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INFOWAR: Vom Cyberwar zum INFOWAR



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ARS ELECTRONICA FESTIVAL 98
INFOWAR. information.macht.krieg
Linz, Austria, september 07 - 12
http://www.aec.at/infowar
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Von Georg Schöfbänker

Vom Cyberwar zum INFOWAR
Computer und Telekommunikation für den "realen" und "virtuellen" Krieg


Was 'Krieg', was ein 'Computer' und was 'real', was 'virtuell', und 
schließlich was 'Kommunikation' ist, scheint alltagssprachlich allgemein 
bekannt und einleuchtend zu sein. Dennoch ist dies nicht der Fall. Eine 
begriffliche Analyse auch mit einer Klarstellung der Substanz der verwendeten 
Termini scheint erforderlich. 'Cyberwar', 'Infowar', 'Netwar' sind neue 
Begrifflichkeiten, die scheinbar einen Paradigmenwechsel vom generellen 
politischen und militärischen Konzept des Krieges verkünden und in der 
strategischen Versuchsanstalt des experimentellen Weltuntergangs und seiner 
gleichzeitigen Verhinderung durch Gegenmaßnahmen, der U.S.-amerikanischen 
RAND-Corporation, in den frühen 90er Jahren entwickelt wurden. Diese Begriffe 
'Cyberwar', 'Infowar', 'Netwar' finden sich bis heute noch in keinem 
Wörterbuch oder einem etymologischen Lexikon. Es sind nicht nur sprachliche, 
sondern auch kontextuelle und konstruktivistische Neuschöpfungen. In einer 
ersten Annäherung können diese Begriffe als 'kybernetischer Krieg', 
'Informationskrieg' und 'Krieg innerhalb von Computer-Netzwerken' übersetzt 
werden.
 
Der 'reale' 'Krieg' war im 19. und 20. Jahrhundert auf der nördlichen 
Halbkugel der Welt die Fortsetzung von nationalstaatlicher Machtpolitik mit 
Mitteln bewaffneter Auseinandersetzung zwischen diesen Nationalstaaten nach 
Maßgabe ihrer phantasierten territorialen, wirtschaftlichen und imperialen 
Reichsansprüche im Clausewitz'schen Sinn. Dies ist der Standpunkt des 
'politischen Realismus' der internationalen Beziehungen. Gleichzeitig waren 
kriegerische Auseinandersetzungen ein bis heute nicht vollständig 
dokumentiertes und aufgearbeitetes Kapitel der Unterwerfung und Ausbeutung 
der Peripherie im Weltsystem, des 'Südens' und der 'Kolonien', sowohl durch 
die industrialisiert-kapitalistische als auch durch die 
industrialisiert-kommunistische Welt.
 
'Krieg' zwischen Staaten der entwickelten Welt ist heutzutage 
unwahrscheinlich geworden, so heißt es. Sehr gewalttätige und mörderische 
Konflikte die etliche hunderttausend Menschenleben kosteten, haben dennoch in 
den letzten Jahren nicht aufgehört. Man denke nur an die Genozide in Afrika, 
oder an die Konflikte in den Zerfallsprodukten von Jugoslawien oder der 
Sowjetunion. Die Konfliktursachen werden als 'ethnische Konflikte' oder 
'neuer Tribalismus' zwischen 'Warlords' oder gar als 'Kampf der Kulturen' 
bezeichnet. Dies scheinen jedoch eher untaugliche intellektuelle Versuche zu 
sein, die dahinterstehenden Konfliktursachen zu beschreiben und zu erklären. 
Zum zusätzlichen Verstehen wären aber andere, weiterführende Schritte 
erforderlich. Mörderische Konflikte finden aber nach wie vor statt, auch wenn 
die Lehre des Völkerrechts und die Sprachregelung der internationalen 
Staatengemeinschaft andere Begrifflichkeiten dafür gefunden haben und der 
'Krieg' im klassischen Sinn, zumindest im 'reichen Norden', ausgedient haben 
mag.
 
Das Konzept des Krieges hat sich in der Logik der militärischen Planungen 
bisher nicht verändert. 'Si vis pax, para bellum' - 'Wenn Du den Frieden 
willst, so rüste für den Krieg' lautet noch immer das schon aus den Antike 
stammende Motto aus der Sicht und Logik der militärischen Eliten. Die daraus 
resultierenden intellektuellen Dilemmata sind hinlänglich bekannt: Aus 
Rüstung und wahrgenommener Bedrohung erfolgt Gegenrüstung und gespiegelte 
Bedrohungswahrnehmung. Die Begrifflichkeit und Logik des Krieges hat sich 
durch die Neuen Informations- und Kommunikations-technologien gleich 
entscheidend und bedeutend verändert, wie durch die Entwicklung und 
Einführung von nuklearen Waffen in der Mitte dieses Jahrhunderts.
 
