Android-Theater und ein paar Fragen

Stellen sie sich vor, sie sind eine Hülle, sie sprechen und sie lachen und sie weinen und sie spucken, aber sie geben nur die Befehle, sind in einer Steuerzentrale und steuern einen Roboter. Wo sind Sie? Sind Sie zum Roboter geworden, oder immer noch Mensch? Woher wissen Sie, dass es nicht schon jetzt genau so funktioniert? Dass das, was Sie als Ihren Körper wahrnehmen, gar nicht Ihr Körper ist, sondern nur eine Hülle, und Sie ganz woanders sind?

Es wird viele geben, die an dieser Stelle sagen: Na, Moment, natürlich wissen wir, wer wir sind, wir können uns ja schließlich aufschneiden und zeigen, dass wir bluten. Und was, wenn wir eine blutende Maschine sind?

Und was ist eigentlich mit der Seele? Vielleicht ist sie es, was man ein Kontrollzentrum nennen könnte, vielleicht können wir Körper tauschen, in anderen Leben mitlauschen?

Solche Fragen als absurd abzutun, ist relativ einfach, also kommen wir mal zu Konkreterem. Ishiguro bastelt seit langer Zeit an Robotern, an Humanoiden, an Androiden. Er ist zur Zeit so weit, dass er sich selbst wiedererschaffen hat, als Roboter, und die Ähnlichkeiten sind verblüffend. Und stell dir jetzt folgendes vor: Du kannst diesen Roboter steuern, du hörst, was er hört, siehst, was er sieht, er spricht mit deiner Stimme und mit deiner Mimik, denn du wirst gefilmt und die Mimik auf das Gesicht des Roboters übertragen. Was ist dann dein Körper, welcher Körper interagiert mit dem Umfeld?

httpv://www.youtube.com/watch?v=F-tTS7Ze85o
Hiroshi Ishiguro stellt seinen Geminoid HI-1 bei der Ars Electronica vor und spricht über seine Ideen

Oder stell dir vor, eine Person, die dir nahe steht, steuert diesen Roboter, und du unterhältst dich mit dieser Person. Sie sagt eindeutig das, was sie immer sagt, und sie schaut auch irgendwie so aus, sie klingt genauso, aber doch ist sie es nicht, oder doch? Wie würdest du reagieren, wenn sie auf einmal einen anderen küsst?

Im Neuen Dom wird ein Theaterstück, Ishiguro hat es gemeinsam mit Oriza Hirata erarbeitet, aufgeführt. Die Protagonisten sind eine Schauspielerin und einAndroid, es wird nicht verraten, wer wer ist, und das trägt zur Spannung bei. Die Grenzen beginnen zu verschwimmen, wir nähern uns Ishiguros Ziel, nämlich dass wir Roboter vermenschlichen, mit ihnen interagieren, als seien sie genauso, wie wir. Und vielleicht werden bald keine RezeptionistInnen in mühsamen Nachtschichten gequält werden müssen.

Das Theaterstück wirft spannende Fragen auf, die einen selbst dazu bringen, die eigene Wahrnehmung zumindest ein wenig in Verdacht zu nehmen. Wer sich das traut, sollte dieses Spektakel auf keinen Fall verpassen.

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