In diesem Jahr wird die Studienrichtung Interface Culture die Entstehung neuer Empfindsamkeiten in Bezug auf spekulative Untersuchungen neuer Materialitäten feiern. Die vorgestellten Projekte und Prototypen wurden entwickelt, um uns davon zu befreien, einen großen Teil unseres Lebens am Schreibtisch zu verbringen. Sie zielen darauf ab, uns davon zu befreien, dass wir unser Leben nur im kalten LED Licht auf Monitoren verfolgen. Die Projekte präsentieren wirksame, smarte, physische Objekte. Sie zeigen uns mögliche zukünftige Potenziale diverser Materialien.
Von Fragen unserer Beziehung zur Zeit bis hin zu identitären Prinzipien hinter nationalen Symbolen; von skulpturalen Formen, die uns an die Zentralität der Materialien in der Kunst erinnern hin zu Rechenmaschinen und unwahrscheinlichem Sport für KosumentInnen; von der Kritik einer Gesellschaft, die uns an unsere Gewohnheiten und Manifestationen von wörtlichen Konstanten bindet hin zum Bedürfnis der Ausübung von Macht und Kontrolle; von Spekulationen an und der Materialisation von Prozessen und technologischen Fähigkeit zu retrospektiven Reflexionen auf unseren natürlichen Zustand, kombiniert mit Umweltbelangen; von Schnittstellen, die eine Herausforderung mit sich bringen, die eine Wahl zur schrittweisen Erfassung der sozialen Interaktion im Netz ermöglichen.
All diese Themen werden in diesem Jahr innerhalb der Interface Cultures StudentInnen Ausstellung erkundet. Dies ergibt sich aus Praktiken, die die Entwicklung unserer Gleichzeitigkeit einbeziehen. Sie werden weder Bildschirme mit Anzeigendarstellungen finden, noch ausschließliche virtuelle Welten mit beabsichtigten Abstraktionen, sondern ein Konglomerat aus Materialien an Objekten, die Anlass zu materialen Spekulationen geben.
Christa Sommerer, Alessio Chierico
Instructors:
Christa Sommerer, Laurent Mignonneau, Martin Kaltenbrunner, Michaela Ortner, Marlene Brandstätter, Fabrizio Lamoncha
Production Team:
Gertrude Hörlesberger , Julia Nüßlein, Onur Olgac, Irene Ródenas, Mario Romera Gomez, Johannes Wernicke
Design Team:
Oliver Lehner, Florian Reiche
# 12OCT
Patricia Cadavid H.
Das Projekt # 12OCT fokusiert bestimmte Aspekte der Vergangenheit und Gegenwart des Ibero-amerikanischen Kolonial Panoramas.
Das paradigmatische Datum des 12. Oktober erinnert uns daran, dass im Jahr 1492, Christopher Columbus zum ersten Mal nach Amerika kam.
Der spanische Staat feiert offiziell den Beginn der Kolonisierung Amerikas als nationalen Feiertag oder Hispanicity Tag. An diesem Tag wird eine große Militärparade abgehalten. In den kolonisierten Ländern Lateinamerikas ist dieses Datum unter einem anderen Namen bekannt, als Tag des Rennens oder Tag des indigenen Widerstands.
Die interaktive Installation # 12OCT thematisiert die Kontroverse dieser unterschiedlichen Konnotationen mit Hilfe der Verwendung von einfachen Gegenständen und nutzt soziale Netzwerke als kollektive Denk-Sensoren auf beiden Seiten des Atlantiks.
Die Installation gebraucht die Datenvisualisierung als physische Form unter Zuhilfenahme einer Weltkarte in einem Behälter mit Wasser und drei Schiffen, die sinnbildlich für die Karvellen von Christopher Columbus stehen.
Zwei Motoren steuern die Strömung des Wassers von einem Kontinent zum anderen. Gespeist werden sie von den Echtzeit-Daten, die zu bestimmten Hashtags auf twitter generiert werden.
Credit: Nathan Guo
Alibi
Nathan Yao Guo, Muchen Zhang
Alibi ist eine spekulative und interaktive Installation, die einen Astronauten-Anzug für einen Fisch zeigt. Ein Roboter-Arm soll es ermöglichen, dass sich der Fisch frei bewegen kann. Inspiriert von “Becoming Animal” von Deleuze und dem Konzept des kritischen Designs schlägt dieses Projekt ein Ökosystem und einen Lebensraum für Tiere vor. Es bietet ein High-Tech-Szenario und das Recht, den “Außerraum” für die Tiere zu erkunden und ermöglicht derweil Menschen dies wachsam und reflektiv zu betrachten.
