragt.
Pirates of the Caribbean: Dead Man’s Chest Hal Hickel – Industrial Light & Magic (US)
Davy Jones und seine Crew sind ein bemerkenswertes Team bei der Schaffung menschenähnlicher Gestalten. Deren Design ist fehlerlos, und sie sind auch schauspielerisch absolut glaubwürdig – in Gesichtsausdruck und Gestik ebenso wie in der Integration und Interaktion mit den lebenden Schauspielern und dem Set. Sie liefern ein Gefühl von Wirklichkeit, wie man es noch nie zuvor gesehen hat. Unsere Komplimente an all die Leute, die in die Schaffung dieses Meisterwerks imaginativer Figurengestaltung und digitaler Handwerkskunst eingebunden waren. (Sabine Hirtes)
Monster Samurai Moto Sakakibara / Sprite Animation Studios (US)
Ein wunderschön designtes und animiertes Beispiel japanischer Erzähltradition. Ein geschickt nach 3D transferierter 2D-Manga-Stil – Tempo, Handlung und Ausdruck entsprechen perfekt dem Handlungsfaden und ziehen einen unwiderstehlich in die Geschichte hinein. Ein traditionelles Samurai-Drama mit unerwarteten Wendungen und einem Schuss Humor. Hoffentlich wird dieser Teaser einmal ein Film oder eine TV-Serie – oder womöglich beides! (Sabine Hirtes)
Fetch Dana Dorian / Axis Animation (UK)
Cartoon-Animation auf höchstem Niveau! Die klassischen Prinzipien des Zeichentrickfilms wunderschön in eine 3D-Umgebung übertragen. Reduziertes Design, das die punktgenaue Animation unterstreicht und zu einer boshaften Pointe führt, ohne allzuviel zu zeigen. Ein großartig Beispiel für die Bedeutung der Storyline und des Timings in dieser Art von Kurzfilm-Animation. (Sabine Hirtes)
Apnée Claude Chabot / Autour de Minuit (FR)
Apnée hinterfragt auf sehr intelligente Weise das Konzept der Animation und denkt es neu. Die gesamte Animation findet nur in einigen wenigen diskreten Augenblicken statt, wobei sie klug die Beziehung zwischen dem Seher und jenem narrativen Raum dekonstruiert und erhellt, in dem eine gefilmte Story sich entfaltet. (Ken Perlin)
Sigg Jones Mathieu Bessudo, Douglas Lassance, Jonathan Vuillemin / Supinfocom Arles (FR)
Mit einer äußerst modernen Ausdrucksweise in Animation, grafischem Design, Timing und Struktur der Geschichte wird Sigg Jones zur ultimativen stilisierten Kampfsequenz. Was so alles in einem Power-Drink steckt … Keineswegs ein billiger Werbespot, viel eher eine ganz andere Welt von sanftem Licht und grafischen Kanten. Genau auf den Punkt. (Boo Wong)
Happiness Factory Kylie Matulick, Todd Mueller / PSYOP (US)
In diesem fast schon ansteckenden Werbespot kauft ein Mann ein Cola am Automaten – und wird in die Maschine hineingezogen, in eine wilde Welt von Gesang, Tanz und allgemeiner Fantasie und Heiterkeit auf höchster Stufe. Das Wunderbare an diesem Stück ist die Art, wie der Betrachter nahtlos in diese Welt eingebunden wird, in der eine verrückte Vision auf die andere folgt und so in Wellen ein quietschfideles Universum aus Fantasiegestalten aufbaut, die alle zu einem fröhlichen Beat singen und tanzen. (Ken Perlin)
One Rat Short Alex Weil / Charlex Films (US)
Verliebte Laborratten – etwas, zu dem auch wir einen Bezug bekommen. Der Straßenbub und seine hübsche Prinzessin eingesperrt in einen Käfig. Eine wunderschön durchgeführte Geschichte von zum Scheitern verdammter Liebe. Das teuflische Roboter-Laboratorium ist futuristisch und gefährlich. Die Ratten sehen umwerfend aus, und wir können ihren Schmerz spüren. (Mark Dippé)
