Tafel 1 (1989) – "Wiesers Werdetraum"
'Manos Tsangaris
Manos Tsangaris
für zwei oder drei Spieler am Tisch, Radio, Walkmen, Fadenorgel, Taschenlampen und andere Lichtquellen
Dies ist ein Stück am Tisch mit zwei oder drei Spielern, die eben diesen sicht- und hörbar zum Klingen bringen, indem sie ihn gleichzeitig als Instrument und als Miniaturbühne nutzen, das Verhältnis geleuchteter und geräuschhafter Klänge setzen und zwei typische Merkmale sogenannter westlicher Zivilisation verbinden: überhaupt am Tisch zu sitzen (täglich: zum Essen, Arbeiten, Reden, Schweigen) und musikalische Ereignisse in Partiturform zu planen und erfassen, normalerweise übrigens am Tische sitzend, wenn geschrieben wird. Tisch ist ein Gebrauchsgegenstand mit einer horizontalen Fläche. Konkrete Klänge eines Holztisches, vor allem auch solche, die wir zumeist überhören, weil das Hauptohrenmerk, auf scheinbar Wichtigeres gelenkt, solche Nebengeräusche herausfiltert und unsere Wahrnehmung nicht unnötig überfluten lassen will (denn die Neben- und Seitengeräusche finden ja kein Ende!) werden hier in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt und verbinden sich mit dem zeichnerisch dynamischen Beleuchten des Tisches und der daran Sitzenden zu einem Gewebe, das die beteiligten Sinne des Hörers/Betrachters nicht trennt, sondern in spezifische Wechselbeziehungen versetzt.
Die Partitur der TAFEL 1 gliedert sich in zahlreiche 'Felder', (konkret also jeweils ein Blatt, das ein Material oder eine parametrische Dimension oder Lichtprozesse oder den Bezug der Felder untereinander betrifft und strukturiert) welche sich hintereinander aufreihen und ineinanderklappen lassen (oder im Einzelfall auch weggelassen werden können), so daß sich die Felder im Stück wie Module aufeinander beziehen, die – einer variablen Form entsprechend – zu immer anderen Aufführungsversionen quasi molekular miteinander verbunden werden.
Vom Tisch aus (Tafel!) definiert sich der zuvor stille und dunkle Raum wiederum zu einer Tafel; beispielsweise gibt es die FADENORGEL, deren Fäden, von einer Stelle aus gezogen, asymmetrische Lichtobjekte zum Pendeln und Trudeln bringen, so daß kleine Lichttänze und -zeichnungen im Raum entstehen, die die Kargheit ihrer Mittel transzendieren.
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