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Main IndexLIFESCIENCE: Patentschutz für Gentech-Pflanzen
--------------------------------------------------------- ARS ELECTRONICA FESTIVAL 99 LIFESCIENCE Linz, Austria, September 04 - 09 http://www.aec.at/lifescience --------------------------------------------------------- Neue Zürcher Zeitung, 29. Juli 1999 Patentschutz für Gentech-Pflanzen in Griffnähe Europäische Patentorganisation übernimmt EU-Richtlinie Die Europäische Patentorganisation gleicht die Normen zur Patentierung von Lebewesen der Biopatent-Richtlinie der EU an. Dieser Schritt dürfte einen seit Jahren dauernden Auslegungsstreit beenden und der Patentierung von gentechnisch veränderten Pflanzen und Tieren den Weg ebnen. Als Damoklesschwert über dem neuen Regime hängt aber der ausstehende Entscheid der Grossen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts zu einem Patentanspruch auf eine transgene Pflanze von Novartis. bst. Auf den 1. September 1999 übernimmt die Europäische Patentorganisation (EPO) faktisch die Normen über biotechnologische Erfindungen der Biopatent-Richtlinie der EU. Mit diesem - von der breiten Öffentlichkeit bisher unbemerkten - Beschluss versucht der Verwaltungsrat der EPO, Ordnung in den seit Jahren schwelenden Auslegungsstreit um Patente auf Leben zu bringen. Die heutige Patt-Situation dürfte damit deblockiert und die Patentierung von gentechnisch veränderten Pflanzen und Tieren grundsätzlich möglich werden. Für die «Life Science»-Industrie ist dieser Schritt zu einem umfassenden Patentschutz für biotechnologische Innovationen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Grosse Auslegungsprobleme Grösste Schwierigkeiten in der Patentpraxis mit gentechnologischen Erfindungen bereitete bisher Artikel 53b des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ). Nach dieser Bestimmung können Pflanzensorten und Tierrassen nicht patentiert werden. Die Praxis des Europäischen Patentamtes (EPA) folgte zunächst der Linie, dass keineswegs Pflanzen und Tiere schlechthin von der Patentierbarkeit ausgeschlossen seien, wie die Beschwerdekammer 1984 zur Patentierung eines chemisch behandelten Saatgutes von Ciba-Geigy und 1990 zur Harvard-Krebsmaus entschieden hatte. 1995 jedoch verweigerte die Beschwerdekammer für Biotechnologie in einem Leiturteil zu einer gentechnisch veränderten, herbizidresistenten Pflanze der Firma Plant Genetic Systems den Patentschutz für die Pflanze selbst. Sie sah im allgemein auf Pflanzen erhobenen Patentanspruch eine Umgehung der einschlägigen Bestimmung des Patentübereinkommens, das Pflanzensorten als nicht patentierbar erklärt. Der generell auf Pflanzen gerichtete Anspruch, so lautete die Begründung, umfasse tatsächlich Pflanzensorten im Sinne des Sortenschutz-Rechtes. Mit diesem Richtspruch war die Patentierbarkeit gentechnisch veränderter Pflanzen praktisch ausgeschlossen. Nach wie vor hängig ist in der thematisch gleich gelagerten Streitsache die (letztinstanzliche) Entscheidung der Grossen Beschwerdekammer zum Patentanspruch von Novartis auf eine transgene Pflanze. Mit Verweis auf den Entscheid über Plant Genetic Systems war der Anspruch von Novartis zurückgewiesen worden. Novartis legte Beschwerde ein; in der Folge legte die technische Beschwerdekammer den Fall als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Grossen Beschwerdekammer vor. Klärende EU-Richtlinie Klärung bringt nun - unter Vorbehalt - die Biopatent-Richtlinie der EU. Die «Richtlinie über den Schutz biotechnologischer Erfindungen» wurde nach über zehnjährigem politischem Ringen vom Europäischen Parlament am 6. Juli 1998 verabschiedet und am 30. Juli 1998 in Kraft gesetzt. Die EU-Mitgliedstaaten müssen sie bis Ende Juli 2000 in das nationale Recht umsetzen. Die