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Ars Electronica 2006
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electrolobby – Make It Simple


'David Cuartielles David Cuartielles

Die electrolobby ist die Arena für Digital Culture & Lifestyle beim Ars Electronica Festival. Unter dem Titel Make it simple nimmt sie dieses Jahr den Mythos des elektronischen Nomadentums unter die Lupe. D. Cuartielles, der Kurator dieser Programmschiene, schildert kurz die Realität zeitgenössischer Kreativer in den Neuen Medien und wie diese in der electrolobby zur Darstellung kommt.
Ob als Laptop-Performer, Softwarekünstler, Webdesigner oder Netzwerkadministrator, wir nehmen alle teil am Reich der digitalen Tuareg. Mit dem Laptop als Tagelmust(1) meistern diese Nomaden die Kunst kreativen digitalen Gestaltens. Den Pfad offener Selbstausbildung beschreitend, haben sie Mittel und Wege gefunden, sich der Omnipräsenz der Medienkonglomerate zu widersetzen und sich intellektuelle Nischen in zeitgenössischen digitalen Lebensstilen zu schaffen.
Einfachere Arten von Software haben vielen den Zugang zur komplexen Wüste der Bits erleichtert. Tools wie Processing, PureData und deren Close-Source-Äquivalente haben es vielen ermöglicht, gemeinsam zu lernen und ihr Wissen mit ihren Praxisgemeinschaften zu teilen.
Andererseits sind wir auch Geburtshelfer der Open Hardware, einer neuen Kategorie von Tools, die hauptsächlich dazu gedacht sind, Licht in die etwas nebulöse Welt der Hardware zu bringen. Im Gegensatz zur Software besitzen diese eine physische Präsenz sowie einen völlig anderen Bestand an Grundelementen, Lizenzierungsstrategien und Produktionsmitteln. Elektronischen Nomaden eröffnen sich damit eine ganze Reihe alternativer Möglichkeiten, ihren Laptop zu „reiten“ und ihn mit neuartigen Sensortechnologien zu verknüpfen.
Die electrolobby bietet ein dicht verflochtenes Programm aus Workshops, Minishops, Gesprächen, Firmenbesuchen, interaktiven Arbeiten und Performances, gewürzt mit indigofarbenen Turbanen und der Offenheit einer Community von lernwilligen Schöpfern.

(1)
Tagelmust: Kopfbedeckung der Tuareg. zurück


Arduino-Workshop
http://www.Arduino.cc/


Arduino ist eine Open-Hardware- und Open/Free-Software-Initiative von David Cuartielles von K3 (Schweden) sowie Massimo Banzi und Dave Mellis vom Interaction Design Institute Ivrea (Italien), die alle auf dem Gebiet des Physical Computing tätig sind.
Arduino ging es von Anfang an darum, der Design- und Kunstcommunity ein Tool zur Entwicklung alternativer elektronischer Interfaces zur Verfügung zu stellen, die als natürlichere Verbindung mit Computern und digitalen Artefakten im Allgemeinen dienen können und es uns (Menschen) ermöglichen, auf neue, unvorhergesehene Weisen zu interagieren.
Das Projekt entstand aus dem Bedürfnis, eine Reihe von Tools für Elektronikprototypingkurse auf Kunst- und Designhochschulen zur Verfügung zu haben. Die Autoren wollten Form und Funktion miteinander verbinden, indem sie Designern und Künstlern einen Zugang zu den Grundlagen digitaler Technologien bieten.
Mehr als 20 Universitäten verwenden Arduino im Unterricht, einige davon auch in ihren Technikstudiengängen. Etliche Open-Source- (und Free-Software-)Communities haben Arduino als Plattform zur Verbindung mit der physischen Welt übernommen. Nach einem Pilotversuch in Madrid im Frühjahr 2006 hat das Projekt an einigen spanischen Schulen überdies auch Eingang in den Sekundarschulunterricht gefunden. Das gesamte Projekt läuft unter einer Creative-Commons-Lizenz, was es anderen erlaubt, ihre eigenen Platinen herzustellen.
Der Workshop bei der Ars Electronica führt anhand der Arduino-Plattform in die Elektronik für Design und Kunstinstallationen ein. Teilnehmer müssen kein Vorwissen über Elektronik oder Programmierung mitbringen, lediglich ein unvoreingenommenes Interesse an einer spannenden Woche mit einer Handvoll Bytes.

Prix Ars Electronica 2006, Anerkennung Digital Communities

Python-Workshop
http://www.mobilenin.com


Python lässt sich am besten mit einem Zitat aus Wikipedia definieren: „Python ist eine multiparadigmatische Programmiersprache. Das heißt, sie zwingt Programmierer nicht zu einem bestimmten Programmierstil, sondern lässt mehrere zu. Objektorientierte, strukturierte, funktionale und aspektorientierte Programmierung werden gleichermaßen unterstützt.“
Mit anderen Worten, es ist eine Skriptsprache, deren Design auf einfache Verwendbarkeit ausgerichtet ist. Sie ist extrem transportabel, so dass viele Mobilgeräte, aber auch eingebettete Systeme oder Spielkonsolen mit Interpretern für diese Sprache ausgestattet sind.
Python wurde unter einer GPL-Lizenz veröffentlicht und operiert mit einer Art Apache-Modell, sodass Entwickler sie leicht in ihre Systeme einbauen und auf unterschiedliche Plattformen ausschwärmen lassen können.
Auf der anderen Seite des Bildschirms haben Künstler und Designer die Möglichkeit, diese leistungsfähige Programmiersprache als Grundlage für die Entwicklung neuer Konzepte zu verwenden. In kurzen praktischen Kreativworkshops kann man lernen, digitale Inhalte mithilfe von Mobilgeräten zu bearbeiten, Videostreams auszutauschen, Storytelling-Applikationen zu bauen oder drahtlos mit anderen Systemen zu kommunizieren.

