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Genfer Abkommen

Die vier Genfer Rotkreuz-Abkommen von 1949

I. Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde (Urfassung: 1864)

Dieses Abkommen verbietet den Kriegsführenden, Verwundete zu mißhandeln oder zu töten, und verpflichtet sie, ihnen zu helfen.

Einrichtungen, die der Pflege der Verwundeten oder Kranken dienen, dürfen nicht angegriffen oder zerstört werden. Ärzte und Pflegepersonal genießen gleichfalls internationalen Schutz.

Zivilpersonen dürfen ungehindert Verwundete pflegen. Das Zeichen dieses Schutzes ist das rote Kreuz auf weißem Grund, das nicht mißbräuchlich verwendet werden darf.

II. Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See (Urfassung: 1907)

Durch dieses Abkommen sind Verwundete und Schiffbrüchige im Seekrieg geschützt. Jeder Angriff auf ihr Leben und jegliche Schädigung ihrer Person ist verboten. Sie müssen geborgen und gepflegt werden.

Rettungsboote und Lazarettschiffe sowie deren Personal und Material sind wie Feldlazarette und Krankentransportfahrzeuge geschützt. Die kriegsführenden Mächte müssen die gefangengenommenen verwundeten, kranken oder schiffbrüchigen Angehörigen der feindlichen Mächte wie ihre eigenen behandeln.

III. Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen (Urfassung: 1929)

Kriegsgefangene dürfen nicht beleidigt, mißhandelt oder getötet werden. Sie stehen unter dem Schutz des Roten Kreuzes. Die Gewahrsamsmacht muß sie so verpflegen und betreuen wie ihre eigene Truppe. Die Kriegsgefangenen dürfen ihre Familien benachrichtigen sowie Post- und Geschenksendungen empfangen; persönliches Eigentum wird ihnen belassen. Sie dürfen nur unter bestimmten Bedingungen und gegen Entgelt zur Arbeit angehalten werden.

Schwerverwundete Kriegsgefangene müssen nach Hause geschickt werden. Nach Kriegsende sind alle Gefangenen ohne Verzögerung in die Heimat zu entlassen.

Zur Vermittlung von persönlichen Nachrichten wird eine Zentralstelle beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz in Genf eingerichtet.

IV. Abkommen zum Schutze der Zivilpersonen in Kriegszeiten (1949)

Die Kriegsführenden verpflichten sich, alle nicht an den Feindseligkeiten beteiligten Personen zu schützen. Vor allem ist es verboten, Menschen zu foltern, grausam oder entehrend zu behandeln oder ohne rechtmäßig ergangenes Urteil hinzurichten.
Kranke müssen wie verwundete Soldaten geschützt werden. Zivilisten im Feindesland haben ein Recht auf Heimkehr. Die Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten soll ihr gewohntes Leben fortsetzen können. Die Menschen dürfen nicht verschleppt oder umgesiedelt, Jugendliche unter 18 Jahren nicht zur Arbeit verpflichtet, für Frauen, Kinder und Greise können Schutzzonen eingerichtet werden. Die Besatzungsmacht muß die im bestehenden Land existierende Rotkreuz-Gesellschaft schützen und darf sie an ihrer Tätigkeit nicht hindern.

Die zwei Zusatzprotokolle von 1977

erweitern die Genfer Abkommen. Das erste befaßt sich mit internationalen Konflikten, das zweite mit nicht internationalen. Sie legen u. a. fest,

  • die Persönlichkeit des Menschen, seine Ehre, Sitten und religiöse Überzeugungen, sowie die Rechte der Familie zu respektieren,
  • grausame Behandlungen, Vernichtungen, Folterungen, Hinrichtungen ohne ordentliche Gerichtsverfahren, Verschleppungen, Plünderungen, Gewalttätigkeiten jeder Art und ungerechtfertigte Zerstörung von privatem Eigentum zu untersagen.
Das zweite Zusatzprotokoll erweitert den gemeinsamen Artikel 3 der Genfer Abkommen (nicht internationale bewaffnete Konflikte) durch ausführliche Schutzbestimmungen zugunsten von Zivilbevölkerung, Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen.

Der Artikel 3, der in allen vier Genfer Abkommen gleichlautend formuliert ist, faßt die humanitären Mindestanforderungen für alle bewaffneten Konflikte zusammen:

"Im Falle eines bewaffneten Konflikts, der keinen internationalen Charakter hat und auf dem Gebiet einer der Hohen Vertragsparteien entsteht, ist jede der am Konflikt beteiligten Parteien gehalten, mindestens die folgenden Bestimmungen anzuwenden:

  1. Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die durch Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeine andere Ursache außer Kampf gesetzt sind, werden unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt, ohne jede auf Rasse, Farbe, Religion oder Glauben, Geschlecht, Geburt oder Vermögen oder irgendeinem anderen ähnlichen Unterscheidungsmerkmal beruhende Benachteiligung.
    Zu diesem Zweck sind und bleiben in bezug auf die oben erwähnten Personen jederzeit und überall verboten:
    1. Angriffe auf das Leben und die Person, namentlich mit Tötung jeder Art, Verstümmelung, grausame Behandlung und Folterung;
    2. das Festnehmen von Geiseln;
    3. Beeinträchtigung der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung;
    4. Verurteilungen und Hinrichtungen ohne vorhergehendes Urteil eines ordentlich bestellten Gerichtes, das die von den zivilisierten Völkern als unerläßlich anerkannten Rechtsgarantien bietet.
  2. Die Verwundeten und Kranken werden geborgen und gepflegt. Eine unparteiische humanitäre Organisation, wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, kann den am Konflikt beteiligten Parteien ihre Dienste anbieten.
    Die am Konflikt beteiligten Parteien werden sich andererseits bemühen, durch Sondervereinbarungen auch die anderen Bestimmungen des vorliegenden Abkommens ganz oder teilweise in Kraft zu setzen.