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Sirikit Amann: u19 Jury Member
Du bist jetzt zum fünften Mal in der Jury von u19 und hast also einen gewissen Überblick über die Entwicklung bei den eingereichten Arbeiten. Welche Tendenzen liest du da ab?
Amann: Der Trend der letzten Jahre in Richtung Web hat sich verstärkt. Im Vergleich zu den vergangenen Einreichungen waren die Arbeiten 2001 von einer „scheinbaren“ Professionalität geprägt. Darunter verstehe ich Arbeiten, die so tun, als seien sie von professionellen Webagenturen für Großkunden konzipiert worden. Schaut man sich die Seiten dann genauer an, zerplatzt der Anspruch ziemlich schnell. Die Seiten sind oft nicht mehr als potemkinsche Dörfer. Es wird sehr viel Zeit und Mühe auf den Schein (visuelle Präsenz) gelegt, aber der Content fehlt oder ist nur in einer „autistischen“ Form vorhanden.
Die Kids sind aus der Phase der „Meine erste Webseite“ herausgewachsen und messen sich jetzt an ihren Vorbildern. Klar, dass sie diese kopieren, dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, wenn sie nicht vergessen, ihre eigene Persönlichkeit einzubringen, ihren eigenen „Blick“.
Kristallisierten sich bei den vergangenen Jurys relativ schnell jene Unterschiede heraus, die eine Seite zu den Topanwärtern machte, war das 2001 schon schwieriger. Die Seiten haben sich nivelliert, Ausreißer in die eine oder andere Richtung waren eher die Ausnahme. Einerseits mag das darauf zurückzuführen sein, dass die MM-Ausbildung in den Schulen immer besser wird, die Tools zur Erstellung von Websites erschwinglich sind und es zum „Standard“ gehört, eine eigene Website zu haben.
Andererseits stimmt mich die professionelle Fades mancher dieser Seiten schon eher traurig. Wo ist das Ruppige, das Andere, Trotzige, Quer zum Mainstream Denkende? (Ich will nicht das Wort Kreative gebrauchen, selbst wenn ich es mir wünsche.) Glaubt man den Attributen, mit denen Jugend so im Allgemeinen bedacht wird, sollte sich hier bei u19 der Kreativpool Österreichs versammeln. Nur so wirklich zündende Ideen, selbst wenn sie nicht perfekt ausgeführt sind, habe ich keine gesehen.
Ich weiß schon, dass sich bei offiziellen Wettbewerben die Cracks nicht in der ersten Reihe stehen, um ihre Arbeiten abzugeben, aber ab und an könnte sich schon einer aufraffen und seine Arbeiten einsenden. (An euch alle: Die Jury ist jung, ziemlich bunt und auf zack – nimmt euch mit offenen Armen.)
Ein anderer Trend - leider in die falsche Richtung – war im Musikbereich zu verzeichnen. Hatten wir im Jahr davor noch knapp 100 Beiträge, sind 2001 gerade mal heiße zehn Tracks eingesandt worden. Auf das Warum kenne ich keine Antwort. Ich kann nur vermuten, dass sie andere Kanäle suchen, um ihre Musik hörbar zu machen.
Gewundert habe ich mich auch, dass der Hype rund um SMS so gar keinen Widerhall gefunden hat, vielleicht mal abgesehen von Links auf Free-SMS-Seiten. Wo sind die kreativen Köpfe, die kleine Animationen für Handys produzieren und sie auf ihren eigenen Websites anbieten?
Also stellt sich für mich die Frage: Ist die jetzige Jugend unter 19 einfach fad und ideenlos? Perfekt im benützen von Tools? Oder nur zu schüchtern, ihre Arbeiten zu posten? Ich hoffe ja, dass ich 2002 eine Antwort bekomme!
Vergangenes Jahr war die Jury ja nicht so übermäßig glücklich mit den eingereichten Arbeiten, die Entscheidungen sind nicht leicht gefallen. Wo siehst du die Defizite in den Arbeiten der Jugendlichen?
Amann: Seit Beginn von u19 war dies sicher die schwierigste aller Jurys. Dadurch, dass sich keine Arbeit so richtig als Goldene Nica anbot, gab es mehrere Kandidaten für den Gewinn. Die Argumente für die einzelnen Arbeiten waren genauso stichhaltig wie die dagegen. So drehten wir uns im Kreis. Die Defizite im Webbereich hab ich ja bereits einwenig angerissen. Interessant ist auch, dass auf den ersten Blick die Youngsters mit mehr Medienkompetenz ausgestattet sind als die, die gegen 19 gehen. Aber hier mag der Schein trügen. Aufgefallen ist uns jedoch, dass das obere Altersegment bei der Umsetzung seiner Ideen eher über technische Hürden stolperte, als am so im allgemeinen vermuten würde.
Selbst im Animationsbereich, in dem sich meistens gleichwertige Arbeiten matchen, um unter die Top 15 zu kommen, war der Esprit irgendwie unter die Räder gekommen.
Wir hatten über 900 Einreichungen, und die Erwartungen waren dementsprechend hoch. Und hier kann ich vielleicht auch nicht mit einer leisen Kritik an uns Jury-Mitglieder sparen: Wir haben uns etwas erwartet (etwas Diffuses, aber es muss eine Lichtgestalt sein), das dann nicht da war. Weil uns die Hoffnung, hier „das Andere“ zu finden, das in der Erwachsenenwelt auch nicht zu finden ist, durch die Jury trug, blieb uns am Ende nur Ratlosigkeit.
Was erhoffst du dir persönlich für den diesjährigen Wettbewerb?
Amann: Durch die neue Mischung der Jury erwarte ich mir neue Akzente und Blickwinkel. Mein Herz hängt an dieser Sparte des Prix Ars Electronica, weil er trotz meiner Kritik an den Arbeiten die größte Bündelung aller möglichen Spielarten der digitalen Medien ist. Ich weiß, dass das die Jugendlichen auch erkannt haben.
Ganz persönlich hoffe ich ja, dass manche der Einreichungen nicht so tierisch ernst sind und dass wir daran einfach Spaß haben!
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