OpenFrameWorks-Workshop
http://www.openframeworks.


Erst in letzter Zeit sind normale Computersysteme leistungsstark genug geworden, um bildschirmfüllende Videos in Echtzeit zu verarbeiten. Mit den sinkenden Rechen- und Hardwarekosten für solche Systeme kommt die Videomanipulation und -analyse immer öfter in interaktiven Installationen und Performances von Künstlern zum Einsatz.
OpenFrameWorks ist eine neue plattformübergreifende C++-Open-Source-Bibliothek, die die C++-Programmierung erleichtern und zugänglicher machen soll. Die Entwickler schnüren unterschiedliche Bibliotheken wie OpenGL für Grafik, QuickTime für die Aufnahme und Wiedergabe von Filmen und Free Type für die Gestaltung von Schriften zu einem praktischen Paket, das
ein einfaches, intuitiv verwendbares Grundgerüst zur Entwicklung von Projekten mit C++ bildet. Es ist so gebaut, dass es mit frei erhältlichen Compilern arbeitet und auf allen Betriebssystemen läuft.
Schwerpunkt der Workshops mit OpenFrameWorks ist es, die Lernenden durch kreative Softwareprogrammierung und den intelligenten Einsatz von Objekterkennungstechniken beim Verfertigen fesselnder, herausfordernder und Sinn stiftender Arbeiten zu unterstützen. Die Workshops sind eine Mischung praktischer Ratschläge in den Bereichen Computergrafik und Animation, Programmierung und Objekterkennung.
Die Teilnehmer werden auch angeleitet, die ästhetischen Implikationen der Objekterkennungssysteme kritisch zu überprüfen und sich den Herausforderungen zu stellen, die ihr Einsatz für eine sinnvolle künstlerische Praxis mit sich bringt.

Interactivos?
http://www.interactivos.org


Interactivos? war ein am MedialabMadrid im Centro Cultural Conde Duque abgehaltener Workshop, der mit drei Entwicklern von Open-Hardware- und Software-Tools – David
Cuartielles, Zachary Lieberman und Hans-Christoph Steiner – organisiert wurde. Zwei intensive Wochen lang erarbeiteten 25 Teilnehmer in einer kreativen, energiegeladenen Atmosphäre gemeinsam 15 Projekte. Eine Auswahl dieser bei Interactivos? entwickelten Projekte wird in der electrolobby beim Ars Electronica Festival präsentiert.
Interactivos? war ein Hybrid aus Workshop, Ausstellung und Seminar, das sich weniger auf das Erlernen bestimmter Fertigkeiten konzentrierte, sondern eher auf die Durchführung wirklicher Projekte. Es wurde eine einzigartige Umgebung geschaffen, in der die Teilnehmer vom ersten Tag an gemeinsam an faszinierenden Werken arbeiteten, die die Grenzen von Physical Computing und Mensch-Computer-Interaktion ausloteten. Anstelle des typischen Lehrer-Schüler-Verhältnisses wurde ein offenes Format angestrebt, in dem die Teilnehmer Seite an Seite mit erfahrenen Praktikern und der Öffentlichkeit arbeiteten.
Interactivos? sollte ein spezifisches Bedürfnis der Madrider Community nach fortschrittlichen, produktionsorientierten Ereignissen stillen. Es ging darum, die einseitige Erfahrung normaler Workshops zu überwinden und eine Möglichkeit zu finden, solche Ereignisse einem größeren Publikum zu öffnen. Zunächst wurde der Ausstellungsraum, in dem der Workshop stattfand, über Nacht in eine Werkstatt umgewandelt. Am Ende des Workshops wurde er erneut zum Ausstellungsraum, in dem dann die enstandenen Arbeiten gezeigt wurden.
Die meisten der gezeigten Projekte sind als Prototypen zu verstehen oder als der Beginn einer längeren Forschungsarbeit. Der IC_Multidimensional Particle Projector for Emergent Processes zum Beispiel experimentiert mit der Verbindung von Computertechnik und Architektur. Präsentiert wird ein multidimensionaler Raum aus zellulären Automaten, die von den Besuchern manipuliert werden können und emergente Muster erzeugen, die als flüssige strukturelle Formen in einem 3D-Raum dargestellt werden.
Ein Forschungsbereich waren Physical-Computing-Projekte, die sinnvolle, schöne, aber auch kontroverse Beziehungen zwischen Menschen und Artefakten herzustellen versuchten. UrbanForest, White Lies und The Rocking Chair sind drei interaktive Prototypen, die die Sphäre des Persönlichen mittels haptischer Interaktion untersuchen. Waves ist eine kinetische und auditive Skulptur, in der die Formen und Geräusche von Bewegungen durch Interaktion mit dem Publikum physische Gestalt annehmen.
Zachary Lieberman leitete eine Gruppe, die mithilfe der neuen C++-Open-Source-Bibliothek OpenFrameWorks an Objekterkennungstechniken arbeitete. Davon werden vier Arbeitsergebnisse gezeigt: Predator, Memento, Magic Lamp und D3Sombra. Diese Projekte verbinden auditive und visuelle Reaktionen auf die Bewegungen der Besucher zu nahtlosen, organischen und spielerischen Interaktionsformen.
Interactivos? ist ein Teil der allgemeinen Strategie des MediaLabMadrid, fesselnde Umgebungen zur Erforschung und Erweiterung der Disziplin und des Diskurses der Medienkunst zu schaffen.

Aus dem Englischen von Wilfried Prantner