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Ars Electronica 1989
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Festival 1979-2007
 

 

Whirled Music


'Max Eastley Max Eastley

Der Grundgedanke zu "Whirled Music" kam mir, als ich Paul Burwell bei einer Performance im Jahre 1979 sah, wie er einen sehr schweren chinesischen Gong an einem dünnen Seil herumwirbelte und regelmäßig damit auf den Boden schlug. Das löste sofortige Reaktionen aus, besonders bei Steve Beresford. David Toop und mir, die wir fluchtartig unsere Sitze in der ersten Reihe verließen. Später dann diskutierten wir mit Paul, wie man eine Performance auf dem Konzept des Herumwirbelns aufbauen könne – und "Whirled Music" ward geboren. Was sich in weiterer Folge daraus entwickelte, erwies sich als reiches Gebiet für die Forschung.

Die Ursprünge und Herkunft gewirbelter Instrumente liegen im dunkeln. Man nimmt an, daß die Idee sehr, sehr alt ist, da man sie in allen Kulturen weltweit finden kann, sei es in historischer Zeit oder in der Gegenwart; sie bedeuten Chaos, Dunkelheit, Tod, Monstren und Angst. Das gilt vor allem für den "Bull Roarer", ein gewirbeltes Rhomboid. Das erste Problem bei der Konzeption einer Performance mit diesen "Instrumenten der Dunkelheit" war ein praktisches: Die Performance erwies sich als so gefährlich, daß nunmehr Zuseher und Aufführende durch ein Sicherheitsnetz voneinander getrennt sind. Wir tragen Masken als Schutz vor Verletzungen, die bei einer solchen Aufführung eine reale Gefahr darstellen, was die dramatische Spannung natürlich erhöht. Die Performance als solche wurde von visuellen und musikalischen Gesichtspunkten aus parallel entwickelt. Unter starker Beleuchtung entstehen Kreis- und Moirémuster, die mit Klang-Phasing und Dopplereffekten kombiniert werden, um die Einheit zwischen klanglicher und visueller Funktion der Instrumente zu unterstreichen. Durch Experimente kamen wir auf neue Formen und Variationen dieses Themas: Riesenversionen von kleinen Instrumenten, die wir dann nicht mehr bedienen konnten, Stangen mit aerodynamischen Querschnitten und einem vibrierenden Band an der Vorderseite können einen dröhnenden Kreis von bis zu 12 Metern Durchmesser darstellen. Wir fanden eine Menge Spielsachen, die alle das "Wirbelprinzip" benutzten, von kleinen Summern bis hin zu Rasseln mit Fahnen drauf, so unterschiedlich wie jene von Norwegen und Saudi-Arabrien. Die Verwendung von mehr alltäglichen Objekten ging dann bis zum Einsatz von Haushaltselektronik: Wecker, Radios und Cassettengeräte, selbst der laufende Plattenspieler wurde angenommen – das zweifellos einflußreichste Instrument der Musik des 20. Jahrhunderts. Die Einfachheit des Konzepts – ein Gegenstand, eine Schnur, eine bewegende Kraft – suggeriert das Verständnis für eine Grundsatzquelle aller Technologie: das Rad, das Konzept des Fliegens, der Satellit.

Die Musiker, die mit mir bei Auftritten dieser Art arbeiten, Steve Beresford und Dave Holmes, sind für ihre Arbeiten in verschiedensten Sparten bekannt, und sie bringen eine Menge musikalischen Wissens und Erfahrung mit. Die vorliegende Aufführung markiert das Zehn-Jahres-Jubiläum der "Whirled Music", und wir werden bei dieser Gelegenheit vom Toningenieur Dave Hunt unterstützt, der eine weitere neue Dimension hinzufügt durch die Verstärkung und elektronische Verarbeitung der Klänge und damit den Bogen der Interaktion zwischen dem Archaischen und dem Zeitgenössischen noch erweitert.