Media Vehicle, 2009
Hiroo Iwata
http://intron.kz.tsukuba.ac.jp/
Das „Media Vehicle“ bewegt sich gleichzeitig im realen und im virtuellen Raum: Einmal eingestiegen, erlebt man die Umwelt als Kombination aus Live-Videobild und realen Bewegungen. Eine Weitwinkelkamera außerhalb der „Kapsel“ überträgt Live-Bilder ins Innere, mithilfe der vier Beine des Vehikels lässt sich die Kapsel in alle Richtungen steuern.
Das „Media Vehicle“ eröffnet seinen FahrerInnen vielschichtige und ungewöhnliche Erlebnisse, etwa in Form des „Cross-active Systems“, bei dem eine Person in der Kuppel sitzt und eine zweite außerhalb die Kamera mit Positionssensor bedient. Bild und Bewegungsdaten der Kamera werden in das Gefährt übertragen. Die FahrerInnen erleben dabei, wie es sich anfühltals Puppe von einer anderen Person gesteuert zu werden.
Das „Media Vehicle“ kann auch im Außenbereich eingesetzt werden und fährt dank seiner Räder wie ein Auto. Wird die Kamera etwa unter der Kapsel angebracht, so kann die Person im Inneren erleben, wie es ist, ein kleines Insekt auf der Straße zu sein.
Inspiriert wurde Hiroo Iwata für diese Arbeit vom japanischen Comic „The Ghost in the Shell“. Diese futuristische Geschichte hinterfragt u. a. die Unantastbarkeit von Individualität und Persönlichkeit, indem es vom „Puppetmaster“ erzählt, der sich in die Gehirne von Menschen hacken und sie somit zu willenlos gesteuerten Hüllen machen kann. Zudem kommt in der Geschichte das „Fuchikoma“ vor – ein Auto, das gleichzeitig ein Terminal zum Cyberspace ist. Das „Media Vehicle“ wird damit zum Symbol für futuristische Gefährte.
Knock! Music Program, 2007
Novmichi Tosa
http://www.maywadenki.com
„Knock! Music Program“ vermittelt auf interaktive und spielerische Weise Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien. Jede der vier Station entspricht zudem einem historischen Schritt in der Technologieentwicklung.
Schritt 1, Trommeln mit Ton Ton Kun!
Befestigen Sie den „Klopfer“ überall dort, wo Sie interessante Geräusche vermuten. Mit dem großen „Ton Ton Kun“-Knopf erzeugen Sie ein Pochen.
Schritt 2, Trommeln mit dem „Fun Button“!
Trommeln Sie, indem Sie den Knopf mit dem „MIDI-TAP“ verbinden!
Schritt 3, Trommeln mit dem „Ele-Beat“!
Benützen Sie den Tonband Sequenzierer „Ele-Beat“ und üben Sie das Trommeln, indem Sie auf einer Tastatur tippen.
Schritt 4, Trommeln mit dem Computer!
Nach Ihrer Erfahrung auf einem Computer zu „tippen“, genießen Sie jetzt einfach den Rhythmus Ihres Pochens und tanzen Sie!
Nicodama, 2009
Ryota Kuwakubo
http://www.vector-scan.com/
„Meine Mutter hat mir früher einmal ein Lunchpaket für die Schule so zusammengestellt, dass daraus die Form eines Gesichts entstand… ich konnte mich nicht überwinden, das dann noch zu essen.“ (Ryota Kuwakubo)
Die Fähigkeit, Gesichter zu erkennen und zu unterscheiden, erwirbt der Mensch bereits innerhalb der ersten Lebensmonate. Das Gesicht ist das uns am meisten vertraute Muster der Welt – und so sind wir auch dazu geneigt, es beinahe überall zu entdecken: sei es bei technischen Geräten, im Mond oder den Wolken.
Wirklich emotional reagieren wir jedoch auf große Augen – ganz dem „Kindchenschema“ entsprechend, regt uns dieses Merkmal verstärkt zu Fürsorgeverhalten an.
