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Ars Electronica 1979
Festival-Program 1979
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Festival 1979-2007
 

 

Der modulierte Mensch




Mittwoch, 19. September 1979, 9.30 Uhr bis 18.00 Uhr
Brucknerhaus, Kleiner Saal

Der modulierte Mensch. Wechselwirkungen zwischen Elektronik, Gesellschaft, Medien, Technik, Medizin und Kunst.

Einführende Worte:

Dr. Herbert W. Franke (München/Wien)
Leiter des Symposiums

Teilnehmer:
Prof. Dr. Rul Gunzenhäuser (Stuttgart)
Univ.-Prof. Dr. Fritz Mundinger (Freiburg /Breisgau)
Barrington Nevitt (Toronto)
Prof. Dr. Robert Jungk (Salzburg)
Siegfried Schmidt-Joos (Hamburg)
Prof. Dr. Dipl.-Ing. Vladimir Bonacic (Zagreb)

COMPUTER - VOM RECHENWERKZEUG ZUM KREATIVEN PARTNER DES MENSCHEN?
Heute ist die Nutzung des Computers nicht nur gekennzeichnet durch deren quantitative Zunahme und enorme Leistungssteigerung, sondern auch durch einen qualitativen Wandel: Die in Rechenzentren konzentrierten Großrechner werden mehr und mehr ergänzt durch Geräte zur dezentralen Verarbeitung von Informationen; eine Vielzahl von Bedienplätzen, die mit Rechnern verbunden sind, sowie eine rasch zunehmende Anzahl von kleinen und kleinsten autonomen Computern liefern Rechenleistung direkt an den Arbeitsplatz oder in die Wohnung des Benutzers.

Waren diese Geräte bisher fast nur durch Fachleute nutzbar, so zeichnen sich jetzt verschiedene Wege der "Mensch-Maschine-Kommunikation" ab, auf denen im Umgang mit Computern ungeschulte (,,naive") Benutzer Zugang zur Computer-Nutzung finden. Einer dieser Wege ist der Zugriff auf große Informations- und Datenbanken, die in zentralen Rechnern gespeichert sind, mit Hilfe des Telefons, wie ihn das Bildschirmtextsystem der Deutschen Bundespost ab 1982 bieten wird, Ein anderer Weg ist die Benutzung von "Heim-Computern" – kleinen, aber sehr leistungsfähigen Rechnern auf der Basis von Mikroprozessoren – für berufliche und private Zwecke. Diese Geräte bieten umfangreiche Textverarbeitung und teilweise Möglichkeiten zur Programmierung bunter Grafik.

Ihre Anwendungen bewegen sich zunächst im traditionellen Rahmen der Informationsverarbeitung. Hinzu kommen Spiele und Lernprogramme, die einem breiten Benutzerkreis strategisches und operatives Verhalten vermitteln und damit das Problemlösen ihrer Anwender unterstützen. Darüber hinaus sind sie mit zunehmender Leistungsfähigkeit in der Lage, kognitive Fähigkeiten auszuführen wie Begriffsbildung oder Verstehen natürlich-sprachlicher Ausdrücke. Man ist daher weitgehend bereit, ihnen "Künstliche Intelligenz" zuzubilligen. Wie Untersuchungen von H. A. Simon aufweisen, entsprechen die angewandten Computer-Strategien weitgehend denen des Menschen.

Mit Hilfe von Programmen, in denen der Zufall als kreatives Element Verwendung findet, entwickeln Computer auch "künstlerische Fertigkeiten". Sie unterstützen damit ihre Benutzer bei der Komposition von musikalischen und grafischen Kunstwerken und werden selbst zu "Autoren" kybernetischer Kunstobjekte.

Damit wandeln sich die Computer in zunehmendem Maße vom Rechenwerkzeug zum kognitiven, hilfsbereiten, intelligenten und kreativen Partner des Menschen.

Prof. Dr. Rul Gunzenhäuser
COMPUTERTECHNIK AM GEHIRN - MÖGLICHKEITEN, GRENZEN, GEFAHREN.
Das Gehirn kann als Computer, der in seinen Dimensionen heute noch nicht annähernd festlegbar ist, aufgefaßt werden. Er regelt und steuert mit Programmentwürfen, die jederzeit abrufbar sind, alle zweckdienlichen Funktionen, die dem Nahrungserwerb, der Selbsterhaltung und der Fortpflanzung dienen. Er ermöglicht damit die Auseinandersetzung mit der Umwelt (äußeres Milieu) und Verarbeitung dieser Einflüsse durch Neurotransmitter und unter Einbezug des Endokrinum (Hormone und Stoffwechsel [inneres Milieu]).

