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bitforms gallery


'Steve Sacks Steve Sacks

Ich gründete die Galerie bitforms, um die Möglichkeiten der digitalen Kunst zu ergründen. Um Kategorien und Horizonte künstlerischen Schaffens neu zu definieren. Um neue Kunst zu entdecken. Um Sammlern sowohl neuer als auch alter Schule ein Informationsforum zu bieten.

bitforms repräsentiert Künstler, die digitale Werkzeuge als integralen Bestandteil ihres Schaffensprozesses einsetzen. Diese Werkzeuge eröffnen den Künstlern neue Möglichkeiten, Information zu interpretieren, zu manipulieren und zu visualisieren. Darin liegt die Evolution in der Kunst. Als Galerist, der sich auf diese Art von Kunst spezialisiert hat, ist es für mich wichtig, selbst mit den Werkzeugen vertraut zu sein. Wie und warum werden sie eingesetzt? Sind sie notwendig? Der grundlose Einsatz von Technologie für schnelle Resultate kann sich sowohl für den Künstler als auch für die Galerie als nachteilig erweisen.

Zu den Arbeiten, die wir ausstellen, zählen zum Beispiel reaktive Skulpturen, Datenvisualisierungen, Ton- und Videoinstallationen, digital geschaffene Skulpturen, Fotomanipulationen, Mixed-Media-Produktionen und Softwarekunst. Obwohl allem das gemeinsame Thema des Einsatzes von digitalen Werkzeugen zugrunde liegt, stehen Idee und Ausführung der Arbeiten an erster Stelle. Ist die Idee neu? Regt sie zum Nachdenken an? Ist sie relevant? Erweckt sie Aufmerksamkeit? Viele dieser Fragen sind zugegebenermaßen subjektiv, dennoch kann ein Prozess des historischen Vergleichens und Forschens bei der Definierung und Positionierung aller Arbeiten helfen. Tatsächlich verwenden Künstler seit Jahrhunderten verschiedene Technologien als Inspiration oder Werkzeug. Der Einsatz digitaler Technologien gestaltet sich jedoch anders, besonders dann, wenn Software selbst Kunst schafft oder eine Arbeit beeinflusst.

Die Kategorie von Kunst, die bitforms vor die größten Herausforderungen hinsichtlich Definition, Vermarktung und Legitimation stellt, ist die Softwarekunst. Wie kann man sie sammeln? Wie definieren? Was ist sie wert? Was wird sie in Zukunft wert sein? Kann sie archiviert werden? Wie ist sie aufzubewahren?

bitforms repräsentiert zwei Kategorien von Softwarekunst, und zwar „gerahmte“ und „ungerahmte“. Die Begriffe mögen traditionell klingen, die Praxis unterscheidet sich jedoch stark von gerahmten und ungerahmten Drucken und Gemälden. In beiden Fällen sind Fragen zur Technik und zum Einsatz zu bedenken. Weitere Erwägungen betreffen die Qualitäten Vernetzung, interaktiv, reaktiv und passiv. Sie alle lassen den Sammler die Kunst unterschiedlich erleben und verlangen unter Umständen nach anderen Varianten der Lagerung und Handhabung.

Gerahmte Softwarekunst
Gerahmte Softwarekunst, wie die von Manfred Mohr, ist objektorientiert und entspricht eher den traditionellen Maßstäben von Kunst. Die Software ist üblicherweise ein Unikat und in einen Rahmen oder ein eigens angefertigtes Gehäuse eingebettet. Mohrs Arbeit gründet sich auf die Frakturierung der Symmetrie eines Würfels innerhalb der kartesianischen Koordinaten. motions ist der Titel von Mohrs neuen Arbeiten im Bereich der Animation und Bewegung innerhalb des Systems binärer Entscheidungen. Diese passiven Arbeiten, die von Mohrs selbst geschriebenen Programmen generiert werden, werden über handgefertigte Computerstationen und Flat-Screens dargestellt und enthalten subtile Abläufe, die Einblick in den Denkprozess hinter Mohrs Schaffen bieten.

