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Ars Electronica 2003
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Audiopad


'James Patten James Patten / 'Ben Recht Ben Recht

Audiopad ist ein Kompositions- und Performance-Instrument für elektronische Musik, das die Position von Objekten auf einer Tischoberfläche verfolgt und deren Bewegungen als Musik wiedergibt. Man kann aus einer Vielzahl von Klangsamples wählen, gespeicherte Aufnahmen warmen synthetischen Melodien gegenüberstellen, Drum-Loops zu neuen Beats mischen und gleichzeitig auf dem selben Tisch Digitaleffekte einsetzen. Audiopad erlaubt nicht nur die spontane Neuinterpretation musikalischer Kompositionen, sondern ermöglicht außerdem den visuellen und taktilen Dialog zwischen Instrument, Künstler und Publikum.

Der Künstler kann drei verschiedene Objekte zur Klangerzeugung auf dem Audiopad-Tisch einsetzen. Ein „Track“ steht für einen Teil der Komposition, wie z. B. Melodie oder Percussion, wobei jeder mehrere Klangsamples enthält. Das „Mikrofon“ regelt die Lautstärke jedes Tracks: Liegt er näher am Mikrofon, so ist er lauter als jene, die weiter entfernt sind. Diese räumliche Mischtechnik erlaubt es dem Künstler, den Pegel vieler verschiedener Tracks gleichzeitig zu regulieren, was mit Dreh- oder Schiebereglern schwierig und mit Computertastatur und Maus unmöglich zu erreichen ist. Mit Hilfe des dritten Objekttyps, des „Modifikators“, kann der Künstler den Klang jedes einzelnen Tracks verändern. Er kann damit digitale Effekte steuern und für jeden Track neue Samples wählen.

Jede Bewegung der Objekte wird auf dem Tisch grafisch dargestellt. So ist etwa jeder Track von einem rotierenden Farbbogen umgeben, der Änderungen in Lautstärke und Tempo des Tracks widerspiegelt. Samples, die mit dem jeweils laufenden verwandt sind (vom Künstler festgelegt), werden durch einen Bogen neben dem Track gekennzeichnet. Der Künstler kann schnell von einem verwandten Sample zum nächsten springen, indem er den Track zwischen ihnen verschiebt. Audiopad ist somit nicht nur das Instrument zur Wiedergabe der Komposition, sondern auch ihre Verkörperung. Die Interaktion zwischen der grafischen Darstellung, den Objekten auf dem Tisch und dem Künstler gewährt dem Publikum Einblick in die Realisierung des Musikstücks.

Audiopad nutzt eine Matrix speziell geformter Antennenelementen, die Teil einer in den Tisch integrierten horizontalen Sensoroberfläche sind. Die Resonanz dieser Antennenelemente kann die Position einer Gruppe von LC-Tags ermitteln. Jedes LC-Tag besteht aus einer kleinen, an einem Kondensator angebrachten Drahtspule, die bei einer bestimmten RF-Frequenz zu schwingen beginnt. Eine PC-Software stellt die über die Antennenelemente gesammelte Information auf der Tischoberfläche grafisch dar und wandelt sie in MIDI-Befehle für verschiedenste Synthesizer-Software um. Ein Videobeam projiziert die grafische Darstellung auf die Oberfläche des Audiopad-Tischs. Die Software zur Standortbestimmung der LC-Tags ist in C und C++ geschrieben, die übrige Software in Python und die Grafiken werden mittels OpenGL generiert.

Unsere Zielsetzung für Audiopad war die Modularität computerbasierter Synthese mit der Ausdruckskraft traditioneller Musikinstrumente zu kombinieren. Außerdem wollten wir dem Publikum einen kleinen Einblick gewähren, wie elektronische Musik wiedergegeben werden kann. Und Audiopad sollte rekonfigurierbar sein. Im Vorfeld jeder Performance werden Teile der Audiopad-Software umgeschrieben, wodurch wir mit neuen Performance-Techniken experimentieren und die Software an die zu präsentierende Komposition anpassen. Im Rahmen der Audiopad-Installation auf der Ars Electronica stechen einige dieser Interaktionen dem Besucher nicht unmittelbar ins Auge, sondern zeigen sich erst nach und nach in der persönlichen Auseinandersetzung mit Audiopad.

Aus dem Amerikanischen von Elisabeth Wiellander

Audiopad wurde am MIT Media Lab MIT Media Lab entwickelt.