Durch die Vermittlung der Sinnesorgane sind über meist doppelläufige Regelkreise die Hirnrindenareale mit den tiefergelegenen phylogenetisch älteren Basal-Stammganglien und dem Hirnstamm verknüpft, wodurch die motorischen, sensibel-sensorischen und die psychischen Funktionen des Verhaltens sowie die höheren Gehirnfunktionen – Sprache und Intellekt – geregelt werden. Störungen dieser Regelsysteme bedingen davon abhängige Erkrankungen.

Die neue Technik der Computerstereotaxie ermöglicht es, mit feinsten Sondensystemen von jedem Punkt des Gehirn- und Gesichtsschädels jeden Punkt innerhalb des Gehirns mit größter Präzision computergesteuert anzuzielen, dort definierte Ausschaltungen (Elektro-, Kältekoagulation) vorzunehmen, chemische Substanzen (Chemitroden) einzubringen oder computergesteuerte Reizelektrodensysteme (von den Patienten selbst betrieben) zu implantieren. Damit können wir erstmals in funktionell gestörte Regelsysteme praktisch komplikationslos eingreifen und die Funktionsstörungen durch Blockade beseitigen, durch Augmentation anregen oder körpereigene Substanzen (Encephaline z. B. morphinähnliche Polyptide [Endorphine]) freisetzen oder via Neurotransmitter motorische Bewegungsstörungen (Parkinson'sche Erkrankung, andere Tremorleiden, Dyskinesien) und die Spastik (z. B. nach Apoplex) lindern, die elektrische Krampfbereitschaft bestimmter Hirnareale und damit Anfälle unterdrücken und Verhaltensstörungen bessern oder ihnen entgegenwirken (zum Teil ergänzt durch biofeedback-Programme und -Techniken).

Mit Computersystemen erfolgt auch eine Speicherung und Bildrekonstruktion von Gefäßen und Gehirnabschnitten und der Vergleich von mit der stereotaktischen Operation gewonnenen physiologischen Daten (Reizäußerungen, evozierte Potentiale). Dies erweitert unsere Kenntnisse über die Gehirnfunktion und verfeinert die Diagnostik. Computergesteuerte biofeedback-Programme via input Sinnesorgane sowie computergesteuerte Reiz- und Koagulationsprogramme intensivieren das Therapieergebnis, genauso wie die Ausschaltung von inoperablen tiefliegenden Tumoren mit der Koagulation (Laser-Strahlen) und der Implantation von Radio-Nukliden mit speziellen Dosimetriesystemen kombiniert. Somit zählt der Einsatz von Computern am Gehirn zu den größten Fortschritten der Medizin der letzten Jahre.

Die Miniaturisierung elektronischer Schaltkreise, Mikroprozessoren und von Energiesystemen eröffnen diese neuen Wege. Damit ist aber auch die Gefahr der Manipulation gegeben, die die Ausarbeitung von Kriterien zur Selbstbescheidung der technischen Anwendung und eventuelle Begrenzungen erforderlich macht, basierend auf den Prinzipien des hippokratischen Eides und christlich-humanistischer Ethik.

Univ.-Professor Dr. med. Fritz Mundinger
DIE ELEKTRONISCHE MEDIENVERSION FÜR DAS JAHR 2000
Weiche materiellen, geistigen und sozialen Auswirkungen wird "ars electronica", die elektronische Kunst, ab dem Jahr 2000 unter den verschiedenen Kulturen des Raumschiffes Erde haben? Durch welche 'software'-Methoden und 'hardware'-Technologien kann man in diesem elektronischen Zeitalter dem Menschen helfen?