Arrhythmia
Gabriela Gordillo
Arrhythmia ist eine Klanginstallation einer laufenden Komposition aus Rhythmen des täglichen Lebens. Die BesucherInnen können aktiv unterschiedliche Loops setzen, die die Dauer der täglichen Aktivitäten in einem Zeitrahmen von 24 Stunden repräsentieren. Die Daten werden in eine hörbare Sequenz umgewandelt, die es ermöglicht diese Muster zu beobachten, sie zu mischen, und sie zu vergleichen. Arrhythmia hinterfragt die Subjektivität hinter Routinen und Wiederholungen durch die Vielzahl der Nutzungsmöglichkeiten von Zeit und die Mittel der persönlichen Rhythmen, die mit jenem koexistieren.
BitterCoin
Martín Nadal, Cesar Escudero Andaluz
BitterCoin ist eine Installation mit einer alte Rechenmaschine, die gehackt wurde um ausstehende bitcoin Transaktionen in der blockchain (online verteilte Datenbank) zu validieren. BitterCoin verbindet das Internet der Dinge, Medienarchäologie und die Wirtschaft. Die Operationen werden auf dem Bildschirm der Rechenmaschine angezeigt und anschließend gedruckt.
Bitcoin wurde ursprünglich als elektronisch dezentrales System für Kapitaltransaktionen konzipiert. Jeder Knoten (Benutzer) hatte die gleichen Möglichkeiten um einen Benefit zu generieren wenn er/sie eine Transaktion validiert.
In den letzten Jahren hat dieses System einen Konkurrenzkampf ausgelöst, in dem Rechenleistung die wichtigste Variable ist um Bitcoins zu verdienen. Dies beinhaltet die Verwendung von großen Anlagen, Computer-Farmen, physische und andere Ressourcen. Ein Kampf von dem nur die BesitzerInnen der mächtigsten und effizientesten Technologien profitieren.
BitterCoin betrachtet diesen Diskurs rethorisch. Es funktioniert als einfachster Computer, der eine Ewigkeit benötigt um ein Bitcoin zu produzieren.
Domes
Chiara Esposito
Die Domes sind Klangskulpturen aus Keramik. Ihre metallischen Glasur, eine traditionelle Dekorationstechnik , arbeitet als Sensorelement . Die Skulptur spürt die Berührung des Besuchers und reagiert durch Resonanz.
Keramik-Künstler: Rita Lonardo, Renato Brancaccio
Dank an Svenja Keune, Massimo Scamarcio, Marialuisa Capurso
Green Filter
Julia Nüßlein, Irene Ródenas Sáinz de Baranda
Mit dem spekulativen Designprojekt Green Filter stellen die Künstlerinnen Irene Ródenas und Julia Nüßlein eine Symbiose zwischen Menschen und der Natur vor.
Die BesucherInnen werden eingeladen, sich vorzustellen, dass sie die kunstvollen Mechanismen der Natur dazu verwenden ihre Atemluft zu filtern, anstatt, durch die Ausbeutung der Erde zur Gewinnung von Plastik und Öl, die Luft zu verunreinigen und das ökologische Gleichgewicht zu stören. Was wäre wenn Pflanzen uns bei jeder Bewegung umgeben würden, und jeder Mensch sich um seine Pflanze wie um ein Haustier kümmern würde?
Green Filter besteht aus tragbaren Objekten die die Atemluft filtern, entworfen aus Pflanzen und natürlichen Materialien. Die Objekte stellen Gewohnheiten und Annahmen infrage und ermutigen zum kritischen Nachdenken über unsere Position auf diesem Planeten.
Homo Restis
Jens Vetter, Sarah Leimcke
Homo Restis, angesiedelt zwischen kostümierter Live-Performance und Klanginstallation, ist ein weiteres Ergebnis der langjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Musiker Jens Vetter und der bildenden Künstlerin Sarah Leimcke. Die mittelalterlich-futuristische Ausstrahlung dieser Figuren erzeugt einen bleibenden Eindruck bei den BetrachterInnen. Themen wie Schwere, Detailreichtum, Passivität, Aktivität und nicht zuletzt ein etwas makabrer Beigeschmack fließen ineinander und verstärken sich gegenseitig, um zusammen eine Art „Theater“ zu erschaffen, welches sowohl zugänglich ist, als auch distanziert bleibt. Homo Restis greift in den vorhanden Raum ein, erzeugt Ahnungen und Vermutungen, jeweils durch die Präsenz von Vetter und Leimcke. Beide erscheinen als eine Art Marionetten, „Menschen am Seil“, oder wie im Lateinischen genannt „homo restis“. Sie befestigen sich an sich selbst oder am Umgebungsraum. Ihre Bewegungen in den Seilen werden dabei als raumfüllende Klänge hörbar. Wir können uns fragen: Kann uns diese Erscheinung ein Katalysator sein, um auch selbst unseren Standpunkt neu zu erkunden?
