Nemo Observatorium

Nemo Observatorium

Lawrence Malstaf (BE)
Courtesy Galerie Fortlaan 17 – Gent (BE)
http://www.fortlaan17.com/eng/artists/malstaf

Golden Nica Interactive Art
Installation

Auf dem Stuhl – im Auge des Sturms – ist es ruhig und sicher. So spektakulär sie auf den ersten Blick erscheint, diese Installation beginnt nach einer Weile einen geradezu hypnotisierende Wirkung zu haben, wie eine Meditationsmaschine. Man kann die scheinbar zyklischen Muster verfolgen, auf die verschiedenen Ebenen von 3-D-Pixeln schauen oder dem an einen Wasserfall erinnernden Klang lauschen. Man könnte es ein Trainingsgerät nennen, das die BesucherInnen ermuntert, im Mittelpunkt und innerhalb einer sich schnell verändernden Umgebung ruhig zu bleiben. Nach einer Weile scheint sich der Raum auszudehnen und das eigene Zeitgefühl verschwindet.


when laughter trips at the threshold of the divine

when laughter trips at the threshold of the divine

Osman Khan, Kim Beck (US)
www.osmankhan.com / www.idealcities.com

Award of Distinction Interactive Art
Dokumentation

„When laughter trips at the threshold of the divine“ erforscht – und verwendet auf subversive Weise – die Nutzung öffentlichen Raums, untersucht architektonische Narreteien mit dem einfachsten aller interaktiven Konzepte: dem Schalter, hier dargestellt durch eine Tür. Mit gleichzeitigen Verbeugungen vor der Ästhetik des Minimalismus und des Mega-Konsum-Spektakels stellt das Projekt eine völlig funktionstüchtige automatische Schiebetür mitten in einen öffentlichen Park und bietet das Alltägliche als närrische Spielerei, zur Neu-Erfahrung und Reflexion über neutralisierte Schwellen an.


default to public

default to public

Jens Wunderling (DE)
http://www.defaulttopublic.net / http://www.sport4minus.de

Award of Distinction Interactive Art
Dokumentation

„default to public“ ist ein Projekt, das sich mit der Diskrepanz zwischen dem Gefühl einer Privatsphäre im Web und in der physischen Welt beschäftigt. Es besteht aus einer fortlaufenden Serie von Objekten und Interventionen, die die physische Welt mit der Online-Welt auf unerwartete und narrative Weise verbinden, um ein Bewusstsein für die Selbstentblößung zu schaffen.

Die drei Kernelemente von „default to public“ (Status Panel, Tweetleak und Tweetscreen) rufen irritierende Gefühle hervor, die die Selbstentblößung weder verdammen noch gutheißen. Sie sind so neutral wie Twitter selbst, und dennoch geben sie ein starkes Statement betreffend der Wahrnehmung von „privat“ und „öffentlich“ im Web ab und sollen Reflexion und Kommunikation über dieses Thema hervorrufen. In Zeiten raschen Wandels im Kommunikationsverhalten, in Medienzugang und -kompetenz will das Projekt „default to public“ das Bewusstsein für die möglichen Auswirkungen auf unser Leben und unsere Privatsphäre schärfen.

Alle drei Objekte folgen einem einfachen, aber kraftvollen Prinzip: Information aus dem Twitter-Netzwerk (das für „Information im Web“ steht) wird in einem anderen öffentlichen Environment dargestellt; die Dokumentation dieses Prozesses wird wiederum in die digitale Öffentlichkeit eingespeist, und die Autoren der Information werden über diese „Entführung“ in Kenntnis gesetzt. Zwei öffentliche Sphären werden zeitweilig miteinander verknüpft, was sich auf die Kommunikation im digitalen öffentlichen Bereich auswirkt, der offenbar als „weniger öffentlich“ angesehen wird als die physische Welt, obwohl er eine viel größere Reichweite hat als die klassischen Medien.

„Status Panel“, ein klassisches Designstück, verstärkt die Funktionalität eines wohlbekannten Interfaces. „Tweetleak“, ein anthrazitfarbener monolithischer Pfeiler, der im öffentlichen Raum steht, gruppiert Tweets aus seinem Umkreis und „materialisiert“ sie. Die gesammelten Fragmente aus dem Leben der Menschen im Web verlassen den digitalen öffentlichen Raum auf selbstklebenden Papierstreifen.

„Tweetscreen“ ist eine vernetzte Projektion/Installation im öffentlichen Raum, die nahe ihrem eigenen physischen Ort geschriebene Tweets auf einer großen Projektionsfläche anzeigt und somit in ein weithin als „öffentlich“ aufgefasstes Medium transferiert.


Perpetual Storytelling Apparatus

Perpetual Storytelling Apparatus

Benjamin Maus, Julius von Bismarck (DE)fz
http://www.allesblinkt.com / http://www.juliusvonbismarck.com

Honorary Mention Interactive Art
Installation

Der „Perpetual Storytelling Apparatus“ ist eine Methode und ein Gerät zur Enthüllung der Beziehungen zwischen Erfindungen, indem Millionen von Patenten und ihre Verweise durchsucht werden.

Patente sind die festgehaltenen Gedanken oder Ziele des Erfinders und spiegeln die Einstellung wider, die die Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt hatte. Ähnlich wie wissenschaftliche Aufsätze enthalten auch Patente Verweise auf frühere Arbeiten und stellen so eine Beziehung her zu den Prinzipien, auf denen die neue Erfindung aufbaut.

Rund 25 Millionen Verweise existieren für etwa 7,5 Millionen erteilte Patente.

Eben durch diese Verweise ist es möglich, einen Weg von einem Patent zu einem anderen zu finden. Dieses Prinzip entspricht der Theorie der „Sechs Grade der Trennung“ (Kleine-Welt-Theorie), nach der jeder Mensch auf der Welt mit jedem anderen über eine überraschend kurze Kette von Bekanntschaftsbeziehungen verbunden ist.

Angewandt auf Patente, beträgt das Trennungsniveau durchschnittlich sieben Knoten.

