Mutter und Sohn = Realität trifft Kunst (Z.U.K.U.N.F.T. der Unendlichkeit)

Brigitte & Jonathan Meese (DE)

360° film / installation

Die erste Virtual-Reality-Produktion von Jonathan Meese und seiner Mutter Brigitte Meese ist eine Reise ins Herz der Diktatur der Kunst.

Mutter und Sohn = Realität trifft Kunst (Z.U.K.U.N.F.T. der Unendlichkeit), 2018/Brigitte & Jonathan Meese (DE), Credit: Rene Paepke

Im virtuellen Atelier des Künstlers erleben die BetrachterInnen die Entstehung eines 360°-Gesamtkunstwerks der Zukunft: Der schlafende Künstler hat wunderbare, inspirierende Träume. Da betritt seine Mutter den Raum, bringt Kaffee und treibt ihn zum Malen an. Eine weitere Mutter Meese kommt hinzu, dann noch eine, dann noch eine … und der Künstler im Schaffensrausch malt, denn „Kunst ist einfach mal loslegen, und schon ist es geiler als Picasso“ (Jonathan Meese). Während Clouzots berühmter Film Le mystère Picasso (1956) den kreativen Akt noch auf einer zweidimensionalen Fläche zeigt, sind die BetrachterInnen hier mitten im Geschehen und treten in dessen Mysterium ein. Der weiße Atelier-Raum wird zur mehrdimensionalen Leinwand. Mehrere Mütter kommentieren, bewerten und provozieren eine Arbeit, die eine Reflexion über Alfred Hitchcock, Anthony Perkins, Richard Wagner und Joseph Beuys ist. Sie mündet in eine zwingende Erkenntnis: Jeder Mensch ist ein Künstler, zumindest unter dieser VR-Brille.

In einer mehrjährigen Kooperation mit ARTE erforschen die Berliner Festspiele/Immersion gemeinsam mit KünstlerInnen die Möglichkeiten und Grenzen der Medien Virtual Reality Experience und 360°-Film. Während die Technologie SpielentwicklerInnen bereits seit Jahren inspiriert, beginnen heute auch KünstlerInnen mit dem Medium VR zu experimentieren, um neue Räume für die Kunst zu erschließen – und zu erkunden.

Mutter und Sohn = Realität trifft Kunst (Z.U.K.U.N.F.T. der Unendlichkeit) / Brigitte & Jonathan Meese (DE), Credit: tom mesic

Für die Erstpräsentation vom 21. bis 29. April 2018 wurde der von Jonathan Meese gestaltete Raum im Gropius Bau wieder aufgebaut. BesucherInnen konnten dort die Entstehung eines Kunstwerks im Kunstwerk selbst erleben. Seit diesem Zeitpunkt ist der Film auch in der kostenlos erhältlichen ARTE360 VR-App für die Systeme iOs, Android, GearVR und Daydream und auf der ARTE-Website verfügbar.

Credits:

With Brigitte Meese, Jonathan Meese
Directed by: René Päpke, Robin von Hardenberg
Concept/Idea: Jonathan Meese
Dramaturgy: Henning Nass
Dramaturgical consultation: Thomas Oberender, Jutta Wangemann
Props: Caroline Rössle-Harper 
Camera: Philipp Wenning 
Camera assistant: Kevin Ruhland, Mats Meisen 
Music: Bernhard Lang
Editor: René Päpke
Production: Julia Schmejkal 
Compositing/3-D: Paul Schunack, Alexander Court, Lukas Scholz, Dennis Röscheisen 
Sound: Sven Mühlender 
Technical direction: Kobalt Martin Michaels 
Chief of lighting: Andreas Schwab 
Lighting: Julian Lück 
Berliner Festspiele/Immersion 
Artistic Director: Thomas Oberender
Technical Director: Matthias Schäfer 
Project Coordinator: Marie-Kristin Meier 
Project Assistant: Adrian Waschmann 
Technicians: Ivan Jovanovic, Sybille Casper, Mirco Neugart, Martin Zimmermann
Atelier Jonathan Meese 
Coordination: Doris Mampe, Mathilde Walter 
Construction and logistics: Stephan Kallage 
Editorial team: Simon Ofenloch (ZDF/ARTE), Kay Meseberg (ARTE360/ARTE G.E.I.E.), Caroline Mutz(ARTE G.E.I.E.), Jochen Werner (Berliner Festspiele), Annina Zwettler (ARTE Deutschland) 
„SAXOPHONE SOLO from the second act of the opera MONDPARSIFAL BETA 9–23“ 
Original title PARZEFOOL – DER TUMBE THOR
Music and text: Bernhard Lang 
© by G. Ricordi & Co. Bühnen- und Musikverlag GmbH 
With friendly permission of the Universal Music Publishing Group 
A recording of Österreichischer Rundfunk (Radio Österreich 1) 
Unit manager Jens Jamin (ORF) 
Recording engineer Andreas Karlberger (ORF) 
With thanks to Bayerische Staatsbibliothek München/Image archive 
Production KOBALT Kreation, Berliner Festspiele/Immersion, ZDF/ARTE 
© Kobalt Kreation | Berliner Festspiele/Immersion | ZDF/ARTE 2018

