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Weltkarten – Change the Map
Ars Electronica zeigt aktuelle Weltprojektionen, in denen der nationalstaatlich legitimierten Geografie die Wechselwirkungen und Bruchstellen unserer modernen Informationsgesellschaft überlagert werden: Cybergrafien einer Welt der Daten- und Informationssysteme, deren Meridiane die ökonomischen, ökologischen und politischen Kraftlinien sind. Künstler als Kartographen.
Der thematische Schwerpunkt Change the Map beim Festival versammelt exemplarische, unter dem Motto 'Weltprojektionen' subsumierbare künstlerische Ansätze, deren gemeinsamer Aspekt Bezugnahmen auf die Kartografie sind. Darüber hinaus weisen sie eine weitere methodische Gemeinsamkeit auf, nämlich 'Welt' aus spezifischen Prozessen heraus zu projizieren. 'Bezugnahme auf die Kartografie' heißt in diesem Zusammenhang, durch Konfrontation mit topologischen Weltmodellen eine Kritik der topografischen Weltanschauung (und davon geprägter Handlungsmuster) - wenn nicht explizit zu formulieren - so doch anzuregen.
„Die Bedeutung der Kartografie resümiert nicht nur in einer Methode, die Welt zu beschreiben. Vielmehr hat sie sich aus historischer Sicht – etwa in dem Kontext, wie die neuen See- und Landwege den europäische Kolonialismus begründeten - als ein Mittel zum Zweck erwiesen, die Welt zu erschließen und in der Folge zu determinieren. Mit der kartografischen Beschreibung selbst war gewissermaßen bereits eine Inbesitznahme verbunden, die wiederum in eine nationalstaatliche und / oder transnationale Geografie der Ökonomie mündete“, umreißt Heimo Ranzenbacher in seinem Katalogbeitrag die konzeptuellen Hintergründe.
Change the Map zeigt daher Projekte, welche diese nationalstaatlich legitimierte Geografie unserer Welt hinterfragen und durch Überlagerung mit den eigentlich wirksamen Kräftespielen und Machtstrukturen, Wechselwirkungen und Bruchstellen unserer modernen Informationsgesellschaft relativieren. So entstehen topologische Gegenmodelle zur bloßen (Politik der) Geografie - im Kontext der Daten- und Informationssysteme etwa 'Cybergrafien', deren Meridiane nunmehr die ökonomischen, ökologischen und politischen Kraftlinien sind.
Wenn Peter Fend beispielsweise Weltkarten zerschneidet, wird sein Schnittmuster von den Wasserressourcen bestimmt. Die Fend'sche Weltkarte zeigt nicht mehr direkte nationale Einflusszonen, sondern transnationale ökologische Zonen der Abhängigkeit (und möglichen Konflikte; so wie Fend ja auch ursächliche Verbindungen zwischen geopolitischen Konfliktherden und solchen Wasserscheiden sieht). Die Kritik am 'geografischen Denken', das eine statische und daher durch klare Abbildung repräsentierbare Welt imaginiert, entzündet sich beispielsweise konkret an der Idiotie der Investitionen in eine 'Star Defence Intiative' angesichts so realer Bedrohungen, wie sie der Biosphäre aus der Erwärmung der Meere und Flüsse, dem Ozonloch etc. erwachsen. Den Weltprojektionen der Künstler liegt hingegen ein eher systemisches Denken zu Grunde.
*Klimakonverter* (Jauk / Ranzenbacher) bemüht dieses Denken direkt für die Erzeugung eines Klimas auf Basis der Verschränkung objektiver globaler Wetterdaten mit dem 'Reden über das Wetter', wodurch wieder eine klimatisch determinierte Weltkarte entsteht.
Minitasking (schoenerwissen), ./logicaland (Aschauer, Deinhofer, Gusberti, Thönen) oder auch They Rule (Josh On, Futurefarmers) und Carnivore (Radical Software Group, RSG) erschaffen Cybergrafien durch die Visualisierung von Datenströmen, von politischen, ökonomischen und sozialen Beziehungen und von Entscheidungen, die egoistische Systeme stützen. Die Gruppe Social Impact wiederum kartografiert Schlupflöcher in der 'Festung Europa' und korrigiert so die Landkarte im Hinblick auf ihren subversiven Gebrauch. Und auch Net.flag (Mark Napier) reflektiert mit dem Angebot, im Internet ikonografische Versatzstücke existierender Flaggen zu individuellen Flaggen zu kombinieren, die Verzerrungen zwischen territorialer Identität und der Realität der vernetzten Welt.
Ein intentionales Vorbild findet der Ansatz dieser Ausstellung in gewisser Hinsicht in Buckminster Fullers 'Dymaxion Map' (die der Ars Electronica 2002 als Basis für ihr Logo dient) und seinen Konzepten der Darstellung der Welt nach Kriterien einer globalen, nicht zentralen Perspektive, wie er sie für den USA-Pavillon auf der Weltausstellung in Montreal 1967 entwarf aber nicht verwirklichen konnte.
Die Ausstellung Weltkarten – Change the Map ist von 8. bis 12. September von 10.00 bis 19.00 Uhr im Brucknerhaus zu sehen.
Raum & Designstrategien: Elsa Prochazka/A
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