Chaos Theory Gergely Szelei, Barna Buza, Zoltan Szabo / Conspiracy demogroup (HU)
In den frühen 1980er Jahren machten sich junge talentierte Computerhacker einen Sport daraus, die Einführungsszenen von Spielen zu verändern und ihre Cracks auch zu etikettieren. Bald kamen erweiterte Versionen in Mode, die Crack-Introductions (Crack-Intros oder „cracktros“), bei denen in Echtzeit visuelle Effekte mit Musik kombiniert wurden, um mit der eigenen Programmiergeschicklichkeit anzugeben. Kurzum: Die Demo-Szene war geboren. Seither hat sich die visuelle und musikalische Qualität so immens verbessert, dass daraus eine eigenständige Kunstform geworden ist. Chaos Theory ist eine großartige 64k-Demo, eine Sonderform von Demos, die sich auf diese (erstaunlich kleine) Menge Aufgangscodes und -daten beschränkt. Dies ist ein schönes Stückchen Code ebenso wie eine schöne visuelle und musikalische Erfahrung – Ars Electronica wörtlich genommen. (Sabine Hirtes)
Gnarls Barkley „Crazy“ Robert Hales (UK) / HSI, Vanessa Marzaroli / Blind (US)
Eine elegante Animation, die wie angegossen zu einem großartigen Song passt. Wenn auch ihre abstrakten Formen, Gesichter, Muster und Rorschach-Tintenflecke an traditionelle Animation erinnern, so ist dieses hypnotische Stück vor allem wegen des Einsatzes digitaler Techniken zur Erschaffung von so organisch wirkenden Bildwelten wunderbar. (Mark Dippé)
Travelers „Snowball“ Weta Digital, Ltd. (NZ)
Bräute, Autos, Parkbänke, Lübecker Hütchen und Geleeformen haben eine Menge Gemeinsames, wenn sie einen Hügel hinunter rollen. Genau das, was wir Katamari-Damacy-Fans und schon immer vor unserem geistigen Auge gesehen haben. (Boo Wong)
Renkan Nobuo Takahashi / Nagoya City University (JP)
Ein großartiges Beispiel der abstrakten Metamorphose von 3D-Formen. Die fotorealistische Lichtgestaltung integriert die 3D-Objekte in ihre fotografischen Hintergründe und beleuchtet die Formen äußerst vorteilhaft. Ein fesselndes Stück und der Beweis, dass diese Art von Arbeiten noch immer vital ist. (Mark Dippé)
Silent Hill – Making of Stéphane Ceretti / BUF (FR)
Es kommt nicht häufig vor, dass einem Horrorfilm vollständig durchgeführte Visual Effects zuteil werden. Mit ihrer Grenzenlosigkeit schlägt die Computergrafik die üblichen Blut-und-Gedärm-Einsätze um Längen. (Boo Wong)
Même les pigeons vont au paradis Samuel Tourneux / BUF (FR)
Ein heiteres Stück über eine Personenverwechslung und den grimmigen Gevatter Tod. Filmstil, Kamerawinkel, Timing, Umsetzung – all das ist erstklassig, und die Regie ist zauberhaft, mit einem eindeutig europäischen Touch. (Mark Dippé)
Lost Odyssey – Opening Cinematics Hironobu Sakaguchi / Mistwalker, Mikitaka Kurasawa / ROBOT Communications (JP)
Lost Odyssey zeigt einen einsamen Helden, der sich mit einer Armee riesiger Krieger herumschlägt. Die von diesem Stück geschaffene Atmosphäre ist wirklich großartig, mit einer meisterhaften Beherrschung der Kamera und des Kinoraums. Die Schlacht selbst ist aufregend und wandelt höchst professionell auf dem schmalen Grat zwischen Realismus und Fantasy. (Ken Perlin)
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