www.aec.at  
Ars Electronica 1994
Festival-Programm 1994
Back to:
Festival 1979-2007
 

 

E-H


'Monique Mulder Monique Mulder / 'Dirk Lüsebrink Dirk Lüsebrink / 'Gideon May Gideon May

1. DIE TOLERANZ IN DER WAHRNEHMUNG
Wir werden sehen, ob wir mit Perspektiven mit mehreren Fluchtpunkten umgehen können, oder ob wir, wenn es sehr komplex wird, im Chaos die Kontrolle verlieren. In unserem Denken werden durch eine materielle Tatsache immer mehrere Möglichkeiten geschaffen. Unsere Wahrnehmung eines räumlichen und zeitlichen Punktes ändert sich, weil wir uns im Raum und in der Zeit bewegen. Das führt uns zu einem unerwarteten neuen Anfang.

Das beste Beispiel ist vielleicht, daß man von einem Punkt aus verschiedene Perspektiven wahrnehmen kann. Im Grunde zeigt das die Offenheit, deren der Mensch und die Natur fähig sind. Das Maß an Toleranz, mit dem wir mit unserer Umgebung umgehen, steht unmittelbar mit unserem Verhalten im Raum und in der Zeit in Relation. Das verleiht unserer Wahrnehmung grenzenlose Realität und taucht auch in unserer Umgebung auf.

Grenzen entstehen durch Fokussierung. Durch die Fokussierung werden die Perspektiven, die nicht gewählt werden, deformiert oder machen eine Veränderung durch in Richtung des gewählten Fokus, Es sieht also so aus, als bestehe zwischen den unzusammenhängenden Diversitäten ein Zusammenhang. Unsere Wahl ermöglicht die Existenz einer anderen Welt in demselben Augenblick, die wir aber nicht wahrnehmen können. Daraus folgt, daß wir unsere Wahrnehmungstoleranz ständig anpassen müssen.

Die Toleranz in der Wahrnehmung, die wir der von uns gewählten Perspektive angedeihen lassen, muß während unserer räumlichen und zeitlichen Transformation angepaßt werden, weil der Blick, der im Moment der Ankunft zu erwarten ist, durch die zeitliche Veränderung aus einer anderen Perspektive kommen wird. Wir müssen also unsere Wahrnehmung anpassen, um dem Unerwarteten Platz zu machen.

Unser Denken gibt uns die Möglichkeit, im Detail zu ersticken, aber auch, die Bedeutung des Details zu erkennen. Beides bringt uns von der Quintessenz weg.
2.
Die Installation versetzt die Betrachter in eine Feedback-Schleife mit der bestehenden Datenbank der Perspektiven-Räume. Die Interaktionsschleife beginnt mit Videorahmen im Ausstellungsraum. In den Videorahmen ist der Betrachter mit der Kerze zu sehen. Diese Positionsinformation wird dann mit dem Wissen um die momentane Position der virtuellen Kamera im Perspektiven-Raum kombiniert, und daraus wird die neue Position der virtuellen Kamera errechnet. Von da an ist die Umsetzung der Handlungen des Besuchers nicht-linear. Ein Meter im realen Raum kann im Perspektiven-Raum als ein Millimeter oder als zehn Meter umgesetzt werden, je nachdem, wo im Perspektiven-Raum sich die virtuelle Kamera dann befindet. Darüber hinaus ändert sich die Geometrie der Datenbank mit den Handlungen des Besuchers. Neue dreidimensionale Räume entstehen aus zweidimensionalen Bildern, andere verschwinden. Das ist mehr als eine Bewegung in einem dreidimensionalen Raum, weil sich der Raum verändert und die Übertragung des realen auf den virtuellen Raum nicht linear ist.