Daniel Rozin hat in seinen Arbeiten Mirrors #2, #5, #6 reaktive, auf Bildschirm präsentierte Softwarekunst geschaffen. Die Arbeiten binden den Beobachter in eine spiegelartige Interaktion ein. Über Videoinput wird die Form interpretiert, und jeder Spiegel präsentiert eine expressionistische Sammlung von Farben, Formen und Bewegungen. Alle drei Objekte haben zum Thema, wie digitale Bilder und Bewegungen reproduziert und wahrgenommen werden.
Gerahmte Arbeiten werden in verschiedenen Editionen oder als Einzelstücke zum Verkauf angeboten, wobei die Verkaufspreise üblicherweise höher liegen als bei ungerahmten Objekten. Bei gerahmten Arbeiten hat der Künstler vollständige Kontrolle darüber, wie das Kunstwerk funktioniert und ausgestellt wird. Oft ist der Rahmen oder das Gehäuse der Software konzeptuell an das Objekt gebunden. Manche Künstler arbeiten bei der Schaffung ihrer Objekte mit anderen zusammen, während wieder andere die notwendigen Fähigkeiten besitzen, um das gesamte Kunstwerk selbst zu fertigen. Die Softwarekunst-Objekte müssen robust und leicht zu pflegen sein. Im Allgemeinen enthalten sie eine gewisse Garantiezeit und eine detaillierte Pflegeanleitung. Aufgrund des Hardwareanteils ist beim Gebrauch Vorsicht geboten.
Ungerahmte Softwarekunst
Ungerahmte Softwarekunst ist etwas schwieriger zu definieren und zu handhaben. Sie wird auf CD erworben und kann gerahmt oder je nach Wunsch des Sammlers ausgestellt werden. Die Arbeiten können interaktiv und passiv, Teil eines Netzwerks oder eigenständig sein. bitforms hat Einzelarbeiten in Auflagen von 10 bis 250 Stück verkauft. Jede CD ist signiert und originalverpackt.

Für uns bei bitforms ist es wichtig, wie die Objekte ausgestellt werden. Dazu braucht es Aufklärung, die damit beginnt, wie das Kunstwerk präsentiert und eingesetzt werden sollte. Wir empfehlen einen eigens zu diesem Zweck eingerichteten Computer mit Bildschirm, auf dem die Arbeit ausgestellt wird (eine Softwarekunst-Station). In der Galerie steht dafür der ideale Platz zur Verfügung, und zwar zwei in einem rotierenden Stahlarm schwebende 18-Zoll-Touch-Screens mit einer versteckten Dell-CPU mit drahtlosem Netzwerkanschluss, Maus und Tastatur. Um Kunden bei der Handhabung ihrer Softwarekunst zu helfen, haben wir ein Verwaltungstool entwickelt, das es dem Sammler erlaubt, Objekte hinzuzufügen, zu entfernen und auszuwählen. Ist das Softwarekunstwerk geladen und in das System integriert, muss der Sammler nicht mehr zum Computer zurückkehren. Das ist ein wichtiger Schritt in der Schaffung eines isolierten Systems zur Betrachtung von und Interaktion mit Softwarekunst. Ein von uns empfohlenes System zur Ausstellung von Softwarekunst sind die All-in-one-Systeme von ezscreen. Diese maßgefertigten Anlagen enthalten CPU und Touch-Screen als integrierte Hardware. Sie sind in 15 und 18 Zoll erhältlich und hängen an der Wand wie ein Gemälde oder eine Wandskulptur. Die Einfachheit und Flexibilität dieses System macht das Sammeln und Ausstellen von Softwarekunst sehr einfach.

Es gibt verschiedene Sammler dieser Art von Kunst, zum Beispiel Sammler der alten Schule, die von den Arbeiten und den niedrigen Einstiegskosten fasziniert sind. Neue Sammler reizen die neuen Technologien und der interaktive Charakter bestimmter Objekte. Zu den Interessenten zählen außerdem Museen, die auf dem Laufenden bleiben möchten, was neue Entwicklungen in der Kunst betrifft. Einige der Fragen, die sich alle Sammler stellen, sind: Was erwerbe ich hier eigentlich? Welche Rolle spielt der Künstler? Ist das wirklich Kunst? Der Sammler erhält vom Künstler festgesetzte Regeln oder Parameter. Diese Regeln machen die Kunst. Sie sind die Essenz aus Erfahrung und ästhetischer Richtungsweisung. Man könnte sie auch als Code sehen, den der Künstler schreibt. Dass dieser Prozess als Kunstform in Frage gestellt wird, ist keine Überraschung.

