Eine Einführung ins Hören
Unsere Welt, beziehungsweise die, auf der wir leben, denn wer sagt schon, dass es unbedingt unsere ist, kann man auf viele verschiedene Arten und Weisen wahrnehmen. Diese Wahrnehmungsweisen sind zum einen stark Spezienspezifisch, der Maulwurf sieht angeblich ganz schlecht, die Fliege in vielen Facetten, was der Hund mit seiner Nase aufnimmt, ist dem Menschen völlig fremd, der Tastsinn kann eine große oder gar keine Rolle spielen, und auch beim Gehör gibt es fantastische Unterschiede.
Sam Auinger, der Featured Artist 2011 und überhaupt ein alter Bekannter, der die Ars Electronica auch als eine seiner künstlerischen Wiegen bezeichnet, beschäftigt sich mit dem, wie wir die Welt hören, wie wir sie akustisch wahrnehmen, es stellt das Gehör ins Zentrum, obwohl es nur seitlich am Kopf Platz findet, was freilich für seine Funktion ganz wichtig ist, und versucht zu erfassen, und vor allem auch wiederzugeben, was sich tut, wenn wir mal genauer hinhören, oder gar nicht.
Wie unser Gehör funktioniert, das ist bei allen Menschen im Wesentlichen gleich: Außen am Kopf haben wir meistens 2 Ohrwascheln, eines links, eines rechts, da geht der Schall, also die Schallwellen, also Materie, die komprimiert und weniger komprimiert wird, zunächst hinein, wird durch die Muschelform gebündelt, und schon hier passiert etwas kluges: Denn je nachdem, ob die Schallwellen von vorne, von der Seite oder von hinten kommen, klingen diese Wellen anders, werden gefiltert, und somit können wir uns schon mal horizontal orientieren. Vertikal ist ein wenig komplizierter.
Als nächstes trifft der Schall auf das Trommelfell, welches einige Funktionen hat. Einerseits schützt es das Innenohr vor zu viel Schalldruck, wenns dem Fell zu viel wird, kann es reissen, und dann gibt es Probleme, Entzündungen, Flüssigkeit, solche Kleinigkeiten. Außerdem überträgt das Trommelfell die Schwingungen an Hammer, Amboß und Steigbügel, und diese Teile sind fast so etwas wie eine mechanische Übersetzung Richtung Innenohr, der Schnecke, wo die Wahrnehmung der einzelnen Frequenzen, der verschiedenen Tonhöhen stattfindet. Hier sitzt nämlich die Basilarmembran, eine ziemlich kleine Ebene, auf der Gehörhärchen angeordnet sind, für jede Frequenz eine gewisse Anzahl, dort, wo die menschliche Stimme liegt, am meisten, damit wir uns besonders gut verstehen können. Hier streifen die Schallwellen vorbei und je nachdem welche Frequenz sie haben, knicken die entsprechen Härchen um und senden einen elektrischen Impuls ans Gehirn, welches dann sagt: Aha, das ist jetzt als ein A. Wenn man über absolutes Gehör verfügt. Wenn nicht, hört man trotzdem das Gleiche, weiß es nur nicht. Frönt man dem regelmäßigen Discobesuch, kann es passieren, dass diese Härchen irgendwann sagen: Wissts was, wenn ihr eh ständig wollts, dass ich was schick, dann mach ich das ab jetzt die ganze Zeit, und schon ist der Tinitus geboren.
Soviel zum Funktionsprinzip des Gehörs.
Sam Auinger, My Eyes, My Ears
Was Sam Auinger macht, ist die psychoakustische Seite dieser Geschichte zu bearbeiten. Denn technisch gesehen hören wir alle ziemlich ähnlich, aber in der Praxis freilich offenbaren sich Unterschiede, und der Künstler geht diesen Unterschieden nach, erkundet Spannungen, nicht nur akustische, sondern auch die Spannungen zwischen dem, was wir visuell wahrnehmen, und dem, was gehört wird, Hunde, die wie Elefanten klingen, oder Brücken, die singen, beispielsweise.
Im Rahmen der Ars Electronica wird sich Sam Auinger den Neuen Dom in Linz zur Brust nehmen und ihn eine Nacht lang zum Schaffen seines künstlerischen Schaffens machen. Demnächst wird es an dieser Stelle ein Interview mit dem Künstler geben, einen Überblick über sein bisheriges Schaffen gibt es unter anderem hier: www.samauinger.de