Websites:


Bio

Jonathan Meeses (DE) bildnerisches Werk steht in der Tradition des Gesamtkunstwerks und umfasst Malerei, Skulptur, Installation, Performance, Zeichnung, Collage und Theaterarbeit. Bereits mit seiner Ausstellungsbeteiligung auf der 1. Berlin Biennale 1998 erfuhr sein Werk breite Anerkennung. In einer überbordenden Installation, in der sich die verschiedenen Materialien von Kopien, über Zeichnungen und Poster bis hin zu Faschingsmasken wie in einem Kinderzimmer über alle Teile des Raumes ergossen, feierte er unterschiedslos HeldInnen und AntiheldInnen der Weltgeschichte, der Mythologie, des Films und der Populärkultur. Schon hier wurde klar: Meese ist ein Weltenwerker. Unablässig baut, formt und malt er an einem großangelegten Entwurf der Herrschaft der Kunst.

Der Gedanke des Gesamtkunstwerks, der ausgeprägte Aspekt des Performativen, sowie die Vorstellung der Kunst als Gegenwelt, als „Diktatur der Kunst“, verbinden Meeses Werk von Anfang an mit dem Theater. Seine raumgreifenden Installationen zeigen früh die Begabung zur bühnenhaften Inszenierung. Und so wird Meese 1998 erstmals von Leander Haußmann eingeladen, ein Szenenbild für seinen Film Sonnenallee zu gestalten. 2004 bitten ihn Bert Neumann und Frank Castorf an die Berliner Volksbühne. Dort entwickelte er in den folgenden Jahren Bühnenbilder für Pitigrillis „Kokain“ (2004) und drei weitere Stücke. In einzigartiger Weise verband Meese dort Malerei, Skulptur und Installation. Gattungen, die er bis heute zwar getrennt bearbeitet, sie aber zunehmend zu einem „einzigen unübersehbaren Gebilde, gleichermaßen Manuskript, Bühne, Situation und Garderobe“ (Roberto Ohrt) zusammenfügt. Jonathan Meese verwirklicht sich darin den Traum einer grenzenlosen Kunst.

In einer performativen Theaterskulptur mit dem Titel „DE FRAU“, führte Jonathan Meese erstmals Regie. Er verführte die SchauspielerInnen zum freien Spiel, in das jeder ohne Vorgabe eingreifen konnte, und entfachte damit eine kleine Revolution an dem Ensemble-erprobten Haus. Weitere Bühnenbilder entstanden für Wolfgang Rihms Oper „Dionysos“, die bei den Salzburger Festspielen 2010 unter der Regie von Pierre Audi uraufgeführt wurde und, ebenfalls unter Audi, die Barockoper „Médée“ von Marc-Antoine Charpentier am Théâtre des Champs-Élysées in Paris 2012.

Erste Berührung mit Richard Wagners „Parsifal“ hatte Jonathan Meese 2005 durch die Einladung der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Parallel zur Inszenierung des „Parsifal“ im großen Haus performte er insgesamt fünf Mal auf eigener Bühne im Depot der Staatsoper. Hier, unterhalb des eigentlichen Bühnenraums, erspielte sich Meese seine eigene Version der Oper, in der er Bühnenbildner und einziger Akteur in Personalunion war. Nach einer gescheiterten Einladung in den wagnerianischen Musentempel in Bayreuth für 2016 brachte der Künstler 2017 mit „MONDPARSIFAL ALPHA 1–8“ (Wiener Festwochen) und „MONDPARSIFAL BETA 9–23“ (Berliner Festspiele) erstmals eine Oper auf die große Bühne und war dabei in Personalunion für Regie, Bühne und Kostüm verantwortlich.