Is Europe a Utopia?
Amaia Vicente García
Diese interaktive Installation zeigt eine europäische Fahne, die von der Decke hängt.
Die BesucherInnen können sich um das Kunstwerk bewegen. Damit verursachen sie eine stetige Veränderung der Installation. Der Stoff bewegt sich, eine akustische Ebene entsteht, auch abhängig davon, wie viele Menschen sich im Raum befinden. Ventilatoren bewegen die Fahne. Ein Öffnen, Schließen und Schütteln erschafft eine Luft Skulptur. Es ist möglich, einen Blick in den leeren skulpturalen Raum zu machen.
Die akustische Ebene, die hinzukommt, besteht aus Stimmen verschiedener Frauen, die Auszüge der Europäischen Konstitution lesen, die die Vielfalt, gleiche und geschlechterspezifische Möglichkeiten beinhalten.
Die Stimmen überlappen sich manchmal und daher sind diese nicht immer klar zu verstehen. Dies und die Luftventilatoren produzieren einen akkustisches Chaos, das eine Metapher dieser europäischen Utopie ist.
Credit: Or Wollf
MusiCalendar
Or Wollf
Diese Installation befaßt sich mit der Kombination der digitalen und der analogen Welt im Bezug auf die Wiedergabe persönlicher Daten.
Das Projekt umfasst eine digitale Schnittstelle, die persönliche Eigenschaften aufnimmt und einen individuellen Kalender erstellt. Diese Daten werden als Punkte auf einem Papierstreifen für eine Spieluhr verwendet und in eine Melodie und Visuals übersetzt.
Die Kombination aus Digitalem und Analogem erschafft eine neue Art und Weise alltägliche Interfaces, wie zB einen Kalender, zu verstehen. Persönliche Daten von Personen erhalten eine neue individuelle Interpretation für Lifestyle, Events und Termine.
Shopping Mill
Oliver Lehner
Shopping Mill ist eine interaktive, multi-sensorische Installation. Ein mit Bildschirm und Kopfhörern ausgestattetes Laufband, das ein Einkaufserlebnis simuliert. Inklusive Fahrstuhlmusik und einem sich endlos entfaltendem, 3D-generiertem Supermarktgang. Shopping Mill ist eine Meditation über das Verhältnis von entrealisierter Arbeit und sinnlosem Konsumverhalten. Ein Ausflug in den “Military Entertainment Complex”. Muzak, das Unternehmen, das Hintergrundmusik zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell gemacht hat, wurde von einem hochrangigen Weltkriegsveteran gegründet. Muzaks Produkte wurden nicht nur dafür entwickelt, Menschen ein Gefühl von Komfort in unkomfortabler Architektur zu geben, sonder auch dafür, Aufmerksamkeit und Produktivität am Arbeitsplatz zu steigern. Ist es die Musik, die dich antreibt, oder umgekehrt?
Sonolith
Johannes Wernicke
Die Installation besteht aus einem scheinbar festen Monolith / Quader, der von der Decke abhängt ist. Es wirkt so also ob dieser schweben würde. Bei näherer Betrachtung erkennt man unregelmäßige wellenartige Bewegungen an der Oberfläche. Das Material scheint sich in einen gasförmigen Zustand zu verwandeln, es mutet weicht, fast flüssig an.
Suan
Qian Xu
Suan (chinesisch: zu berechnen) ist eine Installation mit Projektionen von fraktalen Mustern und Animationen, die auf der Eingabe von Parametern auf einem Abakus basieren.
Die BesucherInnen können mit dem Abakus spielen. Mittels Kameratracking wird die Position der Kugeln am Abakus ermittelt. Diese Zahlen werden als unterschiedliche Parameter verwendet, um verschiedene fraktale Bilder zu erzeugen.
Die Arbeit zeigt den Charme der Mathematik von einem anderen Ansatz. Durch kulturelle und künstlerische Inspirationen ist die Installation für unterschiedlichste Zielgruppen zugänglich. Man braucht keine Kenntnis über komplexe Berechnungen um die Schönheit der Mathematik zu genießen.