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Conferences

10.09. - 10.09.13:30 - 19:00

Kunstuniversität Linz / K2

Closeness vs Dislocation – Contextualising Net-Based Art

In den 1990er Jahren erweiterte sich das Feld der Medienkunst um das Genre der Netzkunst. Explorierend und impulsgebend, die Grenzen des Mediums und des Kunstbegriffs kritisch auslotend wie überschreitend - und trotzdem oftmalig für obsolet erklärt.

Das 2005 gegründete Ludwig Boltzmann Institut Medien.Kunst.Forschung. in Linz hat es sich zur Aufgabe gesetzt, diese verhältnismäßig junge Spielart der Medienkunst in kunstwissenschaftliche Forschungsabläufe zu integrieren, hierzu werkspezifische Beschreibungsformen zu entwickeln und bestehende quellentheoretische Herangehensweisen miteinander zu kombinieren. Anhand der Diskussion unterschiedlicher methodischer Zugänge versucht die Konferenz „Closeness vs Dislocation - Contextualising Net-Based Art“, Internetkunst in einen notwendigerweise interdisziplinären Kontext der Medienkunstforschung zu stellen und im Sinne des „Digital Cultural Heritage“ Fragen der Archivierung und Re-Präsentation dieser Kunstform zu thematisieren.

Neben der mediengeschichtlichen Aufarbeitung der erfolgten Konstitution des Mediums Internet und den daraus zu folgernden Auswirkungen auf künstlerische Schaffensprozesse (Ted Nelson, Lev Manovich, Marc Ries), werden explizit kunsthistorische Annäherungen und Referenzen zwischen netzbasierten und traditionellen Kunstformen erörtert (Julian Stallabrass, Verena Kuni, Charlie Gere). Die Vorstellung des Archivierungs- und Dokumentationsprojektes „netzpioniere.at“ (Gunther Reisinger, Dieter Daniels,) stellt die Verbindung der theoretischen Basis mit restauratorischen und archivarischen Anwendungen her und wird demnach als angewandte Grundlagenforschung den Rahmen der Veranstaltung schließen.

13:40 - 14:20 Uhr:

Ted Nelson (AU)

“Unifying Future Media” 

Trotz Gerüchten von “Konvergenz”, von einem Zusammenfließen, bleiben die einzelnen Medien Text, Audio und Video vollständig getrennt – verschieden durch die Struktur, die Präsentation und ihre digitale Repräsentation. Diese Medien wurden in Nachahmung des jeweiligen Pendants – Papier, Platte, Film, Fernsehsendung – digitalisiert. 

Unser Ansatz ist der gegenteilige: Ein vereinigendes Datensystem, das alle drei – einzeln oder zusammen – gegebenenfalls mit gemeinsamen Visualisierungen darstellt. Dieses System soll eine einfache Hybridisierung der neuen Medien ermöglichen – z.B. Text mit Audio, Audio mit Text, Multiscreen-Filme, oder eine durchgehend interaktive Mischung. Selbstverständlich können wir auch herkömmliche Präsentationen wieder aufnehmen. Diese Datenstruktur bezeichnen wir als eine EDL – eine verallgemeinerte EDL auf Basis der “Edit Decision List” (Montageentscheidungsliste) für Video und Filme, wobei wir zusätzliche Ebenen für Formatierung, Links, zusätzliche Strukturen sowie Interaktion hinzufügen. Wir meinen, dass dieser Ansatz zugleich wandlungsfähiger und einfacher ist als herkömmliche Ansätze.

14:20 - 14:50 Uhr

Lev Manovich (US)

“Die unbegrenzte Ausdehnung” 

Lev Manovich präsentiert eine kurze Kulturgeschichte der langsamen Verwandlung des Computers in eine Maschine zur Mediensimulation sowie der Erfindung neuer Medien vom Anfang der 60er Jahren bis Ende der 70er Jahren (u.a. Sutherland, Nelson, Engelbart, Kay, Negroponte). Manovich behauptet, dass wir uns heute mit den unvorhergesehenen Konsequenzen dieser Transformation auseinandersetzen müssen: Die ständig neue Erfindung neuer Medien durch DesignerInnen, ProgrammiererInnen, InformatikerInnen und KünstlerInnen verdrängt die Schaffung von Inhalten. So gesehen sind die Medien nun doch die Botschaft geworden. Genauer gesagt: Sich stets verändernde und ausdehnende Medienmöglichkeiten sind kulturell wichtiger als Inhalt geworden.