„Nicodama“ verbindet Erkenntnisse aus der Verhaltensbiologie mit Technologie und japanischer Philosophie. Überall, wo die großen Augen angebracht werden, entstehen Gesichter. Über eine Infrarotschnittstelle kommunizieren die „Nicodamas“ untereinander und blinken im Zufallsintervall, das von außen nicht beeinflusst werden kann. In der japanischen Kultur geht man davon aus, dass alles eine Seele besitzt, sei es belebt oder unbelebt. Diese Vorstellung führt zu Sorgfalt und verstärktem Respekt im Umgang mit der Umwelt – egal, ob es sich um Menschen oder um Gegenstände handelt.
„Nicodama“ erlaubt uns einen vollkommen neuen, emotionalen Blick auf unsere Umwelt und die Objekte, die uns umgeben, und erweitert damit das objektivierende, quantitativ messende und strategische Weltbild unserer Zeit.
loopScape, 2003
Ryota Kuwakubo
http://www.vector-scan.com/
„loopScape“ ist ein neuartiges Videospiel für zwei SpielerInnen, das bisherige Trennungen zwischen „gut“ und „böse“, zwischen „meiner Seite“ und der „gegnerischen Seite“ verschwimmen lässt.
Gespielt wird nicht auf einem flachen Display, sondern auf einem kreisförmig gebogenen Band, das während des Spielens aktiv umrundet wird. Ziel ist es, den Gegner abzuschießen. Doch Vorsicht! Verfehlt die Kugel ihr Ziel, fliegt sie eine Runde und bedroht schließlich von hinten die eigene Figur.
Hideyuki Ando – Touch the small world, 2009
http://www-hiel.ist.osaka-u.ac.jp/~hide/
Credits: the artist, Eisuke Kusachi (illustrator)
Der Tastsinn ist einer unserer ursprünglichsten und direktesten Zugänge zur Welt. Bereits winzige Oberflächen vermögen in unserem Kopf ganze Bildwelten zu erzeugen – dabei treffen taktile Reize auf emotionale Erfahrungswerte und Greifbares auf Unbegreifliches.
Mit unseren Fingerspitzen können wir sogar feinste Unebenheiten ertasten, die kleiner als einen Fünftel Millimeter sind. Daran beteiligt sind u. a. die Rillen in unserer Haut. Sie verstärken die Vibrationen, die beim Streifen über eine Oberfläche entstehen. Die Frequenz der Vibrationen ist dabei abhängig von der Streichgeschwindigkeit, Dies macht sich „Touch the small world“ zunutze.
Dieses neue Interface erzeugt über Vibrationen auf unseren Fingerkuppen die Illusion einer Oberflächentextur. Auf diese Weise können etwa Bilder in einem Fotorahmen „ertastet“ werden. Sensoren erfassen die Position des Fingers, ein 4-Hebel-Piezo-Umwandler erzeugt eine punktgenaue Vibration.
Hideyuki Ando erhielt 2009 eine Anerkennung beim Prix Ars Electronica im Bereich Interactive Art für die Arbeit „Watch me“ (gemeinsam mit Yasushi Noguchi).
"Fairy Finder" series — It Could be Magic…
Kazuhiko Hachiya
www.petworks.co.jp
„Jede hinreichend entwickelte Technologie lässt sich von Magie nicht unterscheiden.“, Arthur C. Clarke, Autor von „2001. Odyssee im Weltraum“.
„Wenn die heutige Technologie noch nicht ganz so magisch wirkt, dann liegt das vor allem daran, dass sie noch nicht ausreichend perfektioniert wurde. Es fehlt etwas – Schönheit vielleicht oder Romantik. Jedenfalls etwas, das die Menschen weltweit verbindet oder alle gleichermaßen erstaunt. In dieser Aufgabe liegt die tiefere Bedeutung einer Verbindung von Wissenschaft und Kunst.“
Kazuhiko Hachiya
Table of the Colobockle, 2004
„Die Entstehung dieser Arbeit reicht einige Jahre zurück, zu einem Zeitpunkt, als ich Vater wurde. Der Wunsch zu dieser Arbeit entstand, während ich mit meinem Kind ‚Peek-a-boo‘* spielte – es lachte und lachte unaufhörlich, ohne dass ihm dabei langweilig zu werden schien.