Ein Problem hinsichtlich ungerahmter Softwarekunst ist das Konzept ihrer Präsentation über ein eigens dafür angeschafftes System. Obwohl die Kosten von Flat-Screens und CPUs im Laufe der letzten Jahre drastisch gesunken sind, bedarf es noch immer einer gewissen psychologischen Überzeugungsarbeit, wenn es darum geht, einen Computer nur einer einzigen Aufgabe zu widmen. Viele Kunden erwerben daher eine Arbeit und installieren sie neben ihren anderen Programmen auf ihrem Arbeitscomputer. Für mich ist das so, als kaufte man einen Druck und legte ihn in eine Zeitschrift. Es lenkt vom Objekt ab und schmälert das Kunsterlebnis. Ein weiteres Problem ist der Vergleich mit Bildschirmschonern. Diesen wird in der heutigen Gesellschaft wenig Beachtung geschenkt, sie gelten als temporäre visuelle Erscheinungen. Auch das stellt die Legitimität dieser Art von Kunst auf die Probe.

Eine weitere Variante von ungerahmter Softwarekunst nützt eine Netzwerk- oder Internetverbindung. Ein Beispiel dafür ist Mark Napiers Waiting Room – ein kollaboratives Netzwerkobjekt innerhalb eines virtuellen Raumes, an dem sich 50 Benutzer über das Internet beteiligen. In diesem Raum werden die Besucher Teil eines beweglichen Bildes. Ihre Handlungen aktivieren und gestalten das Kunstwerk und erzeugen so verschiedene Stimmungen auf dem Schirm, von angespannt bis atmosphärisch, von dunkel bis hell, von ruhig bis chaotisch. Jeder Mausklick erzeugt eine Form, einen Schatten oder eine Wand, einen Anflug von Architektur oder eine Überblendung. Da es sich hier um ein Objekt auf einem Server handelt, verkaufen wir die Arbeit in Form von Anteilen, und zwar 50 Stück zu je USD 1.000. Eine Möglichkeit, dieses Objekt möglichst breitenwirksam zu bewerben, war eine Softwarekunst-Veranstaltung im Haus eines Sammlers, in deren Rahmen der Waiting Room während der gesamten Party lief. Die Sammler, die nicht dabei sein konnten, wurden mit dem Objekt verbunden und standen mit den Besuchern vor Ort in Kontakt. Mark Napier war selbst anwesend, sprach über seine Arbeit und stand für Fragen zur Verfügung. Das war der perfekte Rahmen, um das Konzept der kollaborativen Netzwerkkunst in einem sozialen Umfeld zu erleben. Außerdem erhielten die Anwesenden die Gelegenheit zu sehen, auf welch unterschiedliche Weise man diese Kunstform leben und erleben kann.

Die Arbeiten von Golan Levin und Casey Reas stehen mit dem abstrakten Expressionismus in Verbindung. Sie sind organische Interpretationen von Form, Bewegung und Interaktivität. In Golan Levins Floccus wirbeln vom Benutzer gezeichnete, geschmeidige Fäden um einen sich bewegenden imaginären Abfluss am Cursor. Diese Fäden, die entgegengesetzten Impulsen ausgesetzt sind und ihren Zustand zu erhalten streben, während sie sich gleichzeitig zum Cursor hin oder von ihm weg bewegen möchten, finden die Balance, indem sie dichte, verworrene Knäuel bilden. Tissue von Casey Reas folgt den Bewegungen Tausender synthetischer Nervensysteme. Durch das Positionieren einer Anzahl von Punkten auf dem Schirm kann der Benutzer mit der Software interagieren. Durch das wiederholte Setzen und Umsetzen dieser Punkte lernt man über das subtile Verhältnis zwischen dem Input durch das Positionieren der Punkte und dem reichhaltigen visuellen Output das Gesamtsystem verstehen.

Softwarekunst öffnet Türen. Sie bindet ein. Sie hat kein Ende. Ob sie nun zum wertvollen Sammlerstück wird oder nicht. Ich bin überzeugt, dass sie ein Teil der Kunstwelt werden wird. Ihre Schönheit und die Möglichkeiten, die sie bietet, sind von unwiderstehlicher Anziehungskraft. Die Künstler sind überaus talentiert. Und die Welt verdient ein neues kreatives Schaffensfeld.

Aus dem Amerikanischen von Elisabeth Wiellander