Der Mechanismus der Maschine reproduziert die Patente und ihre Beziehung in einem unendlichen Strom semantisch verbundener Zeichnungen. Überraschende Verbindungen zwischen scheinbar beziehungslosen Objekten und Gedanken tauchen auf.


Red Psi Donkey

Red Psi Donkey

Jens Brand (DE)
http://www.jensbrand.com/

Honorary Mention Interactive Art
Installation

Mithilfe einer „akustischen Kamera“ werden Schallwellenmuster als statisches Bild eines roten Esels sichtbar. Das Wellenmuster existiert nur, solange sich die Wellen ungestört im leeren Ausstellungsraum ausbreiten können. Außerhalb des Raums kann man das Muster auf einem Screen beobachten, das Betreten des Klangraums jedoch verursacht die Auflösung des Bildes.

„Red Psi Donkey“ beschäftigt sich mit einer unerreichbaren Realität, die nur existiert, solange kein Publikum anwesend ist. Die Interaktivität in der unmittelbaren Wirklichkeit liegt jenseits der menschlichen Sinne. Die Wahrnehmungsebene ist verschoben, die Interaktivität lässt hier keine Teilnahme zu.

Produziert im Rahmen des Stipendiums der Stiftung Niedersachsen am Edith-Ruß-Haus für Medienkunst, Oldenburg; realisiert mit Unterstützung der gfai tech GmbH und deren „Akustischen Kamera“. Weitere RPD-Programmierung: Sukandar Kartadinata


The Physical Value of Sound

The Physical Value of Sound

Yuri Suzuki (JP)
http://www.yurisuzuki.com

Honorary Mention Interactive Art
Installation

„The Physical Value of Sound“ besteht aus einer Serie von Produkten, die es erlaubt, sich des Physischen an der Musik bewusst zu werden.

„In letzter Zeit haben sich die Medien, die uns umgeben, von analog auf digital umgestellt – beispielsweise Fotografie, Film und Musik. Mittlerweile werden die meisten Klänge nur noch digital aufgenommen. Ich fühle mich unwohl bei der Digitalisierung von Musik, weil ich mich frage, ob diese Daten bis zur nächsten Generation überleben werden. Digitale Musikmedien sind nur noch ‘Daten‘, das heißt, sie sind ‘virtuell‘, denn wenn Objekte ihre physischen Eigenschaften verlieren, werden sie virtuell. Ich glaube noch immer, dass die Schallplatte das neueste und feinste Medium im Bereich analoger Tonaufnahme ist. Wenn man an Edisons Grammofonaufnahmen denkt, dann wird klar, dass Schallplatten Jahrhunderte überleben und nach all dieser Zeit noch hörbar sein können.

Die Schallplatte ist das einzige allgemein verfügbare, abspielbare Medium, das auch körperlich existiert, und für dieses Projekt wurde ein verkleinertes Format als Rohmaterial verwendet. Die Erfahrung mit diesem Werk soll das Interesse an diesem physischen Musikmedium wachhalten.“ (Yuri Suzuki)


CONNECT – feedback-driven sculpture

CONNECT – feedback-driven sculpture

Andreas Muxel (AT)
http://www.andreasmuxel.com / http://connect.andreasmuxel.com

Honorary Mention Interactive Art
Installation & Dokumentation

Dreizehn schwingende Kugeln bilden eine Matrix an Gummischnüren. Ein Stab mit jeweils einem Magneten an jedem Ende steuert das Verhalten der einzelnen Elemente zueinander. Ist eine Kugel mit dem Stab verbunden, regt sie ihre eigene Schwingung so lange über einen Motor an, bis sich der Stab löst und mit einem anderen Element verbindet – ein kontinuierlicher Prozess der Paarbildung und Trennung entsteht.

Jedes Element besitzt sein eigenes Programm zur Steuerung und Regelung – es existiert kein Hauptprogramm, welches das System von außen steuert. Die Skulptur als analoges System bildet somit fortlaufend sich ändernde Bewegungsmuster und Strukturen. Anknüpfen und Loslösen der Kugeln als Charakteristika dieses Modus sind gleichzeitig Metaphern für das Entstehen von Verbindungen zwischen Elementen, die Kontakt aufbauen und auch wieder verlieren.


Opera Calling

Opera Calling

!Mediengruppe Bitnik (CH) and Sven König (DE)
www.bitnik.org / www.opera-calling.com/description

Honorary Mention Interactive Art
Dokumentation

„Opera Calling“ war eine künstlerische Intervention in das Kultursystem der Züricher Oper. Mittels im Zuschauerraum des Opernhauses versteckter Audio-Wanzen wird der Öffentlichkeit außerhalb des Theaters Zugang zur Aufführung auf der Bühne gegeben. Diese Wiedergabe wird allerdings nicht durch Rundfunk an das Publikum weitergeleitet, sondern indem jede Person in Zürich individuell per Telefon angerufen wird.

Von März bis Juni 2007 versteckte die !Mediengruppe Bitnik Audio-Wanzen im Zuschauerraum, die die Aufführungen der Züricher Oper an zufällig ausgewählte Festnetzanschlüsse im Stadtgebiet von Zürich übertrugen. Wie bei einem Frei-Haus-Lieferdienst konnten die Züricher der gerade laufenden Oper über das Live-Signal der Audio-Wanze so lange zuhören, wie sie wollten. Insgesamt wurden im Lauf des Projekts 90 Stunden Live-Oper in 4.363 Haushalte geliefert. Während der gesamten Dauer von „Opera Calling“ wurde eine visuelle Darstellung der Telefonmaschinerie am Cabaret Voltaire in Zürich – dem Geburtsort des Dadaismus – ausgestellt.

Im Einklang mit den ursprünglichen Intentionen Bells für das Telefon verwendet „Opera Calling“ das Telefon als Verbreitungsmedium – schließlich war für Bell der Hauptzweck der neuen Erfindung der Einsatz als zentrale Quelle zur Verbreitung von Musik, Nachrichten und Sonntagspredigten an ein Netzwerk zahlender TeilnehmerInnen.