Gutenbergs Technologie gab der westlichen Welt sowohl ihre Renaissance als auch ihr Zeitalter der Aufklärung. Die Druckerkunst etablierte die gebildete westliche Zivilisation, indem sie die Trennung von Gedanken und Gefühl intensivierte, ebenso die Trennung von software/Information und hardware/Produkt, Geist und Körper, was schließlich zur Cartesischen Dichotomie von La Guillotine führte. Die Gutenberg-Druckerpresse war der Vorläufer der ersten industriellen hardware-Revolution, die ihre Fließband-Logik – über Marktmedien – überallhin ausbreitete.

Elektronische Kommunikation in der zweiten industriellen Revolution des Informationswesens sendet mit Lichtgeschwindigkeit, wodurch jetzt die alten Geister der Zeit vor dem Einsetzen der Bildung mit aller Kraft neu erstehen. Heute sind SIE HIER und WIR DORT – gleichzeitig, mit dem Geist, nicht als Körper über die elektronischen Medien. Da alte Privatidentitäten abgebaut wurden, führte die beschleunigte Elektronik zu Gewalt auf der Suche nach neuen Identitäten und schuf "neue Fanatiker", die ihre eigenen Gesetze schreiben.

Da software/Information ihre hardware/ Verkörperung mit ständig steigender Geschwindigkeit (auf Grund der Realisation im "Äther") ersetzt, brechen alte, vertraute Grundregeln zusammen und machen den Weg frei für neue, aber verborgene Vorgangsmuster.

Dennoch empfehlen "neue Utopisten", die amoralisch mit Cartesischer Logik arbeiten, und zwar mit Computergeschwindigkeit, noch immer die alten Grundregeln zur Lösung der neuen Probleme in der neuen Situation. Indem sie Menschen durch Maschinen ersetzen und indem sie menschliche Weisheit auf das Faktenwissen ihrer Computer reduzieren, werden sie zu dem, was sie vor Augen haben.

Wie die Neuen Utopisten verwenden jetzt die konventionellen Futuristen den Computer zur SOFORTPROJEKTION vergangener Erfahrungen in künftige Phantasien, denn, im Gegensatz zu unkonventionellen Künstlern, haben sie nicht die Fähigkeit, sich die Gegenwart als Zukunft der Zukunft vorzustellen.

Die heutige elektronische Technologie hat uns das UNMITTELBARE REPLAY geschenkt, das es uns ermöglicht, jede beliebige eben erst eintretende Situation noch einmal anzuschauen. Durch direktes Erfassen dieser Situation kann jeder ein zuverlässiger Prophet werden, indem er der erste ist, der sieht, was bereits geschehen ist.

Im Gegensatz dazu, bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts, erkannte "der erste Humaningenieur" James Joyce, daß elektronische Künste und Wissenschaften Mittel zum UNMITTELBAREN REPLAY der Zukunft bieten, indem sie eine neue Einheit von Gedanken und Gefühl schaffen. Joyce zeigte, daß wir durch Anwendung all unserer geistigen Fähigkeiten und Sinne lernen können, die materiellen, geistigen und sozialen Auswirkungen jeder größeren technologischen Neuerung vorwegnehmen können, bevor wir noch ihre Gründe erkennen. Wir können momentane "Breakdowns" (Zusammenbrüche) in "Breakthroughs" (Durchbrüche, Fortschritte) verwandeln, indem wir menschliche Reife zeigen (das ist die Fähigkeit, die Paradoxa des Seins zu erkennen) und die menschliche Auffassungsgabe schärfen. Anstatt unsere Vision der Welt von gestern anzupassen, können wir lernen, die Welt von morgen mit unseren "Previsions" (Ausblicken) in Einklang zu bringen.

Barrington Nevitt
ÄSTHETISCHE LEITLINIEN FÜR DIE TECHNIK
Technik ist bisher vorwiegend von Physik und Ökonomie her bestimmt worden. Eine humane Technik hätte psychologische und künstlerische Parameter stärker als bisher zu berücksichtigen.

Der Autor versucht darzustellen, daß es Stilepochen der Technik wie Stilepochen der Kunst gibt. Er bemüht sich die Umrisse einer oder mehrerer neuer Techniken zu skizzieren, die nicht vorwiegend auf Leistung und Profit ausgerichtet wäre. In den Arbeiten von Schöffer und Tinguely, die mit den technischen Apparaturen spielen, sieht er Vorformen einer befreiten Technik, deren Name ja vom griechischen Wort "techné" (Kunst) hergeleitet wird.