14:50 - 15:20 Uhr

Marc Ries (AT)

„Die Kunst des Teilens. Von der frühen Netzkunst zum Web 2.0“ 

Netzkunst wird einführend verstanden als die Kunst des Netzes, des Massenmediums Internet, eine singuläre Ästhetisierung der Akte, damit der Existenz seiner Benutzer herbeizuführen. Diese Ästhetisierung kann – gerade in der Frühzeit der Telekommunikationprojekte – mit Walter Benjamin als „unsinnliche Ähnlichkeit“ beschrieben werden, ihr zentrales Medium war die Schrift und die Musik, waren Diskussionen in Mailboxen, kollaboratives Schreiben, auf Text basierte Spielwelten, waren Konzertübertragungen als „Telefonmusik“. Der Vortrag wird diese erste Phase der Netzkunst als Einsicht in die Ontologie des Internet nutzen, in die Doppelfigur des Teilens als „dividere“ und „participere“, die sich bis heute und zumal in den Applikationen des Web 2.0 wiederfinden lässt.

15:40 - 16:10 Uhr

Charlie Gere (UK)

“Netz-basierte Kunst und die Galerie” 

In dieser Präsentation geht es um das Verhältnis zwischen netzbasierter Kunst und traditionellen Kultureinrichtungen wie z. B. Galerien und Museen.Diese Art von Kunst ist ein Produkt des “neuen Regimes der Telekommunikation”, des “neuen elektronischen Raums”, des Raums des Fernsehens, des Kinos, des Telefons, der Videos, der Email, des Hypertextes und des Internets. Nach J. Hillis Miller hat dieser Raum die Ökonomien des Selbsts, des Wohnens, der Arbeitstelle, der Universität, der nationalstaatlichen Politik, die traditionell um die festen Grenzen einer Dichotomie zwischen Innen und Außen geordnet waren, grundlegend verändert (mit anderen Worten: “Good-bye Privacy”). Als ein weiteres Produkt dieser Dichotomie steht die Galerie bzw. das Museum vor einer fundamentalen Herausforderung durch die Auswirkungen netzbasierter Kunst, die diese Innen/Außen-Trennungen durchkreuzt. Abgesehen von den (weitgehend unüberwindbaren) praktischen Problemen, die solche Arbeiten darstellen, stellen sie die Rolle sowie die weitere Existenz der Galerie in diesem “neuen Regime der Telekommunikation” radikal in Frage.

16:10 - 16:40 Uhr

Verena Kuni (CH)

"Warum ich nie zu einer Netzkunsthistorikerin geworden bin"

Wie der Titel ankündigt, wird mein Vortrag der Frage nachgehen, warum ich nie zur "Netzkunsthistorikerin" geworden bin. Zwar mag die Formulierung zunächst suggerieren, die Gründe hierfür seien eher persönlicher und subjektiver Natur gewesen. Zu meinem eigenen Bedauern ist dies jedoch nicht der Fall – und die Gründe waren auch keineswegs immer dieselben. Vielmehr hat es über die Jahre hinweg signifikante Veränderungen und Verschiebungen in der Konstellation der Faktoren gegeben, die mich daran hinderten, eine entsprechende Position zu beziehen.
Tatsächlich kann mein Versuch, diese Konstellationen genauer zu untersuchen, einen weiterführenden Einblick in das ermöglichen, was zuweilen als "eine" oder sogar "die Geschichte der Netzkunst" bezeichnet wird. Darüber hinaus bietet sich in diesem Rahmen die Gelegenheit, eine ganze Reihe methodologischer, technischer bzw. technologischer, ökonomischer und kontextbezogener Probleme zu diskutieren, die für eine systematische Beschäftigung mit den Entwicklungen in diesem Feld kultureller Produktion von Bedeutung sind. 