Eine weitere Inspiration bilden Geschichten von Satoru Sato über ‚Colobockles‘, kleine Kreaturen, die still und heimlich unter uns Menschen leben. Diese Erzählungen basieren auf Legenden aus dem nördlichen Japan. Obwohl es sich dabei nur um Märchen handelt, konnte ich mir nicht helfen zu wünschen, sie wären real.“
Kazuhiko Hachiya
*Peek-a-boo ist ein Spiel für Kleinkinder, in dem Erwachsene ihr Gesicht hinter den Händen verstecken, um es dann – begleitet von einem lauten „Peek-a-Boo!“ – wieder auftauchen zu lassen. Für Kinder ist dieses Spiel ein erstes kleines Fenster in eine große, neue Welt voll aufregender Geheimnisse.
Mermaid in the Window, 2007
„Eines Tages unternahm ich mit dem Schiff eine Reise nach Hokkaido. Als ich mitten in der Nacht an Deck spazieren ging und hinausblickte auf die dunkle, regengepeitschte, unendlich wirkende See, überkam mich eine Art Horror. Ich hatte das Gefühl, das nächtliche Meer sei von allen Dingen dem Jenseits am nächsten. Wirklich seltsam daran war aber, dass dieses Gefühl trotz allem auch etwas Nostalgisches hatte.
Eine Bar mit einem altmodischen Fenster, das aussieht, als stammte es aus einem Schiffbruch, bildet den Rahmen der Arbeit. Steht man vor der Bar und blickt über die Schulter, entdeckt man hinter sich im Spiegel eine Frau – vielleicht Loreley, jene mythische Nixe, die mit ihrem betörenden Gesang Schiffe in gefährliche Strömungen und Riffe lockte.“
Kazuhiko Hachiya
Surrounding of Firefly, 2009
Masahiko Inami
Die meisten Phänomene dieser Welt, ob Lichter oder Töne, senden in bestimmten Frequenzen, die für unsere Sinne oftmals zu schnell sind, um sie zu erfassen.
Die „Stop-Motion-Brille“ eröffnet uns mit ihrem Flüssigkristalldisplay eine vollkommen neue Welt: Eine, die anders tickt als jene, die wir mit dem freien Auge sehen können.
Plötzlich können wir andere Frequenzen wahrnehmen und sehen andere Eigenschaften des Lichts – etwa sein Blinken, das an ein Glühwürmchen („firefly“) erinnert.
Die „Stop-Motion-Brille“ bietet darüber hinaus vielfältige Möglichkeiten des Einsatzes im Alltag – etwa für die Übermittlung privater, verschlüsselter Botschaften in einer Frequenz, die nur mit einer individuell eingestellten Brillle, aber nicht mit dem freien Auge gesehen werden kann. Die „Stop-Motion-Brille“ bietet eine neue visuelle Erfahrung und wird unsere visuelle Wahrnehmung ähnlich revolutionieren wie einst Teleskope.
Morpho Tower Series, 2006
Sachiko Kodama
http://www.kodama.hc.uec.ac.jp/
Bereits zwischen 2003 und 2006 zeigte das Ars Electronica Center eine Arbeit von Sachiko Kodama und Minako Takeno: „Protrude, Flow“. Aus deren Weiterentwicklung entstand die Idee zur Serie „Morpho Tower“.
Beide Arbeiten setzen Ferrofluid ein. Dieses besteht aus einer Trägerflüssigkeit, in der wenige Nanometer große magnetische Partikel schweben und auf ein Magnetfeld reagieren. Das Fluid umhüllt einen Elektromagneten mit einem vergrößerten Eisenkern in Form einer Spirale. Die Stärke des Elektromagneten bestimmt die Bewegung des Ferrofluids – durch die Spiralform kann die Flüssigkeit sogar bis zur Spitze aufsteigen, im scheinbaren Gegensatz zur Schwerkraft.
Die Spirale gilt weit verbreitetes Element in der Kunst: Von Sandro Botticellis „Primavera“ über die Landschaften von Vincent van Gogh bis hin zur Land Art von Robert Smithson oder den Skulpturen Richard Serras. Sachiko Kodama zitiert diese historische Tradition und überführt sie mit „Morpho Tower“ in die zeitgenössische Medienkunst.