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Ars Electronica 1989
Festival-Program 1989
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Festival 1979-2007
 

 

M.E.M.B.R.A.N.E.
STADT – SOUND – RADIO

'Alfred Pittertschatscher Alfred Pittertschatscher

DAS PROJEKT:
Zwei Ear-Mikroben zernagen mit ihrem Programm ertaubte beziehungsweise erwartungsichere Gehörstrukturen von Zufallsempfängern. Auswahlkriterium für den Zufallsempfänger ist das anagrammatisch mutierte M.E.M.B.R.A.N.E., jeder Schauplatz erhält einen daraus abgeleiteten Untertitel für das jeweilige Phone-In. Ausgehend von der Buchstabenanzahl, sieben Buchstaben kontra über 200 000 Einwohner, gibt es gesicherte sieben Phone-in-Plätze, deren Auswahl sich durch die Buchstabenabfolge von M.E.M.B.R.A.N.E. ergibt.

In unsere MEZ-Realzeit (mitteleuropäische Realzeit) werden Glocken aus der ganzen Welt eingespielt, allerdings in ihren Vergleichswerten. Gleichzeitigkeit durch eingestanzte Phone-in-Materialien from a series of cities around the globe (Nigel Helyer). Zeit und Gegenzeit, Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit bekleiden Linzer M.E.M.B.R.A.N.E.-Lautschaften.
AUSZUG AUS DEM KONZEPT:
I. MARBEMEN, M wie Marktplatz
II. ERBAMMEN, E wie Eisenbahn
III. MAMBRENE, Market (auch: Supermarket)
IV. BRANEMEM, B wie Bahnhof
V. REMMBANE, R wie Rayon, siehe auch: Polizei-Rayon
VI. ARBNEMEM, A wie Airport, Flughafen Linz Hörsching
VII. NARBEMEM, N wie Neue Welt, In der; Cafe, Trattoria
VIII. EMMEBARN, E wie Ebelsberg

Membrane, die, 1) flächenhafter Körper, der am Rand eingespannt und entweder ganz oder nur am Rand nachgiebig ist; angewendet zum Beispiel in Druckmessern, Durchlauferhitzern und in der Elektroakustik in Form eines dünnen Metallblechs oder eines Papierkonus bei Telephonen, Mikrophonen und Lautsprechern. 2) die Wand der pflanzlichen Zelle. 3) bei Mensch und Tieren dünne Häute, so das Trommelfell, (dtv, Lexikon, Bd. 12)
INTENTION
Aus der Entpflanzung der Hörfelder im gewöhnlichen Gewohnheitsraum, als Machtrauschergreifung zum Besiedeln mit Hörmikroben und Mikroakustismen, zur absolutistischen und diktatorischen Kunstwelt, als gute und künstliche Tat, als gute Ohrtat. Wer Ohren hat, der gehöre dem Kunst-Werk-Artefakt. Das Gesicht aus Systemen: das Gesicht aus der Gegensprechanlage, aus dem Lautsprecherwagen, aus dem Funkgerätelautsprecher, aus Platzlautsprecheranlagen, aus dem Rieselschnee zur Übermalung von Lautschaften, die Stimmen aus/durch/in/von der Wand. Als Earsvirus. Anstatt Berieselung Besiedelung.
KONSEQUENZEN
Der Lautsprecher entsagt seiner Gewohnheit und rebelliert. Seine Antwort: Ohr-Kunst (Gegensatz: ohrenbetäubend, statt dessen: ohrenbetörend).

Planquadratartige Machtergreifung des Membranisten von seiner Stadt: Wir verlassen den Hauptbahnhof in östlicher Richtung und hören zur Linken Lautschaft, der Straßenbahn folgend sehen wir rechtenohrs das Gebäude der Bundesbahn-Direktion, dem wir uns nähern, Landschaftsmathematiker gesellen sich hinzu, als wir den Volksgarten durchqueren, um, über kurz oder lang, wie beiläufig ins Stadion der Stadt Linz zu gelangen. Etwas donauabwärts, nicht allzu weit davon entfernt, etwas darunterliegend, beginnen die membranistischen Chaoten, inmitten von Grünanlagen, mit ihrem Trieb.

("Platzlautsprecher an. Danke.")

Hörplätze zuerst Innenräume, allmählich Außenräume, schließlich Seelenräume. Flächendeckend? Ja. Versteckt? Manchmal. Offen? Meistens. Verblüffend? Ja. Laut? Nicht unbedingt.

Das Wachstum der Lautsprecheranlagen und -systeme (verdeckt und offen) ist sehr beachtlich. Das Auswuchern der Ohrentnahme ohne ausdrückliche Billigung des Hörers/der Hörerin nicht zu unterschätzen, die Subversion des Membranisten naheliegend. Er mißbraucht die Lautsprecherinstallationen für Phone-Ins der Radiokunst.

Zum Grundpegel (Körpereigengeräusch, Stadtgeräusche, Raumgeräusche) stimuliert ein neues System die Empfindsamkeit (Seele, Neugier, Aufmerksamkeit, Geist).