Es ist der Event der Superlative. Mit über 195 Millionen Zusehern zählt der Eurovision Song Contest 2015 zu den größten Fernsehereignissen der Welt. Mit dabei, wenn auch nur für eine halbe Minute, die Spaxels des Ars Electronica Futurelab aus Linz.
Fotos und Text: Martin Hieslmair / English version
So eine Gelegenheit darf man sich nicht entgehen lassen. Nachdem Conchita Wurst den Eurovision Song Contest mit ihrem Song „Rise Like a Phoenix“ nach 48 Jahren wieder nach Österreich holte, war klar, dass sich die „Alpenrepublik“ auch im Jahr 2015 von ihren besten Seiten zeigen wird. Es dauert nicht lange, bis die ersten Konzepte der „Postcards“ beim österreichischen Fernsehsender ORF einlangen – schließlich stellen diese Videoclips jedes Jahr die SängerInnen und ihre Herkunftsländer kurz vor ihrem eigentlichen Live-Auftritt einem Millionenpublikum in einprägsamen Bildern vor.
Die Filmfirma Gebhardt Productions GmbH mit Sitz in Mödling bei Wien hat mit ihrem Konzept des filmischen Brückenbauens – in Anlehnung an „Building Bridges“, das Motto des Eurovision Song Contest 2015 – überzeugt. Jede Künstlerin und jeder Künstler wird im Kurzfilm zu Hause mit einem Paket überrascht, um schließlich in ein außergewöhnliches Erlebnis in Österreich einzutauchen. Das Duo Electro Velvet, der Beitrag Großbritanniens beim Song Contest, unternimmt dabei einen Ausflug nach Linz und trifft für den Dreh dieser Postcard auf die blinkenden Spaxels des Ars Electronica Futurelab. Aber jetzt alles nochmal von vorne.
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13. April 2015, 14:00. Das Wetter meint es zu dieser Zeit nicht ganz so gut mit dem Team des Ars Electronica Futurelab. Das typische April-Wetter und der eine oder andere Regenschauer lassen sich hin und wieder blicken. Noch ist das Filmteam unterwegs nach Oberösterreich, die Zelte sind aber bereits am Donaupark in Linz aufgeschlagen – mit Blick über die Donau auf das Ars Electronica Center, direkt auf der Wiese zwischen LENTOS Kunstmuseum und dem Brucknerhaus.
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Die Startmatten der 12 Spaxels liegen bereits im Gras. Spaxels? Das sind die mit einem LED-Modul ausgestatteten Quadrocopter des Ars Electronica Futurelab. Mit ihren Lichtpunkten können die „Space Pixels“ im Schwarm dreidimensionale Objekte, Formen und Animationen in den Nachthimmel zeichnen. Jedem fliegenden Pixel ist es dabei möglich, eine beliebige Farbe anzunehmen.
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Noch ist es hell und es bleibt genügend Zeit, das Flugfeld einzurichten und erste Testflüge zu machen. Für das Set-Up der Show braucht es einiges an Equipment, das vor dem Flug aufgebaut werden muss: Das Zelt, in dem die einzelnen Spaxels, ihre Batterien und ihre Piloten untergebracht sind, Funkantennen zum direkten Ansteuern der Quadrocopter, und nicht zu vergessen das Flugfeld, von dem sie starten werden.
Auch die Absperrungen werden vorbereitet – aus Sicherheitsgründen dürfen sich keine Personen in diesem Bereich aufhalten, sobald die Spaxels in der Luft sind. Die Spaxels selbst haben ebenso Sicherheitsvorkehrungen wie einen Geo-Fence einprogrammiert.
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Ein neues Wolkenfenster tut sich auf. Endlich können die Spaxels auf ihre Startpositionen gestellt werden. Die Zeit der Einzeltests ist gekommen. Funktioniert die Kommunikation zu den einzelnen Spaxels? Leuchten sie in allen Farben? Wie sauber ist das GPS-Signal vor Ort? Gibt es Störungen aus der Umgebung? Und wissen die Spaxels auch wirklich, auf welcher Seehöhe sie sich gerade befinden?
Das Wetter bessert sich noch mehr – ein gutes Zeichen, schließlich können die Spaxels nur im Trockenen fliegen. Und wenn kein starker Sturm hinzukommt, könnten sie es aber auch bei den tiefsten Minusgraden wie im schwedischen Umea oder aber auch bei sandigen Verhältnissen wie in Dubai (dazu gibt es ebenfalls einen ausführlichen Bericht).
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Das ist auch das Spannende an diesem Forschungsprojekt. Diese Art an „Display“ hat es noch nie zuvor gegeben – und bei jedem Auftritt lernt das Team des Ars Electronica Futurelab etwas hinzu. Da kann es schon einmal vorkommen, dass noch vor Ort kleine Anpassungen an den Geräten gemacht werden.
