Liquid Views 1992

LiquidViews

Monika Fleischmann, Wolfgang Strauss

Ein waagerechter Bildschirm zeigt eine schimmernde Wasseroberfläche. Das Geräusch von Wasser ist zu hören. Nähertretend sehen BetrachterInnen ihr Bild im Wasser gespiegelt. Ein Fingertipp auf den sensitiven Bildschirm verursacht Wellen, und das Bild zerfließt. Je stärker die Berührung, umso mehr löst es sich auf. Kommen die Wellen zur Ruhe, erscheint das virtuelle Bild wieder unversehrt. Die künstliche Natur wird durch künstliche Intelligenz belebt.

Zeitgleich ist der Wasserspiegel als große Projektion sichtbar. Wie durch ein Vergrößerungsglas sehen sich die BetrachterInnen dort als BeobachterInnen ihrer selbst. Das virtuell gespiegelte Antlitz blickt von dort aus in den Raum. So wird der introvertierte Blick auf sich selbst scheinbar zu einem Blick auf die anderen. Gleichzeitig wird die intime Betrachtung zu einer öffentlichen Zurschaustellung.

Die interaktive Installation inszeniert die Parabel von Ovids Narziss als einen Akt der Selbst(be)spiegelung und übersetzt sie in eine visuelle und intellektuelle Reflexion über Bild und Abbild. Digitale Virtualität und körperliche Präsenz verschmelzen zu einer Mixed-Reality-Erfahrung.

„Liquid Views“ greift auf die Metapher des Wassers als Spiegel zurück, in dem BetrachterInnen mit sich selbst konfrontiert werden und in dem sich das digitale Universum reflektiert. Das Interface als solches wird nicht bewusst wahrgenommen. Reale und virtuelle Situation sind sensorisch miteinander gekoppelt. Das reale Bild der BeobachterInnen im fiktiven Bild des Wasserspiegels betont die Dualität von Weltbeobachtung und Selbstbeobachtung als Grundlage der Konstruktion von Wirklichkeit.

„Liquid Views“ war in der Version von 1992–93 (mit Christian Bohn) sechs Jahre und drei Rechnerportierungen lang in mehr als 50 kulturell unterschiedlichen Orten ausgestellt und hat die kulturellen Unterschiede der Akteure zum Sprechen gebracht. Die Installation war 1997 Teil der Eröffnungsausstellung des ZKM | Medienmuseums in Karlsruhe. Seit 2008 wird das reproduzierte Werk wieder ausgestellt.

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