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Prix Ars Electronica
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Prix-Jury

 
 
Veranstalter
ORF Oberösterreich

Geräte, Geld ... oder TalenT?

Die Animationsjury bestand aus Chris Wedge, dem Animation Director und Eigentümer der Blue Sky Studios; Mitch Mitchell, Leiter der Abteilung Special Effects der Moving Picture Company; Rolf Herken, Präsident und Leiter der R&D-Abteilung von Mental Images; Michael Wahrman und Mickey McGovern, Executive Producer von Millfilm Ltd.

Wir haben die Einreichungen mit dem Ziel betrachtet, eine Goldene Nica, zwei Auszeichnungen und zwölf Anerkennungen zu vergeben für Werke, die eine Weiterentwicklung der Computeranimation erkennen lassen, und diesen Begriff "Weiterentwicklung" haben wir sowohl technisch wie auch künstlerisch verstanden.

Das war nicht ganz einfach, denn wir hatten 179 Einreichungen in drei Tagen zu betrachten und diese große Zahl auf 15 zu reduzieren. Und eine der Hauptfragen war die starke Präsenz von Industrial Light & Magic, die sieben ihrer Filme für den Prix Ars Electronica eingereicht hatten. ILM arbeitet seit über 20 Jahren im Bereich digitaler visueller Effekte und ist auf diesem Gebiet extrem kompetent. Natürlich gab es auch andere Unternehmen, die digitale Visual Effects eingereicht haben, und eine Menge Arbeiten von Studenten. Aber niemandem stand auch nur annähernd jene Menge an Geld, Talent, Ausrüstung, Regiekunst und Management zur Verfügung, wie dies bei ILM der Fall ist. Die Jury hatte einige Sorge, daß der Bewerb stark zu Gunsten von ILM ausfallen könnte.

Trotz dieser Bedenken gelang es uns aber bereits nach der ersten Runde, das Feld auf 45 Möglichkeiten einzuengen ­ 45 Einreichungen, die von Stories und Charakteren getragen wurden, die Botschaften vermittelten, künstlerische Fähigkeit ausdrückten, die interessant anzusehen waren, provozierend und kreativ, die Ideen auf faszinierende Weise transportierten.
Und allen gelang dies durch den Einsatz von Computertechnologie ­
Kunst durch Mathematik, wenn man so will.

Die Goldene Nica wurde Scott Squires von ILM für "Dragonheart" zugesprochen. Das Werk kommt aus einem abendfüllenden Film, in dem ein computergenerierter Drache mit einem menschlichen Hauptdarsteller interagiert. Der Drache bewegt sich realistisch ­ was ich natürlich nicht beweisen kann, weil ich noch nie einen Drachen gesehen habe, aber wenn ich mir einen Drachen vorstelle, dann bewegt er sich genau wie dieser!
Seine Schuppen, Oberflächenstrukturen, Farben und sonstigen Merkmale sind überzeugend herausgearbeitet, und er spuckt auf eine äußerst glaubhafte Weise Feuer. Wenn der Drache spricht, bewegt sich sein Mund lippensynchron zum Text, er hat eine echte Mimik, und seine Augen zwinkern wie die von Sean Connery. Er atmet. Er hat Geist, und um die Sache für Scott Squires noch schwieriger zu machen ­ er muß auch mit Wasser interagieren. Wasser fällt nicht einfach, es tropft, es spritzt, es bleibt hängen, es ist feucht, und wir wissen, wie es aussieht und wie es reagiert. Da kann uns keiner was vormachen. Draco, der Drache, ist ein wunderschönes, erstaunliches, unglaubliches und doch glaubwürdiges Stück Filmkunst.

Eine Auszeichnung wurde Chris Wedge für "Joe`s Apartment" zuerkannt. Diese kleine unabhängige, ebenfalls abendfüllende Filmproduktion bringt tanzende und singende Küchenschaben im Stil von Busby Berkley ­ und es sind eindeutig fröhliche Persönlichkeiten. Das Rendering ist sehr schön, die Schaben sind absolut photorealistisch ­ das heißt, sie sehen aus, als hätte man Küchenschaben dressiert, ihnen das Singen und Tanzen und das Halten von flammenden Reden beigebracht. Sie fesseln einen vollständig und gewinnen jede Sympathie, wenn sie rund um ein schmuddelig-speckiges Handtuch singen und tanzen und in der Toilettenmuschel ein Wasserballett à la Esther Williams aufführen!

Wir haben insgesamt 13 Anerkennungen ausgesprochen, weil wir uns nicht auf eine zweite Auszeichnung einigen konnten. Wir waren hin- und hergerissen zwischen den zahlreichen Werken mit wunderbarer Regie und großartigen digitalen Bildern, mit Beispielen kreativen Geschichtenerzählens und beeindruckender Charakterdarstellung ­ kurzum, mit einer Vielzahl kreativer Stile, die alle durch Einsatz von computergraphischer Technologie entstanden sind. Für das nächste Jahr wünsche ich mir noch mehr Einreichungen aus jeder nur erdenklichen Quelle. Ich weiß, daß die Aufgabe der Beurteilung wieder schwerer werden wird, weil die Qualität der Einreichungen von Jahr zu Jahr weiter steigt. Und ILM ist einer der Gründe, warum die Werke immer besser werden ­selbst die Spitze gibt sich Mühe, sich bei jedem neuen Film selbst zu übertreffen.

 
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