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Multi Mega Book in the CAVE (Applikation)

Concept: Franz Fischnaller
Yesenia Maharaj Singh
Date: 1997

 

Im "Multi Mega Book" machen Franz Fischnaller und Yesenia Maharaj Singh mit der Renaissance und dem digitalen Zeitalter zwei Epochen der Menschheit erlebbar. Aus einer idealisierten Renaissancestadt führt der abenteuerliche Weg mit dem virtuellen Begleiter Nem in eine Cybercity. "Multi Mega Book" veranschaulicht dabei subtil ein Stück Medien- und Kulturgeschichte: vom Buch zur elektronischen Informationsübertragung.

Was ist das "Multi Mega Book" im CAVE?

Das "Multi Mega Book" im CAVE (VR-Anwendung) eröffnet eine Maxiseite der aktuellen Multimediainstallation "Multi Mega Book" (eine "moderne" elektronische Buchplastik) — der Wechsel vom Gedruckten+Buch zum elektronischen Text+digitaler Haut.

Der Benutzer erlebt zwei Epochen der Menschheitsgeschichte — die Renaissance und das Elektronische Zeitalter, die zu einer einzigartigen Umgebung verschmolzen sind und mit denen er kreativ interagieren kann. Die Anwendung stellt zwei revolutionäre Perioden, die die Geschichte der Kommunikation und in weiterer Folge die Menschheitsgeschichte verändert haben, nebeneinander.

Der interaktive Besucher kann verschiedene Dimensionen beider Epochen im CAVE™, einer Virtual-Reality-Bühne, nach Belieben erkunden. Beim Betreten des CAVE befindet sich das "Multi Mega Book" vor ihm/ihr. Er/sie kann umblättern und sich in die verschiedenen Teile der darin enthaltenen Welten bewegen. Eine idealisierte Renaissancestadt bildet die eine Welt. Man kann berühmte Bauwerke besichtigen, durch Leonardos "Letztes Abendmahl" spazieren und Gutenbergs Druckerpresse bestaunen und bedienen. Von hier führt ein Tunnel in eine weitere Stadt — eine "CD-City", die einen digitalen, vernetzten Informationsaustausch visualisiert — eine Stadt, in der alles interaktiv passiert.

Navigation und Interaktion des "Multi Mega Book" sind oft überraschend, sollen den Besucher aus der Renaissance ins Informationszeitalter zerren, zwei verschiedene Kommunikationsmodi erkunden lassen und zeigen, wie in beiden Epochen Mathematik, Innovation, Kunst und Spitzentechnologie miteinander verknüpft wurden.

In seiner Gesamtheit ist das "Multi Mega Book" eine Metapher für Kommunikationsmittel im Spiegel der Zeit. Die Seiten des "Multi Mega Book" geben Aufschluss über verschiedene Aspekte der Kommunikationsgeschichte. Dabei konzentriert sich das "Multi Mega Book" im CAVE besonders auf "Den Wechsel vom Gedruckten+Buch zum elektronischen Text +digitaler Schicht."

Nem: Der Avatar im "Multi Mega Book"

Nem ist aus den geometrischen Grundformen — Kreis, Dreieck, Kugel — zusammengesetzt. Diese Formen verwandeln sich und werden zur Säule oder Person. In der Renaissancestadt erscheint Nem zuerst als "Info"-Säule. Geht der Besucher auf ihn zu, wird er zu einer "humanoiden" Gestalt, die als Führer durch die Umgebung in Interaktion tritt.

In der CD-City ist Nem ein "Netzwerkagent" — er führt den Besucher nicht mehr von Ort zu Ort, sondern handelt als (Netzwerk-)Knoten, der Informationen sendet und empfängt.

Die Veränderungen in Nems Gestalt und Verhalten beziehen sich auf die jeweilige Epoche. In der Renaissance müssen sowohl Führer als auch Besucher sich zu den ursprünglichen Informationsquellen hinbegeben. In der CD-City, wo Information in erster Linie digitalisiert vorliegt, ist Nem ein "Hochgeschwindigkeitsträgersignal", das die Informationen zum Besucher bringt, der nun nicht mehr die Informationsquelle aufsuchen muss. Da der digitale Informationsfluss sich über ganz CD-City erstreckt, sollte sich der Besucher dennoch weiterbewegen und auch mit anderen Nem-Netzwerkagenten interagieren.

Konzept

Das Zeitalter des "Schreibers" wandelte sich mit der Einführung des Buchdrucks; das gedruckte Buch wiederum wandelte sich mit den ersten digitalen "Eingaben". Veränderungen sind im Gange, und wir sind Teil dieses Umbruchs. Anstatt zu befürchten, diese sich rasant entwickelnde Technologie würde zu kollektiver Amnesie in Kultur und Literatur führen, sollten wir diese Medien dazu nutzen, neue technische Systeme zu erfinden, neue Speichermedien zu schaffen, zeitgemäße Formen der Kommunikation zu entwickeln und den Gedanken der Kommunikation dahingehend weiterzuspinnen, wie man die Immaterialität und Flexibilität von Informationen anspricht.

Gehen wir doch kreativer, freier und futuristischer mit Inhalten um, wie es den heutigen Kommunikationsgewohnheiten besser entspräche: Schaffen wird interaktive, veränderliche, flexible, radikale, jedoch immer ästhetisch ansprechende und sublime Informationspfade!

Unsere Zielsetzungen sind:

* Das technische Potential des CAVE (virtuelle Umgebung) auszuloten.

* Die Grenzen traditioneller künstlerischer Medien und der Besucherbeteiligung an einem Kunstwerk zu erkunden und zu erweitern.

* Eine Anwendung zu entwickeln, die die Möglichkeiten von beeinflussbaren VR-Systemen wie dem CAVE aufzeigt.

* Einen Meilenstein in der Evolution von Kommunikation und Technologie darzustellen und zu erläutern.

* Dem Publikum eine emotionale, ganzheitliche Erfahrung zu verschaffen, indem wir es in einem einzigen Raum, nämlich dem "Multi Mega Book" im CAVE, in verschiedene Jahrhunderte und verschiedene Welten eintauchen lassen.

* Den Besucher sowohl durch audiovisuelle Einflüsse als auch durch die Erfahrung von Erregung und Kontrolle, die das Navigieren und Interagieren in einer VR-Umgebung mit sich bringen, zu stimulieren.

* Die Schnittstelle mit der komplexen Technologie unsichtbar und die Illusion perfekt zu machen, damit sich der Besucher der Erfahrung hingeben kann und nicht von lebloser, metallischer Maschinerie abgeschreckt wird.

* Avatare zu generieren und zu integrieren, die über Hochgeschwindigkeitsnetzwerke eine CAVE-zu-CAVE-Interaktion ermöglichen, damit Besucher an verschiedenen geographischen Orten an diesen VR-Städten der Renaissance und des 21. Jahrhunderts teilhaben können.

* Eine wesentlich ästhetischere Interpretation von Bildern und visuellem Design in einer Virtual-Reality-Umgebung zu entwickeln. VR und den CAVE als schlüssiges Beispiel für die Schaffung einer neuen Ausdrucksform in Design und Visualisierung von Informationen zu nutzen.


In Zusammenarbeit mit Dave Pape und Josephine Anstey, EVL (Electronic Visualization Lab), University of Illinois at Chicago.

Teilweise realisiert innerhalb des Ars Electronica Research & Residence Program.



 
 

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