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Ars Electronica 2006
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The Beta Lounge


'Philip Dean Philip Dean

Die Ausstellung Beta Lounge auf dem Campus der Ars Electronica zeigt die Arbeit des Media Lab der Universität für Kunst & Design Helsinki (TaiK), Finnland. Seit seiner Gründung im Jahr 1994 spielt das Media Lab als Fakultät einer der führenden Universitäten für Kunst & Design eine äußerst aktive Rolle in der Entwicklung einer interdisziplinären universitären Ausbildung sowie im Bereich internationale Forschung & Entwicklung. Das Media Lab befasst sich mit dem breiten Themenspektrum, das sich in den neu entstehenden Wirkungsfeldern der interaktiven digitalen Medien und des digitalen Designs eröffnet. Die letzten zwölf Jahre waren eine Zeit der Experimente, der Suche und der Innovation. Heute ist das Media Lab Helsinki die am stärksten international ausgerichtete Universitätsfakultät Finnlands, deren insgesamt über 150 Mitarbeiter und Studenten aus allen Teilen der Welt kommen.

Das Media Lab ist im Kontext der Academia ein komplexer Hybrid, der aufgrund seines multidisziplinären und multikulturellen Charakters nicht so einfach zu beschreiben ist.

Die Aufgabe des Media Lab besteht darin, die neue digitale Technik und ihren Einfluss auf die Gesellschaft zu erforschen, zu sondieren und zu verstehen, Möglichkeiten, die diese in den Bereichen Kommunikation, Interaktion und Ausdruck eröffnet, zu entdecken und auszuwerten, sowie die Herausforderungen, vor die sie das Design und die kreative Produktion stellt, zu evaluieren, zu verstehen und zu bewältigen. Die Beta Lounge möchte die Herausforderungen aufzeigen, denen sich das Media Lab gemäß seinem Programm der letzten Jahre gestellt hat, sowie die Ergebnisse dieser Auseinandersetzung. Das Programm hat sich verändert und wurde in der kurzen Geschichte des Media Lab ständig erweitert. Neue Medien sind ein „sich schnell bewegendes Ziel“, sie sind von neuen Techniken abhängig, wobei ihr Potenzial zu einem Großteil auch durch die rasche technische Entwicklung und die Anwendung der Neuerungen als Konsumgüter für den Massenmarkt verwirklicht wurde.

Als Fakultät einer Universität für Kunst & Design ist das Media Lab Helsinki keinem bestimmten theoretischen, kulturellen oder philosophischen Standpunkt verpflichtet. Ausbildung und Forschung beruhen auf einem ausgewogenen Verhältnis von Theorie und Praxis, von Kopf- und Handarbeit. Die in diesem Rahmen entstehenden Produkte unterscheiden sich deutlich von traditionellen Entwicklungen. Sie existieren ausschließlich innerhalb von Computersystemen und lassen sich häufig am besten als Software beschreiben. Ihre Entwicklung, Verbreitung und kritische Einschätzung kann daher nicht auf den traditionellen Methoden und Werten von Kunst & Design basieren. Die Entwicklung neuer Medien hat in weiterer Folge auch neue Möglichkeiten im Bereich Kunst & Design hervorgebracht, die Wissensaustausch und Forschungskooperation zwischen Expertengruppen unterschiedlicher Fachrichtungen in einem internationalen Kontext verlangen.

Die Beta Lounge präsentiert die Arbeit von Studenten und der vier Forschungsgruppen des Media Lab. Sie versteht sich nicht als Retrospektive; vielmehr wurden mehrere Absolventen eingeladen, ihre ausgezeichneten Arbeiten in der Ausstellung zu zeigen.

Die Ausbildung am Media Lab Helsinki ist problemorientiert, die Studenten werden ermutigt, zu experimentieren und innovative Konzepte für ihre gemeinsamen Projekte zu entwickeln. Der interdisziplinäre Charakter der Fakultät wird durch die Einbindung von Austauschstudenten, von Studenten anderer finnischer Universitäten und Fakultäten des TaiK verstärkt. Die Studenten werden darüber hinaus ermutigt, ihre eigenen Stärken und Fachgebiete zu entdecken. Das Studium am Lab folgt keinem schematischen Lehrplan, und es wird auch nicht erwartet, dass die Absolventen eine Beschäftigung in einem bestimmten Industriesektor finden. Man hofft vielmehr, dass sie Positionen in Firmen und Organisationen einnehmen, in denen sie Entwicklungsprozesse beeinflussen und ihr multidisziplinäres und multikulturelles Verständnis einbringen können. Manche Absolventen gründen auch eigene Firmen oder entscheiden sich für eine Laufbahn in der Forschung.

