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./logicaland
Ein partizipatives Weltsystem

Michael Aschauer, Josef Deinhofer,
Maia Gusberti, Nik Thönen

./logicaland ist ein kollektives Simulationsspiel auf der Basis eines globalen Weltmodells der siebziger- Jahre, das außerhalb seines ursprünglichen Kontextes für ein partizipatives Online-Spiel adaptiert wurde. In Spielrunden zu 22 Stunden können, ausgehend von „realen“ Startwerten aus dem Jahr 2000, Finanzund Resourcenverteilungen von 185 Staaten in einem interdependenten Welt-System manipuliert werden. Die Parameteränderungen der Teilnehmer werden zu „Stimmabgaben“ und fließen serverseitig gemittelt wieder in die Simulation ein.

./logicaland ist eine Multi-User-Platform, ein „Gesellschafts-Spiel“, ein Spiel von sozialen Kräften, die miteinander oder gegeneinander arbeiten, in dem eine vernetzte Community Visionen
entwickeln, kollektiv Strategien verfolgen und Weltbilder (um)gestalten kann – ein Spiel
ohne Gewinner und Verlierer und ohne vorgegebene Ziele.

Tatsache ist aber auch, dass die sozialen, politischen und ökonomischen Vorraussetzungen
94 Prozent (1) der Weltbevölkerung von vornherein vom Spiel ausschließen,
„dass es de facto kein Netz gibt, wenn man nicht daran angeschlossen ist“ (2).
./logicaland ist folglich als Experiment innerhalb der – im Wesentlichen „westlich“
dominierten – „Internet-Bevölkerung“ determiniert. Die Reflexion über die Grenzen
der „Demokratisierung durch die digitale Vernetzung“, über die herrschenden Machtstrukturen
und die ungleichen Möglichkeiten politischer Teilnahme und Mitsprache
ist ein zentrales Thema von ./logicaland.

./logicaland versteht sich als Statement im Kontext der „Globalisierung“, als Prototyp eines potenziellen Tools einer neuen „kognitiven Aufklärung“ (3) und als Diskussionsgrundlage
für eine diszplinübergreifende Auseinandersetzung mit (alternativen) Welt-
Entwürfen, Welt-Bildern, digitaler Kultur und demokratischer Partizipation. Es ist ein
Versuch zur Visualisierung unserer Welt und deren ineinandergreifender Mechanismen,
mit der Absicht, das Bewusstsein für komplexe global-ökonomische Zusammenhänge
zu erweitern, die Sensibilisierung für gesellschaftliche und politischen Abhängigkeiten
zu fördern, vor allem aber: die Wahrnehmung der eigenen individuellen Verstrickungen
und Möglichkeiten im Netz des „sozialen Systems“ zu schärfen.

(1) Überschlagsrechnung Internetuser/Weltbevölkerung nach Daten aus dem CIA World Fact Book
2001
(www.odci.gov/cia/publications/factbook/index.html)

(2) Siehe dazu auch: Olu Oguibe: Die Vernetzung und das Schicksal der Nichtvernetzten in: (www.heise.de/tp/english/inhalt/co/6551/1.html)

(3) Im Sinne von Philippe Quéau: „In einer Welt, die vom Informationsfluss angetrieben wird,
werden die Benutzeroberflächen, die die Information sichtbar machen – und der zugrundeliegende Code – zu enormen sozialen Kräften. Ihre Stärken und Beschränkungen zu verstehen, ja an der Schaffung besserer Werkzeuge mitzuwirken, sollte Teil des bürgergesellschaftlichen Engagement sein. Diese Werkzeuge haben ebenso großen Einfluss auf unser Leben wie Gesetze, und wir sollten sie einer ähnlichen Prüfung unterziehen. Wir müssen die Annahmen, welche den von uns immer häufiger bewusst oder unbewusst benutzten kognitiven Mitteln zugrunde liegen (Simulationsmodelle, Rechen- und begriffliche Modelle, kognitive Muster, Statitiken) besser verstehen. Eine neue ,kognitive‘ Aufklärung ist erforderlich.“ (Quéau, Phillipe: „Das globale Gemeinwohl“, in: Rötzer, Florian: Megamaschine Wissen: Vision: Überleben im Netz, Frankfurt/New York: Campus, 1999)