In the Line of Sight

In the Line of Sight

Daniel Sauter, Fabian Winkler (DE/US)
http://daniel-sauter.com/ / http://web.ics.purdue.edu/~fwinkler

Honorary Mention Interactive Art
Installation

„In the Line of Sight“ verwendet 100 computergesteuerte taktische Taschenlampen, um in niedriger Auflösung Videoaufzeichnungen verdächtiger menschlicher Bewegungen zu projizieren. Jede dieser Lampen wirft einen Lichtkreis an die Wand; alle zusammen erzeugen in einer 10×10-Matrix eine Darstellung des Quellvideos, das auf einem Videomonitor in einem nahe gelegenen Teil der Galerie sichtbar ist.

Diese Taschenlampen-Matrix projiziert Bilder, die schwer zu entziffern sind, absichtlich vage bleiben und das Publikum rätseln lassen, was die Person genau tut. Die Projektionen stellen einen Bezug her zu der Flüchtigkeit der visuellen Darstellung im Bereich von taktischen Bildern, Überwachungskameras und viralen Medien. Das Werk wird stark beeinflusst von einem technologisch determinierten Diskurs über eine Menge von Sicherheitsanliegen – etwa der Entzifferung menschlicher Bewegung an virtuellen Grenzzäunen oder der Entdeckung verdächtigen Verhaltens auf der Basis spiraliger Bewegungssignaturen im menschlichen Gang.

Durch einen Kabelbaum aus 100 Kabeln verbunden, dient eine leistungsfähige Steuerbox als Unterbau für einen Videomonitor, auf dem ein professioneller Tänzer in einer andauernden Sequenz von menschlichen Bewegungsstudien zu sehen ist, die aus einer Filmdatenbank zusammengestellt wurden. Das Publikum hinterfragt bewusst die Beziehung zwischen verdächtigen und asymmetrischen Bewegungsmustern, die in Echtzeit von einer Computer-Sichtsoftware analysiert wird. Signifikante Eigenschaften und Körperbewegungen werden mit Markern visuell hervorgehoben.

Smith & Wesson, die Herstellerfirma der für diese Installation gewählten Taschenlampen, ist bestens bekannt für ihre Feuerwaffen. Vom Konzept her bezieht sich die Wahl dieses Herstellers auf die gewalttätige Dimension von Licht, von den Suchscheinwerfern im Zweiten Weltkrieg über Leuchtspurmunition bis hin zu mit Licht erstellter Propagandaarchitektur. Indem BesucherInnen zwischen der Lichtquelle und den projizierten Bildern wandern, ändert sich ihre Rolle vom Subjekt zum Objekt – auf das 100 Lampen gerichtet sind. Blickt man direkt in die Taschenlampen, erlebt man als BesucherIn die inhärente Kraft und Dynamik des explodierten Bildes, das stets in wellenförmigen Mustern über die fünf Meter breite Taschenlampenskulptur wandert.


Call Cutta in a box

Call Cutta in a box

Helgard Haug, Daniel Wetzel, Stefan Kaegi (DE)
http://www.rimini-protokoll.de/website/de/project_2766.html

Honorary Mention Interactive Art
Dokumentation

Stellen Sie sich vor, Sie buchen an der Theaterkasse Ihr eigenes Stück zu einem individuellen Termin. Sie werden in ein nahes Bürohaus geführt, wo Sie am Telefon von einem Call-Center-Mitarbeiter aus Kalkutta, Indien, in ein Gespräch verwickelt werden… Langsam setzt sich eine Geschichte zusammen, zu der jener Call-Center-Mitarbeiter und seine Kollegen gehören, aber vor allem Sie selbst und die Stadt, in der Sie sich gerade befinden.

„Call Cutta“ ist eine neue Dialogform, bei der die Globalisierung direkt von ihrer Kehrseite her ins Ohr der EndverbraucherInnen zurückflüstert.

Collaboration: Sebastian Brünger, Almut Rembges
Digital Interface Design: Florian Fischer
Physical Interface Design: Georg Werner
Production Management: Heidrun Schlegel / Kathrin Veser
Assistant Directors India: Almut Rembges, Philipp Widmann, Maria Ochs, Martin Baierlein
Production Management India: Madhusree Mukherjee
Worlds premiere: April 2nd 2008 in Berlin, Mannheim, Zurich

Production: Rimini Apparat

In collaboration with the Callcenter Descon Limited in Kalkutta. (http://www.desconsoft.com). Coproduction Baltic Circle Helsinki and Helsinki Festival; Camp X Kopenhagen; HAU Berlin; Kunstenfestivaldesarts Brussels; Nationaltheater Mannheim; Schauspielhaus Zürich; 104 Centquatre Paris. Supported by the European Cultural Foundation and Regierender Bürgermeister von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.


Double-Taker (Snout)

Double-Taker (Snout)

Golan Levin with Lawrence Hayhurst, Steven Benders and Fannie White (US)
http://www.flong.com/projects/snout/

Honorary Mention Interactive Art
Dokumentation

Die interaktive Installation „Double-Taker (Snout)“ spielt in augenzwinkernder Weise mit dem Augenkontakt zwischen verschiedenen Spezies, gestischer Choreografie, Objekt-Sein und autonomer Überwachung. Das Projekt besteht aus einem acht Fuß bzw. 2,5 Meter langen Industrieroboter-Arm, der so verkleidet ist, dass er einer gigantischen Raupe oder einem Elefantenrüssel ähnelt, der auf unerwartete Weise auf die Anwesenheit und Bewegung von Menschen in seiner Umgebung reagiert. Auf einem niedrigen Dach oberhalb eines Eingangs positioniert und von einem in Echtzeit arbeitenden maschinellen Sicht-Algorithmus gelenkt, richtet der „Double-Taker (Snout)“ ein überdimensionales Glupschauge auf die Vorbeigehenden, folgt ihren Körpern und lässt sie annehmen, jemand sei sich ihrer Aktivitäten auf intelligente Weise bewusst. Ziel dieses kinetischen Systems ist es, überzeugende „Spätzündungen“ auszulösen, als wäre die Skulptur ständig erstaunt über die Anwesenheit ihrer eigenen BetrachterInnen – und als würde sie ohne Worte kommunizieren, dass es etwas einzigartig Überraschendes an jedem von uns gibt.