16:40 - 17:10 Uhr

Julian Stallabrass (UK)

“Kann die Kunstgeschichte das Netz erschliessen?“ 

Scheinbar verursacht Internetkunst verschiedene grundlegende Probleme für Kunstinstitutionen, u.a. die Kunstgeschichte. Einige davon gehören zum allgemeineren Problem der “post-medialen” Kondition; andere zu den spezifischen Schwierigkeiten in Bezug auf Definition, den festen Kunstobjekt, Besitzverhältnisse, das Kuratieren sowie die Konservierung. Dennoch hält das Modell „Kunst“ immer noch für viele, die kulturellen Arbeiten für das Netz schaffen, einen starken Anreiz, auch wenn sie mit den Komponenten der Kunstgeschichte genauso spielen wie KünstlerInnen, die an die Galerie gebunden sind. Doch die Kunstgeschichte hat sich auch in der Vergangenheit mit solchen Herausforderungen auseinandergesetzt, vor allem durch Fotografie und Video, die zumindest am Anfang ähnliche Probleme stellten. Möglicherweise ist die Kunstgeschichte nicht ganz so wehrlos, wie man zunächst meinen könnte, und ihre Reserven an konservativer Tradition in Bezug auf Geschmack und Wertung sollten für alle online AktivistInnen und “KünstlerInnen” eine Warnung darstellen.  

17:30- 18:00 Uhr

Gunther Reisinger (AT)

„Symbiotic methods. Interdisciplinary approaches towards net-based art”

Anhand des Überblicks über ein am Ludwig Boltzmann Institut Medien.Kunst.Forschung verortetes Forschungsprojekt zur Integration netzbasierter Kunst in den kunstwissenschaftlichen Kontext, werden Fragen zur Adaptierung der diesbezüglichen kunsthistorischen Methode in Richtung eines interdisziplinären Ansatzes zwischen Kunstgeschichte, Musikwissenschaft und Informatik skizziert. Das vorzustellende Teilprojekt „netzpioniere.at“ wird in Form einer Online-Edition internetbasierter Kunst als angewandte Grundlagenforschung verstanden und dient der Evaluierung der theoretischen Überlegungen an konkreten Fallbeispielen.

18:00 - 18:30 Uhr

Dieter Daniels (DE)

„Digital Heritage“ 

Das Projekt „netzpioniere.at“ steht für die Arbeit des Ludwig Boltzmann Instituts Medien.Kunst. Forschung. in einem Bereich der „Digital Heritage“ der sonst von keiner klassischen Sammlungsinstitution berücksichtigt wird da sich weder Bibliotheken noch Museen noch Medienarchive für zuständig halten. In diesem von den etablierten Kulturinstitutionen ignorierten Bereich positioniert sich die Arbeit des Instituts als interdisziplinäre, angewandte Grundlagenforschung, die medienhistorische und kulturwissenschaftliche Kontextualisierung  (auf dieser Konferenz) sowie kunstwissenschaftliche Analyse der Projekte mit der technischen Restaurierung (in der online Repräsentation von netzpioniere.at) in einem integrativen Ansatz vereint. 

Die historische Bedeutung dieser „netzpioniere“ wird durch die heutige Entwicklung der Communities im Web 2.0  umso deutlicher, steht aber im krassen Gegensatz da zu, dass sie innerhalb der nächsten Dekade von einem Totalverlust bedroht sind.  Demgegenüber werden auf dem Kunstmarkt etablierten Formen der Medienkunst (Videoinstallation etc.) mittlerweile museal mit grossem Aufwand konserviert – während die kunsthistorisch und zeitgeschichtlich ebenso bedeutungsvolle Netzkunst nach wie vor ausserhalb der kunstgeschichtlichen Evaluationskriterien liegt.

Discussion Moderation: Dieter Daniels (AT/DE)

Organizer: Ludwig Boltzmann Institute Media.Art.Research.

Concept: Gunther Reisinger


Alle Termine:

10.09.  13:30 - 19:00





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