Die Tests gehen gut voran. Jetzt dürfen sie nicht nur einzeln sondern auch in kleineren Gruppen fliegen. Ist ein Test zu Ende landen sie entweder wieder auf dem Boden der ihnen zugewiesenen GPS-Koordinaten, oder aber sie werden per Hand eingefangen. Solange sie noch so wenige sind, geht das noch ganz gut.
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Das April-Wetter zwingt das Team doch noch zu einer weiteren kurzen Pause. Alle Spaxels werden wieder unter das Zelt gebracht und wenige Minuten später wieder aufgestellt. Jedes Spaxel hat nicht nur eine individuelle Nummer sondern auch einen eigenen Namen – und die Ersatzbank ist ebenso mit zusätzlichen Spaxels bei eventuellen Ausfällen befüllt.
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Die Einzeltests sind abgeschlossen, jetzt kommt es zum ersten Schwarmflug an diesem Tag. 12 Spaxels starten gleichzeitig in die Luft.
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12 Spaxels sind mittlerweile keine wirkliche Herausforderung mehr, denn bei anderen Shows sind es meist mehr. Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt zur voestalpine Klangwolke 2012 zierten gar 49 Spaxels gleichzeitig den Linzer Nachthimmel. Ein riesiger Outdoor-Formationsflug, wie es ihn zuvor noch nie gegeben hat.
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Horst Hörtner, Senior Director des Ars Electronica Futurelab und Erfinder der „Spaxels“, hatte die Idee zu diesen fliegenden Leuchtpunkten. Inspiriert wurde er dabei von der Natur, denn Glühwürmchen haben ihn immer schon fasziniert.
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Und wenn man in die nahe Zukunft blickt, wird es wahrscheinlich nicht mehr lange dauern, bis diese Art an Fluggeräten kleiner wird und sie in einem viel größeren Schwarm gleichzeitig in der Luft kreisen und leuchten.
Aber zurück zum Filmdreh für den Eurovision Song Contest 2015. Während die letzten Flugtests stattfinden, sind auf der anderen Seite der Donau beim Ars Electronica Center Bianca Nicholas und Alex Larke eingetroffen. Die Sängerin und der Sänger bilden das Duo „Electro Velvet“ und treten gemeinsam für Großbritannien zum Eurovision Song Contest mit dem Lied „Still in Love with You“ an.
Mit Blick auf die Leuchtfassade des Ars Electronica Center wird zunächst die Übergabe des Päckchens abgefilmt. Der Inhalt: Ein ganz spezieller Zauberstab. Horst Hörtner begrüßt die beiden Briten und führt sie hin zum Flugfeld der Spaxels.
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Die Produktionsfirma Gebhardt Productions über ihr Konzept des Filmdrehs:
„Die Zuspieler-Postkarten des Eurovision Song Contests bieten dem jeweiligen Austragungsland jedes Jahr die Chance das Land und seine Bewohner den knapp 200 Millionen Zusehern des Song Contests vorzustellen. Dieses Jahr wurde die Mödlinger Firma Gebhardt Productions mit der Produktion der Österreichischen Postkarten beauftragt, die besonders die moderne und innovative Seite Österreichs in den Mittelpunkt der Postkarten stellte. Die Einbindung der Ars Electronica war somit ein Muss.“
Zurück über die Brücke auf die andere Donauseite. Die Spaxels sind startbereit, das Filmteam ist im Donaupark angekommen, die Stadt Linz zeigt sich von ihrer schönsten Seite.
Auch das Ars Electronica Center, das Museum der Zukunft, zeigt von außen, was es kann. Die Fassade mit 38.500 LED-Lampen beginnt bei eintretender Dunkelheit zu leuchten – für den Filmdreh hat es an diesem Abend der Union Jack, die Nationalflagge des Vereinigten Königreichs, auf die 5.100 Quadratmeter große Fassade geschafft.
„Das britische Duo, Electro Velvet, war vom Einsatz und der Choreographie der Spaxels des Futurelab restlos begeistert und hat sich gefreut diese ganz andere Seite Österreichs kennenlernen zu dürfen. Obwohl am Drehtag Regen und Sturm angesagt war, hielt das Wetter überraschend gut und die Spaxels konnten ihre Licht- und Flugkünste problemlos unter Beweis stellen.“, so Gebhardt Productions.
Jetzt stehen Nahaufnahmen mit Bianca, Alex und Horst auf dem Drehplan und mittlerweile ist es schon dunkel genug, dass sich das Leuchten der Spaxels voll entfalten kann.
Regen gibt es keinen mehr an diesem Tag, der Outdoor-Flug ist gesichert. Doch eigentlich gibt es auch eine Indoor-Variante der Spaxels – ganz ohne GPS, denn schließlich besteht im Innenraum kein direkter Kontakt zu den GPS-Satelliten.