Natural History of the Enigma

Natural History of the Enigma

Eduardo Kac (US)
with his scientific partners Neil Olszewski, Department of Plant Biology and Neil Anderson, Department of Horticultural Science, University of Minnesota, St. Paul, MN
http://www.ekac.org

Golden Nica Hybrid Art
Installation

Kernstück der Arbeit ist ein Pflanzen-Tier-Wesen, eine neu geschaffene Lebensform, die so in der Natur nicht vorkommt. Bei „Edunia“ handelt es sich um eine gentechnisch hergestellte Kreuzung des Künstlers mit einer Petunie, wobei seine DNA ausschließlich in den roten Adern der Edunia exprimiert wird (dabei handelt es sich um die Produktion eines Proteins von einem Gen).

„Die neue Blume ist eine von mir erfundene molekularbiologisch hergestellte Petunienart, die in der Natur nicht vorkommt. Die Edunia besitzt rote Adern auf hellrosa Blütenblättern sowie ein in sämtlichen Zellen der roten Adern exprimiertes (d. h. nur in ihnen ein Protein produzierendes) Gen von mir. Das Gen wurde aus meinem Blut isoliert und sequenziert. Der rosa Blütenhintergrund, auf dem die Adern erscheinen, erinnert an meinen eigenen weiß-rosa Hautton. Durch die Molekularmanipulation entsteht also eine Blüte, die ein lebendiges Bild menschlichen Blutes ist, das durch die Adern einer Blume fließt.

Das von mir ausgewählte Gen hat die Aufgabe, Fremdkörper aufzuspüren. Ich integriere also in dieser Arbeit genau dasjenige in das „Andere“, was der Entdeckung und Abstoßung des „Anderen“ dient, und schaffe damit ein neues Wesen, das teils Blume, teils Mensch ist.

Durch den Einbau meiner IgG-DNA in das Chromosom der Edunia pflanzt sich mein Gen mit den Samen fort, sodass es auch in den neu entstehenden Blumen vorhanden ist.

„Natural History of the Enigma“ ist eine Reflexion über die Kontiguität des Lebens zwischen den verschiedenen Spezies. Die Arbeit operiert mit dem Rot des Blutes und dem Rot der Pflanzenadern als Zeichen für unser gemeinsames Erbe im Spektrum des Lebens. Mit der visuell dramatischen Verbindung menschlicher und pflanzlicher DNA (der roten Expression menschlicher DNA in den Adern der Blütenblätter) setze ich die Kontiguität des Lebens zwischen den Arten deutlich um.

Die Arbeit möchte dem Publikum Ehrfurcht vor dem erstaunlichen Phänomen einflößen, das wir als „Leben“ bezeichnen. Die meisten haben vielleicht kein Problem damit, unsere Verwandtschaft mit Affen und anderen nichtmenschlichen Tieren anzuerkennen, vor allem mit solchen, mit denen wir direkt kommunizieren können, wie Katzen oder Hunde. Aber der Gedanke, dass wir auch anderen Lebensformen wie z. B. Pflanzen nahe stehen, dürfte doch viele überraschen.“

Eduardo Kac


The New York Times Special Edition

The New York Times Special Edition

Steve Lambert (US) member of Because We Want It
http://nytimes-se.com/

Award of Distinction Hybrid Art
Installation und Dokumentation

Am 12. November 2008, eine Woche nach der Wahl Barack Obamas zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, gelangte eine Sonderausgabe der New York Times in Umlauf, die das Ende der Kriege in Irak und Afghanistan, einen Höchstlohn und ein neues öffentliches Verkehrssystem ankündigte sowie 14 weitere Seiten mit Berichten brachte, die „wir eines Tages zu drucken hoffen“. Die Zeitung wurde in New York City, Boston, Los Angeles und anderen Städten der USA sowie über die Website „nytimes-se.com“ vertrieben.

Das Projekt war ein über neun Monate entwickeltes Gemeinschaftsunternehmen, an dem über 30 AutorInnen mitwirkten und das von Hunderten von Freiwilligen unter die Leute gebracht wurde. Konfrontiert mit dieser Realität – die Botschaft wurde den Leuten buchstäblich in Form der führenden Zeitung des Landes in die Hände gedrückt – wurde deren kritisches Denken zum Leben erweckt. Nach sieben Jahren Krieg ist es schwer sich vorzustellen, wie sich Frieden wirklich anfühlen könnte. Die Zeitung lässt die Möglichkeit des Friedens realer erscheinen, weil man mit ihr die theoretische Vorstellung und Möglichkeit tatsächlich in Händen halten, studieren und eine Zeit lang erleben kann.

Die Wissenschaft, so hat der Erfinder Dean Kamen einmal gesagt, besitzt bereits jetzt die Möglichkeit, alle Probleme dieser Welt zu lösen. In wissenschaftlichen Zeitschriften und großartigen, aber kaum bekannten Büchern finden sich unglaublich informative Studien, die Schritt für Schritt darlegen, wie z. B. der globalen Erwärmung beizukommen wäre. Für viele Probleme dieser Welt gibt es also bereits Lösungen, was uns fehlt, ist lediglich die Vision und die klar ausgesprochene Forderung einer überwältigenden Mehrheit der Menschen. Die „New York Times Special Edition“ bereitete eben diese Dinge in einer allgemein verständlichen Sprache auf, als ob sie bereits eingetreten wären: in Form eines Grundsatzpapiers, das, wie es Bill Moyers ausdrückte, „so dargeboten war, dass man es wirklich lesen wollte“.

