GOODBYE PRIVACY


Festival Ars Electronica 2007

Zwischen den Angstszenarien einer perfekten Überwachung und der Begeisterung an medialer Selbstdarstellung bildet sich eine neue Alltagskultur aus. In der alles öffentlich und nichts mehr privat scheint. Panoptikum oder vollendete (Meinungs-) Freiheit des/der Einzelnen? In Form von Symposien, Ausstellungen, Performances und Interventionen begibt sich das Festival Ars Electronica 2007 auf eine Spurensuche nach Bedeutung und Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit. Von 5. bis 11. September 2007. In ganz Linz.

Second City

Vor dem Hintergrund der (unfreiwilligen) digitalen Transparenz und (freiwilligen) Veräußerung von Privatheit „veröffentlicht“ sich auch das Festival. Städtische Räume und Infrastruktur dienen Ars Electronica dabei nicht nur als Bühne, sondern als Medien, die mit künstlerischen Interventionen verschmelzen ihrerseits zur Botschaft werden. Epizentrum dieser „Durchdringung“ wird die Marienstraße, eine seltsam tote Insel mitten im Linzer Zentrum. Die vielen hier leerstehenden Geschäftsräumlichkeiten bewirken eine Atmosphäre, die der Kulissenhaftigkeit virtueller Städte und Gebäude stark ähnelt. Ars Electronica wird diese Geschäftsräumlichkeiten anmieten und die Marienstraße zur Second City, zum Portal zwischen Wirklichkeit und Künstlichkeit, umfunktionieren. Was hier zwischen 5. und 11. September inszeniert wird ist keine Belebung im städteplanerischen Sinn, sondern besitzt flüchtigen, virtuellen Charakter. Ist reale Künstlichkeit und vice versa künstliche Realität. Die traditionelle Ausbreitung des Festivals erreicht damit eine neue Qualität – nicht nur in die Stadt hinaus, sondern durch die Stadt hindurch.

Ars Electronica – bleibt alles anders

Ein Mix aus traditionellen Programmpunkten und völlig neuen Ansätzen macht GOODBYE PRIVACY in mehrerlei Hinsicht zu einem einzigartigen Festival. Nicht nur die „Kunst im öffentlichen Raum“ erfährt eine qualitative Weiterentwicklung zur „Kunst als öffentlicher Raum“. Auch die Konzeption des mittlerweile traditionellen Campus unterscheidet sich grundlegend von jener der vergangenen Jahre: Campus 2.0 begreift Vernetzung nicht nur als Chance zum Austausch von Erfahrungswerten und Wissen, sondern als grundlegenden Wesenszug des Forschungsprozesses an sich. Nicht die Leistungsschau einer (Kunst-) Universität, sondern die Vernetzung von Forschungseinrichtungen steht deshalb im Mittelpunkt. Ein weiteres Novum bringt das Animation Festival: 2005 erstmals Programmpunkt der Ars Electronica, wird das Animation Festival heuer exportiert und findet nicht nur in Linz, sondern zeitgleich auch in Wien und Kiew statt.
Ebenfalls zum ersten Mal ist Radio Ö1 mit seinem neuen „Mobilen Atelier“ präsent. Das prototypische Container-Modul ist für sich ein innovatives Kunstwerk, das mit dem jeweiligen Environment in Dialog tritt. Darüber hinaus bietet das „Mobile Atelier“ Raum für künstlerische Arbeitsprozesse und Ausstellungsflächen.
Ein weiteres Experiment wagen Ars Electronica und Stephan Doesinger mit „Bastard Spaces“, der ersten „Annual Architecture Competition in Second Life“. Der offene Wettbewerb begibt sich auf eine Spurensuche nach neuen Trends in Architektur und Design.