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Beim Ars Electronica Festival, das auch heuer wieder von 3. bis 7. September 2015 in Linz stattfinden wird, konnten sich die BesucherInnen letztes Jahr selbst ein Bild davon machen, wie sie sich in Räumen bewegen. Das wird 2015 auch der Fall sein.
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Dabei wurden auch die Smart Atoms vorgestellt, eine weitere Variante der Indoor Spaxels. Hier sind sie scheinbar magisch miteinander verbunden – wird ein Spaxel in die Hand genommen oder angestupst, reagieren die anderen des kleinen Quadrocopter-Schwarms.
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Beispiele, wie und wo Spaxels zum Einsatz kommen, gibt es mittlerweile schon einige. So arbeitet Mercedes-Benz gemeinsam mit dem Ars Electronica Futurelab an der Gestensteuerung für autonome Fahrzeuge.
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Oder sie sind Teil einer überraschenden Showeinlage, so wie vor kurzem im chinesischen Shenzhen beim Intel Developer Forum 15. Mit den Spaxels hat Brian Krzanich, Chief Executive Officer Intel Corporation, seine Opening Keynote ausklingen lassen.
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Zurück in Österreich starten die Propeller der Spaxels und heben die 12 Leuchtpunkte in den Himmel. Mehrere Animationen wurden einprogrammiert, die nun zum ersten Mal der Filmcrew präsentiert werden.
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Theoretisch ist es sogar möglich, sie für Light Painting einzusetzen. Auch das haben die Spaxels schon einmal ausprobiert – dank Langzeitbelichtung bei der Aufnahme entstanden damals an gleicher Stelle wunderschöne Lichtobjekte.
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Die Quadrocopter selbst, also ohne Steuerung und LED-Modul, stammen übrigens vom deutschen Hersteller Ascending Technologies. Das Ars Electronica Futurelab hat sich dabei für den Typ Hummingbird entschieden.
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Und: Für das erste große internationale Medienecho sorgte übrigens vor zwei Jahren der Spaxels-Auftritt in London. 2013 buchte Paramount Pictures die leuchtenden „Space Pixels“, um gleich neben der Tower Bridge das Star-Trek-Logo in den Himmel zu zaubern und für den Film „Star Trek Into Darkness“ die Werbetrommel zu rühren.
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Linz, April 2015. Der Abend hat den Nachtmodus aktiviert und die letzten Sequenzen der Postcard für den Eurovision Song Contest werden gedreht.
Mehrmals startet der Schwarm auf Anweisung des Regisseurs in die Luft. Während die Batterien händisch getauscht werden, wird die Filmkamera umpositioniert.
Regisseur Daniel Lwowski über den Filmdreh:
„Mit den Minidrohnen des Ars Electronica Futurelab zu drehen, den sogenannten Spaxels, war wirklich aufregend. Es ist faszinierend, was die ForscherInnen und KünstlerInnen der Ars Electronica mit diesem Drohnenschwarm anstellen können. Mich hat besonders die Verbindung von Forschung und Technik mit der Kunst fasziniert. Mit den Spaxels kann man ‚Bilder‘ kreieren, die man so noch nicht gesehen hat. Ähnlich dem ‚Kugel-Ballett‘ beim ESC in der Stadthalle, aber mit noch einer Freiheitskomponente mehr.“
Der Zauberstab aus dem Päckchen wird gezückt. Wie zwei DirigentInnen lässt „Electro Velvet“ die Spaxels in der Luft tanzen und in allen möglichen Farben blinken.
Einige Zaungäste haben sich entlang der Donau versammelt, um das Spektakel aus der Nähe zu betrachten. Wie bei jedem Formationsflug ist vor allem die Perspektive des Publikums entscheidend – denn dreidimensionale Figuren sehen von jedem Betrachtungswinkel anders aus.
Ein paar letzte Sequenzen werden gedreht und dann heißt es schließlich: Spaxels landen lassen, einsammeln, zusammenpacken, abbauen. Die nächsten Shows stehen an.
Wer weiß, welche Städte und Orte sich noch nach Linz, London, Bergen, Ljubljana, Brisbane, Umea, Sharjah, Berlin, Hannover, Dubai, Las Vegas und Shenzhen einreihen werden. Wir werden uns überraschen lassen.
Weitere Infos zum Team des Ars Electronica Futurelab, zur Story der Spaxels und ihrer Shows, und auch einige technische Details finden Sie auf ars.electronica.art/spaxels. Wie so ein Spaxels-Einsatz aussieht, dokumentiert das Feature aus Dubai. Oder stöbern Sie durch die Sammlung unserer Spaxels-Abenteuer auf dem Ars Electronica Blog.