Die Resonanz auf die Zeitung war überwiegend positiv und erstreckte sich auf Tageszeitungen, Magazine und TV-Sender in der ganzen Welt. Die LeserInnen schienen zu begreifen, dass es sich bei der neun Monate voraus datierten Zeitung um eine Vision, einen Plan für das Mögliche handelte. Einen Plan, der zur Rettung der Öffentlichkeit keiner mächtiger Politheroen bedarf, sondern detailliert zeigt, was BürgerInnen gewinnen können, wenn sie sich organisieren und auf eine gerechtere Welt drängen und hinarbeiten.

Supported by: Support from Eyebeam, Cultures of Resistance, The Electronic Frontier Foundation, CODEPINK, Wooster Collective, and others.


EarthStar

EarthStar

David Haines (UK), Joyce Hinterding (AU)
http://www.sunvalleyresearch.net

Award of Distinction Hybrid Art
Installation

„EarthStar“ ist eine mit streng naturwissenschaftlichen Methoden durchgeführte Untersuchung von Strahlungs- und Vibrationsenergie, wirkt aber insgesamt vor allem als eine poetische Erfahrung, in deren Zentrum die elementaren und mythischen Eigenschaften der Sonne stehen.

Die verborgenen Energien und Frequenzen nachspürende Installation besteht aus drei Elementen: Einmaligen und spektakulären Filmbildern von der Chromosphäre der Sonne, die mithilfe eines H-alpha-Teleskops aufgenommen wurden, stehen zwei leuchtende Kühlmodule gegenüber, die virtuelle Geruchskompositionen aus synthetisierten Molekülen enthalten, welche verschiedene Ozonzustände repräsentieren. Zwischen diesen beiden Elementen, die einen formalen dynamischen Raum markieren, befindet sich ein Empfangs- und Resonanzsystem, das die von der Sonne ausgestoßenen Radiowellen mit VLF(Very Low Frequency)-Antennen einfängt und über einen Verstärker als immersiven Echtzeit-Soundtrack wiedergibt.

Durch die kreative Darstellung von Sonne und Sonnenwinden (mit nach Ozon riechenden synthetischen Geruchsmolekülen) entsteht eine Superatmosphäre. Ozon riecht, es ist der Geruch, den wir vor einem Gewitter wahrnehmen: der auf heißen Ionen beruhende Geruch der Elektrizität. Das Übermaß an ionenhaltiger Luft entspricht auch dem Geruch einer frischen Meeresbrise. Das von den KünstlerInnen erzeugte Zusammenspiel synthetisierter Moleküle nutzt und verfeinert neueste Forschungsergebnisse, denen zufolge Riechen ebenso wie Hören und Sehen durch die Fähigkeit definiert ist, die Frequenz der Molekulardrehung wahrzunehmen.

Die maßgeschneiderten Antennenskulpturen funktionieren wie Antennen in der Radioastronomie. Die durch Audiofilter beschränkten handgewickelten Antennen reagieren auf das sogenannte VLF-Band des elektromagnetischen Spektrums (3 bis 30 KHz). Dieses niedrigfrequente VLF-Band wird dominiert von Sonnenlärm und den Auswirkungen der Sonnenwinde auf die Atmosphäre. Es lässt sich durch simple Audioinputs direkt in akustische Signale übersetzen, sodass man quasi unmittelbar hören kann, wie das Drahtobjekt mitschwingt.

Mit Unterstützung von Marco Macon, IASKA (International Art Space, Kellerberrin, WA) und C3 West Project in den frühen Entwicklungsphasen der Arbeit.


Reconstitution

Reconstitution

Eric Gunther, Justin Manor, John Rothenberg (US) / Sosolimited
http://sosolimited.com

Honorary Mention Hybrid Art
Dokumentation

„‘ReConstitution‘ war ein audiovisueller Live-Remix der Fernsehdebatten im Rahmen der US-Präsidentschaftswahlen 2008. Es gab drei Vorführungen in drei Städten, und zwar jeweils parallel zur Live-Übertragung der Debatte.

Wir entwickelten Software, mit deren Hilfe wir den Video-, Audio- und Untertitelkanal des Fernsehsignals sampeln und analysieren konnten. Dann setzten wir das Material einer Reihe visueller und akustischer Transformationen aus und stellten es neu zusammen: Dabei enthüllten wir sprachliche Muster, zeigten Inhalte und Strukturen auf und veränderten überhaupt die ganze Sichtweise der Debatte.

Die transformierten Debatten wurden vor sitzendem Publikum auf eine Kinoleinwand projiziert. Die drei Vorführungen in Boston, New York und Washington D.C. wurden von über 1.500 Menschen besucht.

Die Lesbarkeit der jeweils zugrunde liegenden Debatte wurde während der gesamten Vorführung beibehalten – das Publikum sollte kein Wort davon versäumen.“

Eric Gunther, Justin Manor, John Rothenberg


Silent Barrage

Silent Barrage

Philip Gamblen, Guy Ben-Ary, Peter Gee, Dr. Nathan Scott & Brett Murray in collaboration with Dr. Steve Potter Lab (Dr. Steve Potter, Douglas Swehla & Stephen Bobic) (AU/USA)
http://www.symbiotica.uwa.edu.au/silentbarrage

Honorary Mention Hybrid Art
Dokumentation

Sieben Jahre Forschungsarbeit stecken hinter „Silent Barrage“, das eine Brücke schlägt zwischen künstlerischer Rauminstallation und wissenschaftlicher Grundlagenforschung. Ihr Thema ist das Wesen des Denkens, des freien Willens und neuronaler Fehlfunktionen. BesucherInnen bewegen sich dabei im Gehirn eines biomechanischen Organismus, der auf ihre Anwesenheit reagiert.

Dieser Organismus besteht aus einem Mikronetzwerk zehntausender Neuronen und 60 Elektroden in einer Petrischale. Jeder Region der Petrischale ist ein Säulenroboter im Raum zugeordnet. Die Bewegungen des Publikums stimulieren über Kameras und Positionssensoren das Mikronetzwerk, dessen Reaktionen auf Makroebene von den Robotern umgesetzt werden. Es kommt so zu einer intensiven Abwechslung von Aktionen und Reaktionen zwischen Menschen und Neuronen. Die entstehenden Zeichnungen sind Abbild der neuronalen Aktivität des Organismus und lassen sich als „Gedächtnis“ lesen.

