TSUKUBA-UNIVERSITÄT bei der ARS ELECTRONICA

Die Ars Electronica beschäftigt sich seit jeher (also 1979) mit den Schnittstellen zwischen Kunst und Technologie, mit Dingen, die viele Schichten anbieten, viele Blicke fangen und uns spannende Neuentwicklungen und nicht selten radikale Perspektiven auf Alltägliches und Kurioses präsentieren. Und die Ars Electronica ist damit freilich nicht allein; einer Institution, die sich mit ganz ähnlichen Themen beschäftigt, wird eine Ausstellung gewidmet: Die Tsukuba-Universität.

Sogar 2 Jahre älter als die Ars legte die Tsukuba-Universität ihren eigenen Grundstein als Kunst- und Designschule mit den Lehrgängen „Plastic Arts“ und „Mixed Media“, Richtungen, die wir heutzutage als gegeben hinnehmen, die allerdings vor 30 Jahren einiges an Aufsehen und Stirnrunzeln erregten, auch weil Japan damals erst die allerersten Schritte zur Technologienation machte. Das Selbstverständnis der Universität ist eines, das sich nach vorne richtet, man möchte keine Universität der Tradition sein, sondern eine, die vorantreibt.

Im Laufe der Jahre lieferten die Studentinnen und Studenten herausragende Arbeiten ab, die oftmals die Art, wie wir Dinge betrachten, wie Dinge funktionieren, nicht nur hinterfragt, sondern durchaus auf den Kopf stellt. Einige solcher Arbeiten werden im Rahmen der „Campus-Ausstellung“ bei der diesjährigen Ars Electronica präsentiert, einen kleinen Vorgeschmack gibt es hier.

Toshio Iwai entwickelte ein Musikinstrument, welches Musik und Graphik auf spektakuläre Weise verbindet. Wenn man es in der Hand hält, fühlt es sich an wie ein knubbeliger Bilderrahmen, und auch die vielen Punkte, die einen nur grau anstummen, verraten nicht unbedingt, worum es sich bei diesem Gerät handelt. Dass es sich überhaupt um ein Gerät handelt, das lässt sich bloß über das kleine Display am unteren Rand erahnen, und ein paar Anschlüsse sind auch dabei. Schaltet man das Tenori-On ein, beginnen die graue Punkte zu tanzen und zu leuchten, und genau jetzt ist der Moment gekommen, an dem man Kopfhörer oder Lautsprecher aufsetzen sollte, sonst verpasst man das Beste.

httpv://www.youtube.com/watch?v=GE-lJzKIzDE
Der Erfinder selbst spielt sein Instrument

Je nachdem, in welchem Betriebsmodus man das Instrument betreibt, haben die X- und die Y-Achse verschiedene Funktionen. Wer es gern halbwegs traditionell hat, steigt dort ein, wo die Horizontale die Zeitachse, die Vertikale die Tonhöhe übernimmt, und dann beginnt man mal herumzudrücken, denn jeder Punkt ist eine Note. Welche, das wird über Skalen definitiert, und wie es sich für ein elektronisches Instrument gehört, lassen sich die unterschiedlichsten Sounds aus dem Tenori-On herauskitzeln, von Pianoklängen über Froschorchester ist vieles dabei, was Spaß macht.

Im ersten Modus arbeitet das Tenori-On also eigentlich wie ein Sequenzer, dem man Tonfolgen vorgibt, und die im Loop immer und immer wieder abgespielt werden, so weit, so normal. Spannend wirds, wenn wir in die Welten eintauchen, wo sich das Musikmachen mit dem Tenori-On vom Musikmachen mit anderen Instrumenten zu lösen beginnt, beispielsweise wenn man auf der Matrix zu zeichnen beginnt, weil man mag, wie die Noten in Drei- oder Mehrecken jeweils hin- und herpendeln und die Tonhöhen von den Distanzen zwischen den Punkten beherrscht werden. Oder wenn sich Kreise zu drehen beginnen und man sich völlig darauf einlässt, was die blinkenden Punkte zum Thema Musizieren verraten können, es ist nämlich wirklich unglaublich, wie man durch dieses Instrument aus dem womöglich über Jahre trainierten Duktus des Musik-Machens gerissen wird und etwas völlig Neues erzeugt, von dem man wahrscheinlich nicht wusste, dass es in einem schlummert. Und genau das sind die Dinge, die uns bei der Ars Electronica interessieren und begeistern, ebenso wie die Tsukuba-Universität.

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