EU-Richtlinie hält zwar übereinstimmend mit dem Europäischen Patentübereinkommen fest, dass Pflanzensorten und Tierrassen nicht patentierbar sind. In einem weiteren Absatz präzisiert die Biopatent-Richtlinie indessen, dass Pflanzen oder Tiere patentierbar sind, «wenn die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist». Damit ist die Türe für die Patentierung von Pflanzen und Tieren ausdrücklich aufgestossen worden. Allerdings ist die Europäische Patentorganisation mit der EU nicht deckungsgleich und formell von ihr unabhängig; der EPO gehören Österreich, Belgien, die Schweiz, Zypern, Deutschland, Dänemark, Spanien, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, Griechenland, Irland, Italien, Liechtenstein, Luxemburg, Monaco, die Niederlande, Portugal und Schweden an. Um Konflikte zwischen diesen beiden Patentrechts-Systemen zu vermeiden, hat der EPO-Verwaltungsrat - er setzt sich zusammen aus den Vertretern der EPO-Mitgliedstaaten - am 16. Juni dieses Jahres beschlossen, die Vorschriften der EU-Richtlinie mit Wirkung auf den 1. September in die Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen zu übernehmen. Die Ausführungsordnung ist unmittelbar verbindlich, für die nationalen Richter ebenso wie für die EPO-Beschwerdekammern. Kompetenzordnung eingehalten? Hat denn der EPO-Verwaltungsrat überhaupt die Kompetenz zu dieser Harmonisierung mit EU-Recht? «Nach unserer Auffassung geht die Richtlinie nicht über das geltende europäische Patentrecht hinaus», erklärte Ulrich Schatz, Hauptdirektor Internationale Angelegenheiten im EPA, gegenüber der NZZ. Die von der EU-Richtlinie inspirierte Ausführungsordnung gehe nicht über das hinaus, was durch die Auslegung des Europäischen Patentübereinkommens gewonnen werden könne. In gleichem Sinn machte Christian Gugerell, Direktor Biotechnologie im EPA, geltend, es gelte das in den fünfziger Jahren konzipierte Patentübereinkommen - Gentechnologie gab es noch nicht - im Lichte der technischen Entwicklung sinnvoll auszulegen. Zum Ausschluss von Tierrassen und Pflanzensorten sei es gekommen, weil damals der Patentschutz kein geeignetes Mittel war. Bei der Methode der Züchtung fehlten die Merkmale erfinderische Tätigkeit und Wiederholbarkeit. Mit der Methode der Gentechnologie könnten diese Kriterien indessen erfüllt werden. Ab dem 1. September ist die patentfreundliche Regelung geltendes Recht. Rund 100 Patentanmeldungen, die wegen der unklaren Rechtslage sistiert worden waren, werden dann umgehend nach neuem Recht behandelt. Ein Damoklesschwert hängt dennoch über dem neuen Regime: der Novartis-Entscheid, den die Grosse Beschwerdekammer voraussichtlich erst im nächsten Frühjahr fällen wird. Zwar ist auch für diese Kammer das neue Recht verbindlich, doch als höchste Instanz kann sie die Normen der Ausführungsordnung überprüfen. Dabei kann sie auch zum Schluss kommen, dass diese Normen unvereinbar seien mit dem Europäischen Patentübereinkommen. Zur Harmonisierung des EPÜ mit der EU-Richtlinie müsste dann der langwierige Weg über eine diplomatische Konferenz mit anschliessendem Ratifizierungsverfahren in allen EPO-Mitgliedstaaten beschritten werden. Die Patente auf Tiere und Pflanzen, die in der Zwischenzeit schon erteilt wurden, würden ihre Gültigkeit trotzdem behalten - es sei denn, es werde Einspruch dagegen erhoben. Neue Zürcher Zeitung, 29. Juli 1999 --------------------------------------------------------------------------- You are subscribed to the German language version of LIFESCIENCE To unsubscribe the German language version send mail to lifescience-dt-request@aec.at (message text 'unsubscribe') Send contributions to lifescience@aec.at --------------------------------------------------------------------------
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