Bei den Reaktionen handelt es sich um unkontrollierte Ausbrüche von Nervengewebsaktivität, wie sie typisch für die Epilepsie und für Nervenzellkulturen sind. Die Nervenzellen sind aus ihrem Kontext gerissen – dem Gehirn, zu dem sie einmal gehörten – und werden in einer künstlichen Umgebung kultiviert,in der sie Verbindungen mit den sie umgebenden Zellen herzustellen versuchen. Das heftige Zellfeuer ist ein Symptom. Kann die Kopplung von Zellen und Publikum zur Herstellung „sinnvoller“ Verbindungen führen, die das Sperrfeuer zum Erliegen bringen? Die Wissenschaftler hoffen, durch die Installation besser verstehen zu lernen, wie sich die Aktivität in der Petrischale reduzieren lässt, was auch der Behandlung von Epilepsie zugute käme.


Corpora in Si(gh)te

Corpora in Si(gh)te

Sota Ichikawa(JP), Max Rheiner (CH ), Ákos Maróy (HU) ,Kaoru Kobata (JP), Satoru Higa (JP), Hajime  Narukawa  (JP), / doubleNegatives Architecture
http://doubleNegatives.jp / http://corpora.hu / http://corpora.ycam.jp/

Honorary Mention Hybrid Art
Installation

„Corpora in Si(gh)te“ ist eine Installation, die auf in Echtzeit verarbeiteten Umweltdaten beruht. Das Zielgebiet wird mit einem Netz von Sensoren versehen, die in Echtzeit Umweltinformationen wie Temperatur, Helligkeit, Lärmpegel, Luftfeuchtigkeit, Windrichtung und Windgeschwindigkeit sammeln bzw. verteilen.

Dieses Sensorennetzwerk stellt quasi das Nervensystem der virtuellen Struktur dar. Die von ihm zusammengetragenen Daten werden von einem Programm verarbeitet und in autonome Knoten übersetzt, die wir als „Super Eyes“ bezeichnen. Diese „Super Eyes“ sind die Keime für die virtuelle Architektur der „Corpora“, die ein zelluläres, verteiltes Netzwerk aus Knoten darstellen, welche in Echtzeit reagieren und wie ein Organismus wachsen und schrumpfen. Jedes „Super Eye“ sammelt Umweltdaten aus dem nächstgelegenen Sensor und fällt lokale Entscheidungen, unabhängig von einem zentralen Architekten.

Dabei lassen die „Super Eyes“ ein das Zielobjekt und seine Nachbarschaft übergreifendes architektonisches Gebilde entstehen. Diese „Informationsarchitektur“ verfügt über eine eigene Raumwahrnehmung und kann sich unter Rückgriff auf das räumliche Notationssystem der „Super Eyes“ in eine Vielfalt von Formen verwandeln: eine Architektur, die wegen ihres fließenden Charakters als lebendig erscheint. BetrachterInnen können diesen Prozess per Augmented-Reality-Technologie mit im Zielgebiet aufgestellten Kameras verfolgen.

Mit Unterstützung von: YCAM – Yamaguchi Center for Arts and Media; Műcsarnok/Kunsthalle Budapest; CHB – Collegium Hungaricum Berlin; Transmediale.09

„Corpora“ ist das Werk eines Künstlerkollektivs namens double Negatives Architecture (dNA), das 1998 von Sota Ichikawa gegründet wurde. Die Mitglieder des Kollektivs leben in Japan, der Schweiz und Ungarn, formieren sich aber für die Planung und Gestaltung jedes Projekts immer wieder zur Gruppe. Hauptbeteiligte an „Corpora“ waren Sota Ichikawa, Max Rheiner, Ákos Maróy und Kaoru Kobata.


bios (bible)

bios (bible)

robotlab (Matthias Gommel, Martina Haitz, Jan Zappe (DE))
www.robotlab.de

Honorary Mention Hybrid Art
Installation

Die Installation „bios [bible]“ besteht aus einem Industrieroboter, der die Bibel auf Papierrollen abschreibt.
Die Maschine kalligrafiert ihre Zeilen mit äußerster Sorgfalt. Wie ein Mönch in einem Skriptorium erarbeitet sie den Text Zeile um Zeile.
Angefangen beim Alten Testament und den Büchern Mose erstellt „bios [bible]“ im Lauf von sieben Monaten das gesamte Buch. Alle 66 Bücher der Bibel werden auf Rollen geschrieben und dann in der Bibliothek der Installation aufbewahrt und ausgestellt.

„bios [bible]“ beschäftigt sich mit Fragen von Glauben und technischem Fortschritt. Die Installation setzt zwei für heutige Gesellschaften fundamentale kulturelle Systeme in Bezug zueinander: Religion und wissenschaftliche Vernunft. Dabei kommt der Schrift zu allen Zeiten eine elementare Bedeutung zu: als Heilige Schrift und als formale Notation der Wissenschaft.

In der Computertechnologie bezeichnet der Begriff „bios“ („basic input output system“) das Modul, das den grundlegenden Austausch zwischen Hard- und Software koordiniert. Es enthält also den unabdingbaren Code, die fundamentale Programmschrift, auf die jedes weitere Programm aufbaut.


the idea of a tree

the idea of a tree

Thomas Traxler (AT)
www.mischertraxler.com

Honorary Mention Hybrid Art

Installation während des Festivals, anschließend erfolgt die Präesentation in Form einer Dokumentation.

„The idea of a tree“ setzt die verschiedenen Sonnenverhältnisse eines Tages in dreidimensionale Objekte um. Es ist – wie ein Baum – eine dreidimensionale Aufzeichnung seines Entstehungsvorgangs und seiner Entstehungszeit.