Eine empfindsamere, weniger lineare, "barockere" Technik wäre zu überlegen. Sie würde dann vielleicht nicht mehr gefürchtet, sondern geliebt werden.

Univ.-Prof. Dr. Robert Jungk
DER DISCO-MENSCH
Disco, proklamierte der Soziologe und Anthropologe Professor Richard Peterson von der amerikanischen Vanderbilt University im Juli 1978, sei der dritte dominierende Popmusik-Trend des 20. Jahrhunderts – nach Jazz und Rock. Im April 1979 verkündete auch das Nachrichtenmagazin "Newsweek" auf dem Cover: "Disco takes over." Zumindest wirtschaftlich scheint das zu stimmen. In diesem Jahr macht die amerikanische Disco-Industrie, spezielle Ton-, Licht- und Laser-Anlagen eingerechnet, um die fünf Milliarden Dollar Umsatz, etwa ebenso viel wie die gesamte US-Musikindustrie. Auch in Europa grassiert das Saturday Night Fever. In allen westlichen Großstädten hat der Disco-Kult Metastasen gebildet. Dieser Trend, revolutionär nur im Technischen, unterminiert keine gesellschaftlichen Spielregeln und erfreut sich daher, neuerdings sogar im Ostblock, des Wohlwollens der Obrigkeit. Aggressionen, die im politischen Raum Sprengkraft gewinnen könnten, werden in der Disco kontrolliert abreagiert. Da auf dem Popmusik-Markt eine bei aller klanglichen Vielfalt komplette Richtungslosigkeit herrscht, ist in den Diskotheken eine auf pure Dekoration angelegte Massenunterhaltung gewachsen: Disco-Kultur als Art Deco. Der zahlende Gast ist zum Darsteller aufgerückt. Doch Disco ist das Produkt eines sprachlosen Jahrzehnts. Kommunikation kann in diesem Phon-Hagel gar nicht stattfinden. Für erotische Botschaften, sofern überhaupt erwünscht, reichen Bewegungssignale und der Blickkontakt. Wenn bereits an den Pforten der Top-Discos das Outfit als Auswahlkriterium gilt, gedeiht naturgemäß eine Verkleidungsmode. Der Mensch wird zum Plakat seiner selbst: höchster Triumph der Werbe-Industrie.

Siegfried Schmidt-Joos
ENTMATERIALISIERUNG DER KUNST
Philosophie – Kunst und Wissenschaft
Geschichtlich gesehen, begannen beide, der Künstler wie auch der Wissenschaftler, als Amateure. Als der technologische Fortschritt der Wissenschaft stieg, wurde die Nützlichkeit des Wissenschaftlers von der Gesellschaft anerkannt und er wurde durch öffentliche Körperschaften stark subventioniert. Es ist offensichtlich für uns, daß die gesellschaftliche Nützlichkeit des Künstlers bald ähnliche Anerkennung und Unterstützung erlangen wird.

Trotzdem bleibt eine strenge Dichotomie zwischen der Welt des Künstlers und des Wissenschaftlers, die überbrückt werden muß, um jene Gesellschaft zu schaffen, die sich jedermann wünscht. Die Konkurrenz innerhalb der beiden Gruppen ist sehr groß und häufig zerstörend, daher engt sie die schöpferische Freiheit ein. Um wieviel größer ist aber die Spaltung zwischen Künstler und Wissenschaftler!

Die beschränkte Ausbildung von beiden, die Unterschiede in den symbolischen Formen der Ausdrucksweise sowie gegenseitiger Neid – der Künstler sieht den Wissenschaftler als anerkannt und unterstützt, während der Wissenschaftler wiederum den Künstler aus der Sicht betrachtet, daß dieser frei und niemandem Rechenschaft schuldig ist – hat einen eisernen Vorhang zwischen den beiden Gruppen geschaffen.

Wir müssen sinnvollerweise zuerst für die Entspannung arbeiten, danach für eine gemeinsame Sprache, für gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung, um schließlich eine beiderseitige Bereicherung zu erzielen. Die Realisierung dieser Ziele wird dann vielleicht ein höheres und reicheres Ausdrucksniveau schaffen.