Die Entwicklung der Forschung ist seit 1995 ein Schwerpunkt des Media Lab. Im Rahmen der zahlreichen nationalen und internationalen Projekte zu Forschung und Entwicklung konzentrierte sich das Media Lab auf digitales Design, experimentelle praxisorientierte Produktion, Designforschung sowie auf Projekterstellung, Führungsstil und Management. Beachtliche Bemühungen wurden auch in Rahmenprojekten zu angewandter Forschung der IST-Programme (Information Society Technologies Programmes) der EU sowie weiterer finnischer und EU-Programme unternommen. Die gezeigten Projekte beschäftigen sich mit so unterschiedlichen Themen wie digitalem Kulturerbe, E-Learning, hoch entwickelten interaktiven audiovisuellen Erzählsystemen sowie der Befähigung von Menschen, von der digitalen Entwicklung zu profitieren und ihr Leben mit digitalen Werkzeugen zu gestalten.

Finnland ist die Geburtsstätte und die Heimat von Nokia, und ein Land, von dem heute Innovation im Bereich mobiler Techniken erwartet wird. Wie in der Beta Lounge zu sehen ist, sind die Studenten und die Lehrenden des Media Lab zunehmend daran interessiert, für mobile Geräte zu designen und mit neuen Möglichkeiten der Interaktion zu experimentieren, bei denen das Telefon zu einem Eingabegerät und/oder Terminal wird, das die Menschen mit lokalen und globalen Informations-, Kooperations- und Unterhaltungssystemen oder wissenschaftlichen Inhalten verbindet.

Das Media Lab Helsinki ist seit 1994 ein richtungweisendes und leistungsfähiges experimentelles Umfeld, eine Beta Lounge für das Studium und die Entwicklung Neuer Medien. Die Studenten, Designer, Forscher und Künstler des Lab versuchen sinnvolle Lösungen zu entwickeln, die die neuen Möglichkeiten und Techniken an die wahren Bedürfnisse und Sehnsüchte der Menschen heranführen.
Aus dem Englischen von Martina Bauer

Arki Research Group


Wie wird sich unser Alltag durch all die digitalen Geräte, Netzwerke und Softwarelösungen verändern, die in unser Umfeld eindringen und unsere Handlungen mitbestimmen? Wurde uns diese Entwicklung von anderen vorgegeben oder haben wir noch die Möglichkeit, darauf Einfluss zu nehmen? Auf Fragen wie diesen basiert die Arbeit der Forschungsgruppe Arki. „Arki“ ist ein finnisches Wort für „Alltag“ und spricht das zentrale Thema der Gruppe an, deren Arbeit nicht auf Produktdesign ausgerichtet ist, sondern sich an den Interessen, Praktiken und der Lebensqualität von Individuen und ihrem Umfeld orientiert.

Die zwei wesentlichen Forschungs- und Entwicklungsansätze von Arki sind:
  • Möglichkeiten zu finden, die mehr Menschen erlauben, von der digitalen Entwicklung zu profitieren und ihr Leben mit digitalen Werkzeugen zu gestalten, und

  • die Entwicklung des Medien-Environments zu untersuchen und neue interessante Medienformate und -tools zu entwickeln.


  • Die aus 18 Mitgliedern bestehende Gruppe befasst sich mit Projekten, bei denen zukünftige Informationsumgebungen erforscht und gesellschaftliche Medienanwendungen und Tools für deren Gestaltung entwickelt werden. Prägend für die Aktivitäten ist die gemeinsame Gestaltung mit den zukünftigern Usern und der Industrie.
    http://arki.uiah.fi

    Systems of Representation (SysRep)


    Die Gruppe wurde 1997 von Lily Díaz-Kommonen gegründet und forscht im Bereich der Wissensrepräsentation mit Schwerpunkt „digitales Kulturerbe“. Folgende Themen stehen dabei im Mittelpunkt:
  • Visualisierungsmethoden und -tools,

  • digitale Kartografie,

  • Ontologie-Design und Implementierung,

  • Entwicklung von 3D-Schnittstellen.