Die Maschine nimmt die Produktion bei Sonnenaufgang auf und beendet sie bei Sonnenuntergang. Danach kann das fertige Objekt „geerntet“ werden. Sie lässt das Objekt langsam anwachsen, indem sie einen Faden durch eine Färbevorrichtung und ein Becken mit Kleber zieht und danach um eine Form wickelt. Länge bzw. Höhe des entstehenden Objekts hängen von der Anzahl der Sonnenstunden, Dicke und Farbe des Materialauftrags von der Sonnenintensität des jeweiligen Tags ab (mehr Sonne = dickerer Materialauftrag und blassere Farbe; weniger Sonne = dünnerer Materialauftrag und dunklere Farbe).

Durch die Korrelation zwischen Input und Output werden alle Schwankungen optisch lesbar. Das Objekt wird zu einem dreidimensionalen „Foto“ der Zeit und des Raums seiner Entstehung, zeichnet aber auch gewisse lokale Eigenarten auf, da der Produktionsprozess nicht nur auf verschiedene Wetterverhältnisse reagiert, sondern etwa auch Schatten in unmittelbarer Nähe der Maschine registriert. Jedes Objekt repräsentiert demnach einen Tag an dem Ort, an dem es erzeugt wurde.


Common Flowers – Flower Commons

Common Flowers - Flower Commons

Georg Tremmel (AT), Shiho Fukuhara (JP) / BCL
www.common-flowers.org

Honorary Mention Hybrid Art
Installation

„Das Projekt ‚Common Flowers‘ basiert auf der ersten käuflich erwerbbaren genetisch veränderten Blume, nämlich der vom japanischen Bierbrauer Suntory entwickelten und vermarkteten blauen Gen-Nelke ‚Moondust‘. Obwohl Suntory die Genehmigung erhalten hat, die Gen-Pflanze in seinen Hauptabsatzmärkten anzupflanzen, macht die Firma keinen Gebrauch davon, sondern pflanzt die Nelke in Kolumbien an und versendet sie in Form von Schnittblumen in alle Welt.

Mit ‚Common Flowers‘ kehren wir diesen Vorgang um, indem wir mithilfe von Gewebekulturmethoden aus gekauften Schnittblumen neue Pflanzen ziehen, sie vervielfältigen und technisch ‚klonen‘. Die blauen Gen-Nelken werden im Do-it-yourself-Biotechverfahren mithilfe gängiger Küchenutensilien und leicht erhältlicher Materialien wieder zum Leben erweckt.

Da die Pflanze amtlich als ‚ungefährlich‘ eingestuft wurde und die Freilandpflanzung also legal ist, haben wir den nächsten logischen Schritt getan und die blaue Gen-Nelke ausgewildert. Die Aktion sollte Fragen über geistiges Eigentum, Besitz- und Urheberrechtsverhältnisse rund um das Bio-Hacking und Bio-Bending von Pflanzen aufwerfen. Unser Ziel ist es, diese Blumen als Gemeingut verfügbar zu machen und einen Freiraum – eine Art Blumenallmende – zu schaffen, in dem sie wachsen und gedeihen können.“

Georg Tremmel, Shiho Fukuhara


The Kinetic Sculpture

The Kinetic Sculpture

Mechatronische Installation (BMW Museum, München)
ART+COM
www.artcom.de/kinetik

Honorary Mention Hybrid Art
Dokumentation

Die „Kinetische Skulptur“ übersetzt den Prozess der Formfindung in Kunst und Design metaphorisch in den Raum. 714 Metallkugeln bewegen sich im Zusammenspiel aus Mechanik, Elektronik und Code durch eine siebenminütige Narration. Auf einer Fläche von sechs Quadratmetern an feinen Stahlseilen hängend, werden sie einzeln über computergesteuerte Schrittmotoren bewegt. Anfangs bildet die Installation einen chaotischen Zustand ab, dann miteinander im Wettstreit liegende Formen, bis diese schließlich zu einem finalen Objekt werden. Dieser Prozess wird in einer Reihe von Visualisierungs-Variationen dargestellt.


Tantalum Memorial

Tantalum Memorial

Harwood, Wright, Yokokoji (UK)
http://www.mediashed.org/TantalumMemorial

Honorary Mention Hybrid Art
Installation

“Tantalum Memorial”—Reconstruction May 10 – August 31, 2008 is a FUSE-commissioned residency for the 2nd Biennial 01SJ Global Festival of Art on the Edge , ZERO1, CADRE Laboratory and the Lucas Artists’ Program, Montalvo Arts Center.

“Tantalum Memorial—Residue” was commissioned for Manifesta7—the European Biennial of Contemporary Art, Bolzano, Italy, July 19 – November 2, 2008.
Additional funding from Arts Council England East

„Tantalum Memorial“ ist eine Serie von Telefonie-Mahnmalen für die über vier Millionen Opfer der verworrenen Kriege, die seit 1998 im Kongo stattfinden und die häufig auch als „Coltan-Kriege“ bezeichnet werden. Aus Coltan wird das Metall Tantal gewonnen, das ein wichtiger Bestandteil von Mobiltelefonen und heute wertvoller als Gold ist, was die Begehrlichkeiten Dutzender internationaler Bergbaufirmen und einander bekriegender Milizen geweckt hat.

Die BetrachterInnen sehen zunächst ein großes Gestell mit elektromagnetischen Strowger-Schaltern. Diese werden von einem Computer gesteuert, der über „Telephone Trottoire“, ein soziales Telefonnetzwerk für die internationale kongolesische Diaspora, geführte Anrufe registriert. Das Publikum kann den Fortschritt der Wählvorgänge auf einem Monitor mitverfolgen und die weitergegebenen (in Lingala gesprochenen) Nachrichten über Kopfhörer mithören. Das Klappern und Klicken der Schalter verleiht diesem ungreifbaren Konversationsnetzwerk, das die Ambiguitäten von Globalisierung, Migration und der Sucht nach ständiger Kommunikation miteinander verwebt, in Echtzeit konkrete Präsenz.