Wir waren angenehm überrascht von früheren Versuchen, Künstler und Wissenschaftler in eine Situation zusammenzubringen, in der die Rollen veränderlich waren. Beide, Künstler wie Wissenschaftler, lehren und lernen abwechselnd voneinander. Der Wissenschaftler ist angenehm überrascht, zu sehen, daß die Formgebungen, die für Künstler einfach und intuitiv sind, eine aufregende Herausforderung beinhalten können.

Der Künstler wiederum entdeckt, daß der Wissenschaftler ihm kreative Werkzeuge anbietet, die außerhalb seiner gewagtesten Vorstellungskraft sind, und seine bisher unerfüllte Inspiration näher zur Wirklichkeit bringt.
DER COMPUTER ALS WERKZEUG UND ALS KREATIVER PARTNER
Die Forschung wird sich auf die Verwendung von Computern konzentrieren, um Bereiche künstlerischer Anstrengung zu untersuchen, die zur Zeit dem Künstler nicht zugänglich sind. Die Verwendung des Computers zur Erleichterung des leicht Zugänglichen wird natürlich in Betracht gezogen, aber nicht betont. Obwohl Aktivitäten wie Produktion klassischer Musik oder Verwendung des Computers als Schreibmaschine sicherlich als frühe Annäherung an Computerkunst gelten können, werden sie nur wegen ihres historischen Wertes untersucht werden. Diese frühen Verwendungen des Computers in der Kunst spiegelten die Art der damaligen Ausbildung wider: entweder als künstlerischer Amateur mit gutem technischem Background oder als Künstler mit ungenügender Beherrschung des Computers.

Wie die Technologie die Möglichkeiten eines menschlichen Wesens im Überwinden seiner natürlichen Grenzen ausweitet – z. B. im Schaffen neuerer und stärkerer/wirksamerer Arten der Fortbewegung und der Kommunikation – so hoffen wir, daß der Rahmen künstlerischer Möglichkeiten ähnlich verändert werden wird. Vielleicht sogar noch aufregender ist die Möglichkeit, das wissenschaftliche "Armamentarium" zu bereichern durch die Formgebung künstlerischer Arten der Analyse, die bisher nur intuitiv vom Künstler begriffen wurden, jedoch dem Wissenschaftler überhaupt nicht zur Verfügung standen.

Die Erfahrung zeigt, daß der Computer schnell in viele Sphären des Lebens eindringt. Außerdem haben die schnellen und häufig völlig unerwarteten Entwicklungen in der Computerwissenschaft ein neues Computerverständnis hervorgerufen: der Computer ist mehr als bloß ein Werkzeug und sollte als kreativer Partner im modernen Leben akzeptiert werden. Ein neuer Dualismus ist aus unserer jüngsten Erfahrung erstanden: zwischen Sache/Materie/Ding und Gedanken besteht jetzt eine "Operationsbeziehung".

Dieser Dualismus mag für die Menschheit ebenso weitreichende Konsequenzen haben wie jene, die aus der Untersuchung des bekannten Dualismus zwischen Materie und Energie entstanden, einer Entdeckung unseres Jahrhunderts. Der Dialog zwischen Mensch und Computer hat neue zwischenmenschliche Kommunikationsmöglichkeiten geschaffen; er macht eine Zukunft vorstellbar, in der es beinahe unbeschränkten Zugang zu Kanälen gibt, die normalerweise von Sprach-, Erfahrungs- und Ausbildungsbarrieren verschlossen sind. Solche Entwicklungen werden sicher von großer Bedeutung sein für den Künstler und für den Wissenschafter, sowohl in der Kommunikation mit ihrem Publikum wie auch beim Teilen von Erfahrung und Einsicht zwischen Künstler und Wissenschafter. Wir sehen eine neue, möglicherweise viel schnellere und nicht-biologische menschliche Evolution, die aus der Wechselwirkung zwischen Mensch und Computer stammt. Dieser Vorgang wird der langsameren, Darwinschen Evolution überlagert und wird – durch das Medium Computer – resultieren in der "Evolution eines menschlichen Wesens aus einem menschlichen Wesen". Geradeso wie die überlegene Fähigkeit, mit seinen Mitmenschen zu kommunizieren, den Menschen vom Tier unterscheidet, so wird die vergrößerte Kommunikationskapazität der Künstler und Wissenschafter von morgen diese von uns unterscheiden.

Prof. Dr. Dipl.-Ing. Vladimir Bonacic