  • Was versteht man unter digitalem Kulturerbe?
    Der Begriff Kulturerbe bezeichnet kulturelle und künstlerische Ausdrucksformen aus der jüngeren oder älteren Vergangenheit eines bestimmten Landes oder einer Kulturregion, die für eine Epoche oder künstlerische Entwicklung beispielhaft sind. Als wertvolles Relikt der Vergangenheit wird Kulturerbe sowohl als Zeugnis wie auch als Manifestation menschlicher Gegenwart quer durch die Geschichte gesehen.

    Nicht zuletzt durch die Entwicklung der Informationsgesellschaft und die damit verbundenen Tendenzen der Globalisierung, der wachsenden Vernetzung und der Möglichkeiten multimodaler Direktkommunikation, die gleichzeitig Gemeinschaften zusammenschließt und die Grenzen traditioneller Gesellschaften unterminiert, entwickelte sich in den letzten Jahren der Begriff des digitalen Kulturerbes für die Verwendung digitaler Methoden bei der Aufzeichnung und Bewahrung von Artefakten des Kulturerbes.

    Schlüsselprojekte in der Forschung:
    Digitales Faksimile der Landkarte von Mexiko 1550 (1997–Gegenwart)
    Untersuchung der Carta marina (2002–2004)
    Geschichtsbetrachtung aus der Sicht der Medien (1996–2000)
    http://mlab.uiah.fi/www/research/research_groups/systems_of_representation



    Crucible Studio for the Art and Design of Storytelling in New Media


    Das Crucible Studio widmet sich der Erforschung, Definition und Kreation neuer Formen des Geschichtenerzählens im Dialog mit aktuellen und zukünftigen Medientechnologien und Traditionen in Performance und Drama. Das 2002 gegründete Forschungsstudio befindet sich zwischen dem Media Lab und dem Media Centre Lume der Universität für Kunst & Design Helsinki, wodurch einer inhaltlich orientierten, praxisnahen und multidisziplinären Forschungsgruppe ein einzigartiges Umfeld mit professionell ausgestatteten und geführten Produktionseinrichtungen zur Verfügung steht. Die erfahrenen Künstler, Wissenschaftler, Designer und Ingenieure arbeiten mit Kunststudenten zusammen, um die emotionelle Wahrnehmung interaktiver Medien zu intensivieren, indem sie das interaktive Drama als kollektive Erfahrung inszenieren. Die Forschung basiert in erster Linie auf der internationalen Unterstützung von Universitäten und Firmen und wird durch die Rahmen-, Kultur- und IST-Programme der Europäischen Union finanziert, während die Grundlagen- und angewandte Forschung teilweise von der Finnischen Akademie und der TEKES, der Technologieagentur Finnlands, unterstützt werden.
    http://crucible.lume.fi

    Learning Environments Research Group


    Die 1998 gegründete Gruppe für Lernumgebungen ist eine eigenständige Forschungsgruppe des Media Lab an der Universität für Kunst & Design Helsinki. Die Gruppe beschäftigt sich mit Forschung, Design und Entwicklung von Lernumgebungen, die durch Informations- und Kommunikationstechnologien wie u. a. Anwendungen für CSCL (computerunterstütztes kooperatives Lernen), Tools für Ubiquitous Computing sowie solche für kreative Gruppenarbeit und Design unterstützt werden. Der Ansatz der Gruppe bei der Forschung und dem Design neuer Medien und Lernen ist theoriebasiert, aber designorientiert. Die Arbeiten der Gruppe beruhen auf der konstruktivistischen Gesellschaftstheorie, der zufolge Lernen Partizipation an gesellschaftlichen Prozessen der Wissenskonstruktion ist.

    Die Forschungs- und Designarbeit der Gruppe ist in ein angewandtes multidisziplinäres Forschungsprojekt eingebunden, das von der EU im Rahmen der IST-Programme, der Technologieagentur Finnlands (TEKES), dem nordischen Ministerrat, der UNESCO und von Firmen finanziert wird. Die Gruppe kooperiert mit nationalen und internationalern Partnern aus dem öffentlichen, universitären und wirtschaftlichen Bereich.
    http://mlab.uiah.fi/www/research/research_groups/learning_environments
    http://legroup.uiah.fi/

    Aus dem Englischen von Martina Bauer.