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Ars Electronica 1989
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Festival 1979-2007
 

 

DOUBLE YOU (and X, Y, Z)
Eine interaktive Videoplatte

'Peter D‘Agostino Peter D‘Agostino

Ich begann ursprünglich dieses Videoplattenprojekt mit Tonaufnahmen von der Geburt meiner Tochter (1981) und verfolgte es durch die verschiedenen Phasen ihrer Sprachentwicklung vom Gebrabbel bis zu ihren ersten Sätzen und Liedern.

Obwohl das Hauptthema dieser Arbeit der Erwerb der Sprache ist, wurde die zugrundeliegende Struktur von einer anderen Quelle her abgeleitet – der Physik. Die vierteilige Struktur des Stückes basiert auf den vier Kräften, die heute allgemein als Ursachen der physikalischen Interaktionen im Universum angesehen werden: Licht, Gravitation, starke und schwache Kräfte.

Über Analogieschlüsse und Metaphern wurden diese Begriffe parallel zu vier Phasen der frühen Sprachentwicklung gestellt. Die Begriffspaare sind:

  1. Licht/Geburt

  2. Gravitation/Worte

  3. Starke Kraft/Sätze

  4. Schwache Kraft/Lieder
Klang ist die erste Motivation für diese aufsteigende Linie – von den Schreien bei der Geburt zu den ersten Worten, Sätzen und schließlich zu den Liedern, die im Alter von zweien gesungen werden. DOUBLE YOU (and X, Y, Z) stammt aus einem Kinderlied, das mit den Worten endet: "Jetzt kenne ich mein ABC, nächstes Mal sing nicht mit mir …"

Anders als Piagets Beobachtung der kognitiven Entwicklung seiner eigenen Kinder war die Dokumentation und Aufzeichnung der frühen Sprachentwicklung meiner Tochter nicht getragen von der Suche nach objektiven wissenschaftlichen Prinzipien, sondern ein Mittel, Verbindungen und Beziehungen zwischen scheinbar völlig unzusammenhängenden Ideen und Ereignissen zu schaffen. Ich entschloß mich, ein Environment zu entwerfen, das eine Metapher werden könnte, um mit "der gesamten physikalischen Interaktion des Universums" zu interagieren.

Wenn auch der Inhalt des Stückes an der Oberfläche sich auf Physik und kognitive Psychologie zu beziehen schien, so habe ich dennoch versucht, elegante Gerätschaften zu finden, die metaphorisch innerhalb des Kontextes von Kunst funktionieren. Eingebettet in die Struktur des Werkes finden sich zahlreiche Bezüge zu Kunst und Kunstschaffen, die der Betrachter/Mitwirkende selbst herausfinden kann.

Die Zuseher/Mitwirkenden schaffen eine persönliche Montage von Assoziationen und Bedeutungen aus einer Vielzahl von Klängen, Werken und Bildern. Die nichtlineare Video-Laserplatte liefert ein interaktives Menü zur Auswahl von einem von vier Kapiteln, einem Prolog oder einen Index als Einstieg ins Werk. (Auswahlen können bei den Kapitelnummern getroffen werden durch eine Fernsteuerung ähnlich der des Fernsehens auf der Ebene eins oder durch Berührung eines X, Y, oder Z direkt auf dem Bildschirm einer Installation der Ebene drei, die Computer und Touch-screens verwendet.)

Nach dieser Erstauswahl erscheint ein komplexeres Set von Möglichkeiten, und die Videoplatte kann nach Belieben durchgearbeitet werden oder sogar als Spiel gespielt werden. Das Spiel kennt allerdings keine Sieger oder Verlierer, sondern richtet sich mehr auf verschiedene zu machende "Entdeckungen".

Der Index gibt beispielsweise die Möglichkeit, auf ein "elektronisches Buch" zuzugreifen, in dem die meisten der 52 Kapitel (zusammengesetzt aus 48.000 Frames) direkt zugänglich sind. Andere im Design der Platte berücksichtigte Interaktionsformen sind: das "Reisesurrogat" (im Teil 2), das verwendet wird, um Analogien zwischen Worten und Orten herzustellen. Die Mitmach-Sprachspiele im dritten Teil bestehen aus graphischen Sinnbildern, die Worte darstellen, die Sätze ergeben. Und der vierte Teil kann als eine "Video-Musicbox" beschrieben werden, wo Lieder aus dem sich drehenden Bild eines Karussells ausgewählt werden können.

Kurz gesagt, DOUBLE YOU (and X, Y, Z) ist ein Dokument von der Geburt eines Individuums und von seinem Spracherwerb, der ein allgemeines "Denouement" bewirkt – eine Umsetzung dieses komplexen Ablaufs von Ereignissen in eine grundlegende und elementare Nachricht von Wahrnehmung und Sprache.