„Telephone Trottoire“ wurde von den KünstlerInnen in Zusammenarbeit mit dem Londoner Radioprogramm „Nostalgie Ya Mboka“ entwickelt. Das Projekt greift auf die traditionelle kongolesische Praxis des „radio trottoire“ zurück, der, die staatliche Zensur unterlaufenden, Mund-zu-Mund-Verbreitung von Neuigkeiten und Klatsch auf der Straße. 90 % der Kongolesen im Vereinigten Königreich sind Flüchtlinge und ihr Misstrauen gegenüber offiziellen Medien macht sie zu einer besonders schwer erreichbaren Community. „Trottoire“ aber hat sich als überaus populär erwiesen – die aktuelle Version ist bereits auf 1.800 Benutzer angewachsen und hat über 1.000 Aufnahmen archiviert.


Sonolevitation

Sonolevitation

Evelina Domnitch (BY), Dmitry Gelfand (RU)
http://portablepalace.com

Honorary Mention Hybrid Art
Dokumentation

„Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber welches Kind bleibt schon ewig in seiner Wiege.“

Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski

Die Verringerung der Schwerkraft mag etwas Befreiendes haben, doch in unserem Universum ist das der vorherrschende Zustand, und der kann die Durchführung mancher Prozeduren außerhalb der Erdatmosphäre oft ganz schön erschweren. Die einzige Möglichkeit, um Gase, Flüssigkeiten und Staubpartikel, die nicht anderweitig verpackt sind, in einem Raumschiff zu transportieren und zu positionieren, ist ein Phänomen, das als „akustische Levitation“ (akustisches Schweben) bezeichnet wird. Auf der Erde erzeugt dasselbe Phänomen den Eindruck einer lokalen Aufhebung der Gravitation und ermöglicht das Schweben von Flüssigkeiten und Festkörpern in der Luft.

Für die hier gezeigte „Sonolevitation“ werden Goldblättchen akustisch zum Schweben gebracht und mit wechselnder Geschwindigkeit in unterschiedliche Richtungen gedreht. Die Drehung zeigt das Rotationsverhalten akustischer Schwingungen, aber auch die Dynamik reibungsloser (d. h. Von der Gravitation unbeeinträchtigter) Bewegung.

Ein Nahfeldmikrofon zeichnet die Modulation der Stehwelle durch die Goldblättchen auf: Die geringste Turbulenz oder Veränderung der Drehung hat deutlich hörbare Konsequenzen. Ferner interagieren die Blättchen miteinander, beeinflussen ihr Bewegungsmuster also gegenseitig.

„Raum“-Forschung ist nicht nur aus Gründen der Wissenschaft und des Überlebens unabdingbar, sondern auch aus rein ästhetischen Gründen. „Sonolevitation“ ist das erste einer Reihe von Projekten zur Vorbereitung auf Mikrogravitationsumgebungen im Beinahe-Vakuum. Mit der Möglichkeit, Kunstwerke in großen Vakuen zu schaffen (viel größeren, als sie je auf der Erde erzeugt werden könnten), wird es auch möglich, gänzlich unvorhergesehene optische und akustische Prozesse hervorzubringen.


Cosmic Revelation

Cosmic Revelation

Tim Otto Roth & KASCADE Experiment (DE)
http://www.imachination.net/cosmicrevelation/

Honorary Mention Hybrid Art
Dokumentation

„Cosmic Revelation“ macht Wissenschaft hautnah erlebbar. Die Energien der kosmischen Strahlung, die aus den Tiefen des Universums beständig auf unseren Planeten einwirken, werden in einer vier Hektar großen Lichtinstallation sichtbar. Ein bis zwei Mal pro Sekunde entfesseln sich die kosmischen Kräfte in sechzehn eigens geschaffenen Blitzskulpturen, die mit dem KASCADE-Detektorfeld des Forschungszentrums Karlsruhe verbunden sind.

Als neue Form der Land Art verweist das blitzende Feld nicht nur auf die physikalischen Prozesse in der Materie, sondern auch auf die Schutz- und Dämmfunktionen der Atmosphäre, die die Grundvoraussetzung für die Entstehung irdischen Lebens bilden.


Speeds of Time versions 1 and 2

Speeds of Time

Bill Fontana (US)
http://resoundings.org/

Golden Nica Digital Musics
Dokumentation

Speeds of Time 1

Scott George, Sound Engineer from Autograph Sound Recording Limited

Speaker’s Advisory Committee on Works of Art, House of Commons, Palace of Westminster

Meyer Sound Labs

Charlie Richmond, Richmond Sound Design

Speeds of Time 2

Scott George, Sound Engineer from Autograph Sound Recording Limited

BBC Radio 4

The Arts Council of England

Meyer Sound Labs

Tate Britain

Chelsea College of Art

Haunch of Venison Gallery

„Speeds of Time“ ist eine musikalische Dekonstruktion des berühmtesten akustischen Wahrzeichens und Symbols für „Zeit“: des Big Ben. Live-Sensoren und Mikrofone werden auf den Uhrwerkmechanismus und nahe der Glocken von Big Ben montiert, um eine räumlich-akustische Komposition zu generieren, die dann in einer historischen Kolonnade des New Palace Yard, direkt unterhalb und in Hörweite der Glocken, platziert wird. Die Präsenz der Klangskulptur in dieser Umgebung interagiert mit dem natürlichen Klang der Glocken und erzeugt eine multidimensionale akustische Zone.

Während des Zeitraums, in dem dieses Werk in Westminster installiert war, wurde eine zwölfstündige Mehrspuraufnahme der Klangskulptur angefertigt, die es erlaubt, das Echtzeitgefühl dieses Kunstwerks nachzuempfinden und als Acht-Kanal-Klanginstallation realisiert werden kann. Diese Aufnahme ist völlig akkurat im Bezug zur Echtzeit und braucht nur um fünf Sekunden vor zehn Uhr gestartet werden, um ganggenau und pünktlich zu sein.