Das Hysterie und Langeweile thematisierende Projekt HAME von Laura Beloff entstand im Rahmen des Artist-in-Residence-Programms.
Dieses Projekt wurzelt in einem Interesse an extremen Verhaltensweisen wie Hysterie und Langeweile. Beide Phänomene gelten als geistige Zustände, die sich im Verhalten einer Person niederschlagen und an diesem abgelesen werden können. Außerdem handelt es sich dabei an sich um Frauenleiden. Sigmund Freuds Hysterie-Fallstudie Bruchstück einer Hysterie-Analyse (Dora) diente dieser Arbeit als freie Skriptvorlage.
Die Installation HAME besteht aus zwei im Raum angeordneten (plastischen) Objekten. Auf die Objekte sowie um sie herum ertönen Klänge. Die Benutzer können mit der Arbeit interagieren, indem sie drei verschiedene Mäntel tragen. Im Rahmen der Installation hat jeder einzelne Mantel eine unterschiedliche Funktion. "Forward-jacket", "Rewind jacket" und "Repeat jacket". Ein hysterischer Anfall könnte etwa bewirken, dass sich jemand Dinge in umgekehrter Reihenfolge vorstellt oder Objekte / Ereignis durch andere Objekte / Ereignisse ersetzt. Langeweile wird durch einen statischen und sich wiederholenden Daseinszustand verursacht. Basierend auf diesen Überlegungen stellen die projezierten Videoclips animierte, sich wiederholende Gesten dar.
Die Videoclips sind kurz und minimalistisch. Sie sind Fragmente, die mit Hysterie und Langeweile sowie mit deren Ursachen in Zusammenhang stehen: Gesten, die neurotisch wiederholt werden, wie der Videoclip, der eine Person mit Waschzwang zeigt. Andere Clips beziehen sich auf Sexualität und Begierden; so werden etwa ein "fallendes" Kleid oder Körper, die in der Horizontalen liegen, gezeigt. Einige Videoclips erlauben einen kurzen Blick auf mögliche Katastrophen: Bilder davon, wie Milch verschüttet wird oder wie jemand endlos und vergeblich im Kreis geht. Die in den Bildern gezeigten Bewegungen und die ständige Wiederholung der Clips sind unnaturalistisch und maschinenartig; segmentiert, getimt und rhythmisiert. Auch die verschiedenen Funktionen der Jackets - forward / rewind - beziehen sich auf maschinenartige Funktionen. Die gesamte Ästhetik der Visuals / Sounds ist gewollt künstlich. Die Bilder sind extrem manipuliert, die Klanglandschaft ist zur Gänze elektronisch und digital.
Das Klangdesign von Markus Decker entstand unter besonderer Rücksichtnahme auf das Design des visuellen Teils. Sehr strenge Rhythmen folgen den Bewegungen auf dem Bildschirm und konstruieren so einen Zusammenhang zwischen Optik und Sound. In Abhängigkeit von der jeweiligen Situation setzen sich die Klänge aus Frequenzfragmenten und reinen Frequenzen zusammen. So entsteht eine statische Atmosphäre, in der durch rein digitalen Sound künstliche Merkmale erzeugt werden. Von einem eher technischen und strukturellen Standpunkt aus kann man diese Arbeit als "passiv-interaktiv" bezeichnen, da ihre Strukturen nicht navigierbar sind und sie den Betrachtern keine unterschiedlichen Interaktionsmöglichkeiten bietet, während sie doch gleichzeitig auf deren Interaktion angewiesen ist, um zu "laufen".
Diese Arbeit stellt eher eine "Analyse" dar als eine narrative Geschichte. Sie ist von abstraktem und fragmentiertem Charakter und schafft so eine ästhetische und emotionale Atmosphäre.
Produziert im Rahmen des Ars Electronica Center Artists-in-Residence-Programms und des Pepinières Künstleraustausches.
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