C4I - 'Command, Control, Communication, Computer und Intelligence' lautet ein 
militärisches Kürzel, das die Tragweite des Einsatzes von konventionellen 
Waffen auf einem 'realen Schlachtfeld' des Krieges treffend auf den Punkt 
bringt. Von 'Kampfwertsteigerung' ist dabei die Rede, womit der punktgenaue 
Einsatz von 'intelligenter Munition', die ihr Ziel durch elektronische 
Leitsysteme selbständig finden kann, gemeint ist. War dieser Begriff von 
'Cyberwar' zunächst als Metapher gemeint, so ist daraus inzwischen ein 
operatives Konzept für den Einsatz auf einem Kriegsschauplatz entstanden. Der 
Golfkrieg der Alliierten gegen den Irak 1991 dient als Studienobjekt. 
'Cyberwar' ist gleichzeitig ein Sammelbegriff für die experimentelle 
Versuchsanstalt des neuen individuellen Soldaten in einer 
informationstechnisch verbundenen Kampfeinheit und auf Echtzeitkommunikation 
basierenden Soldaten, deren Kampfanzug einen Computer enthält und deren 
Waffen durch Datenfernübertragung ins Ziel gesteuert werden. 'Cyberwar' wird 
mit den Vorteilen von 'Blitzkrieg' gleichgesetzt, mit der Möglichkeit durch 
Datenfernübertragung und dem Einsatz von rechnergesteuerten Waffen einen 
'Vernichtungsvorteil' zu erzielen. 'Gegenwärtig ist das US. Militär weltweit 
führend in der Planung und Vorbereitung des Cyberwar, sowohl offensiv als 
auch defensiv. ... Die USA sind das einzige Land der Welt, dem ein breites 
Arsenal zur Verfügung steht, um Cyberwar als eine attraktive und 
durchführbare Option erscheinen zu lassen' schreiben die beiden RAND-Autoren 
John Arquilla und David Ronfeldt.
 'Infowar' schließlich geht weit über das Konzept der Steuerung von Waffen in 
ihr Ziel hinaus. Dieser Begriff wird auch als 'Strategic Information Warfare' 
beschrieben. Gemeint ist der Einsatz aller Mittel und Möglichkeiten der 
Informations- und Kommunikations-technologien für Sabotage und 
Desinformation. So etwa die Manipulation des Bank- und Finanzwesen, 
fernmeldetechnischer Einrichtungen, Behörden der öffentlichen Verwaltung und 
natürlich des Militärs. Stellt man erst einmal die These auf, daß das moderne 
Leben im 20. Jahrhundert ohne den Einsatz von Computern und Telekommunikation 
nicht mehr möglich wäre, so ist es nur ein kleiner Schritt, um die 
'Verwundbarkeit' dieser Systeme durch gezielte Angriffe zu behaupten und dies 
als eminente Bedrohung darzustellen. Diese Bedrohung erscheint jedoch in 
Ermangelung anderer Bedrohungsbilder teilweise erfunden oder hysterisch 
hochgespielt zu sein. Heutzutage werden Bedrohungsbilder bereits 
extraterristisch ausgewählt - der mögliche Einschlag eines Asteroiden auf der 
Erde in ca. 30 Jahren - um damit die weitere Entwicklung von Kernwaffen, die 
zu dessen Sprengung im Weltall erforderlich wären, plausibel erscheinen zu 
lassen, ein Konzept, das auf das 'Krieg-Der-Sterne-Projekt' der 80er Jahre 
zurückgreift.
 
Der Einsatz von Computern für militärische Zwecke ist damit aber noch immer 
nicht voll erfaßt. Gegenwärtig betreiben die USA das sog. 'Stockpile 
Stewardship Program' für das das US-Energieministerium am 3. Februar 1998 
einen Auftrag an IBM vergeben hat, um die weltschnellsten Supercomputer (100 
Teraflops) zu entwickeln. Diese werden von den 
US-Kernwaffenentwicklungslabors betrieben und können möglicherweise zur 
Weiterentwicklung oder gar zur Neuentwicklung von Kernwaffen verwendet 
werden, ohne daß dazu dann ein vollständiger Kernwaffentest erforderlich 
wäre, der nach dem gegenwärtigen 'Vollständigen Teststopp-Vertrag' nicht mehr 
erlaubt wäre. Die militärischen Wurzeln der Computer-Technik-Entwicklung 
finden sich überall im militärischen Bereich: Der ENIAC, einer der ersten 
primitiven elektronischen Rechner wurde für die Berechnung der ersten 
Thermonuklearwaffen entwickelt, die Dezentralisierung des Internet, wie wir 
es heute kennen, basiert auf den Anforderungen des US-Militärs, auch nach 
einem Kernwaffenschlag gegen ihr Territorium dezentrale 'überlebensfähige' 
Kommunikationseinrichtungen zur Verfügung zu haben. Womit sich der Kreis 
wieder schließt und man wohl für die Entwicklung der Rechenleistung von 
Computern als auch für die Meilensteine des Internet Brechts Ausspruch, der 
Krieg sei der Vater aller Dinge, zustimmen muß.
 
So verwundert es zuguterletzt nicht, wenn 'der Cyberspace', jener für viele 
der politischen und militärischen Eilten der Welt unbekannte Raum der 
modernen Informationsgesellschaft generell als Bedrohung wahrgenommen wird 
und aus diesem Raum auch militärische Angriffe auf die 
Informationsinfrastruktur erwartet werden. Wieviel dies mehr mit 'Science', 
mit 'Fiction' oder mit guter Public Relation zu tun hat, wird ein zentraler 
Gegenstand des diesjährigen Ars Electronica Festivals sein.
 
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